Politik

Bildungspolitik: Gegenwind aus Oldenburg

Ahlke Eiben vom Herbartgymnasium übergab im Namen von zehn Schulen die Protestresolution an Jürgen Krogmann und Susanne Menge.

Ahlke Eiben vom Herbartgymnasium übergab im Namen von zehn Schulen die Protestresolution an Jürgen Krogmann und Susanne Menge.
Foto: privat

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Oldenburg/am – Die bildungspolitischen Pläne der Landesregierung stoßen landesweit auf Gegenwind. Gestern haben auch Schulen in Oldenburg ihren Protest kundgetan und eine Resolution an den SPD-Landtagsabgeordneten Jürgen Krogmann und an die Grünen-Abgeordnete Susanne Menge überreicht.

In der Aula der Cäcilienschule in Oldenburg wurden eine Stunde lang deutliche Worte des Unmuts von den Lehrer_innen an die Politiker gerichtet. Es fielen Begriffe wie „Wortbruch“ und „großer Fehler“. „Sie steuern direkt auf die Opposition zu. Wir vergessen das nicht in vier Jahren“, sagte ein Oldenburger Lehrer in Richtung rot-grüner Landesregierung. 15 Schulen (Gymnasien, Gesamtschulen und Berufsbildende Schulen) hatte sich mit 1200 Unterschriften der Protestresolution angeschlossen, die sich gegen die zusätzliche Schulstunde und die Zurücknahme der zugesagten Altersermäßigung richtet. Die Landespolitiker halten an ihren Plänen für 2014 fest.

Am heutigen Donnerstag, 28. November, 19.30 Uhr findet in der Aula der Graf-Anton-Günther-Schule, Schleusenstraße 4, eine Podiumsdiskussion mit Politikern und Vertretern der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und des Philologenverbandes statt.

Die Resolution im Originalwortlaut

Die Kolleginnen und Kollegen
des Alten Gymnasiums Oldenburg
der Cäcilienschule Oldenburg
der Graf-Anton-Günther-Schule Oldenburg des Gymnasiums Eversten Oldenburg
des Herbartgymnasiums in Oldenburg
des Neuen Gymnasiums Oldenburg

Sehr geehrte Frau Ministerin, sehr geehrte Abgeordnete,

die Rot-Grüne Landesregierung in Niedersachsen plant für die nahe Zukunft Maßnahmen, die das Schulleben und die Qualität unserer Schulen gefährden.
Dagegen setzen wir uns gerade auch im Interesse unserer Schülerinnen und Schüler zur Wehr!

Dem im niedersächsischen Schulgesetz formulierten Bildungsauftrag liegt ein ganzheitliches Bildungsverständnis zu Grunde. Demnach ist Bildung mehr als nur die Anhäufung von Wissen; sie umfasst die Persönlichkeitsentwicklung hin zu einem Menschen, der zu kritischer Teilhabe und Mitgestaltung von Gesellschaft in sozialer Verantwortung fähig ist. Um diesem Auftrag umfassend nachzukommen, besteht Schule aus zwei Säulen: dem Unterricht sowie den außerunterrichtlichen Aktivitäten und Aufgaben.

Im Rahmen dieser unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Aufgaben mussten zahlreiche, vielfach überstürzt eingeführte, Reformen der Schulpolitik umgesetzt werden. Beispielhaft zu nennen sind hier die neuen Aufgaben der eigenverantwortlichen Schule, insbesondere die Ausgestaltung zur Ganztagsschule, die Umstellung auf G8 und die Neugestaltung der Oberstufe mit einem weiteren Prüfungsfach. Darüber hinaus wurde eine Vielzahl von Verwaltungsaufgaben, die früher der Bezirksregierung zugeordnet waren, in die Schulen verlagert. Daraus resultierte eine erhebliche Anforderung an die Ressourcen der Schulen. Mit der soeben angelaufenen Inklusion ist eine weitere Herausforderung entstanden, deren Dimension noch nicht zu überblicken ist.

Im Zusammenhang mit dieser Aufgabenvielfalt haben die niedersächsischen Landesregierungen der vergangenen Jahre den Schulen Entlastungszusagen gemacht, die in anderen Bundesländern schon lange umgesetzt werden. Hierzu gehört insbesondere eine angemessene Arbeitszeitermäßigung für ältere Kolleginnen und Kollegen. Die von der letzten Landesregierung bereits zugesagte Ermäßigung von einer Unterrichtsstunde ab 55 Jahren soll nun entfallen. Darüber hinaus soll die Arbeitszeit an den Gymnasien erhöht werden.

Die Landesregierung setzt damit eine Entwicklung fort, die die Situation in den niedersächsischen Schulen seit Jahren verschlechtert.
Besonders gravierend würden sich die geplanten Maßnahmen auf die Referendarinnen und Referendare auswirken. Mehr als 1000 Lehrerstellen würden wegfallen, das sind pro Gymnasium drei bis fünf junge Lehrkräfte, denen der Weg in die Schule damit versperrt bleibt.

Wir Lehrerinnen und Lehrer der genannten Schulen sind über die angekündigten Vorhaben der Rot-Grünen Landesregierung erschrocken und empört.
Wir befürchten erhebliche Konsequenzen für unser Schulleben und damit für die Bildungschancen der Schülerinnen und Schüler. Wir befürchten, dass die Kräfte der Lehrerinnen und Lehrer künftig nicht reichen werden, um die vielfältigen freiwilligen Leistungen weiterhin in vollem Umfang erbringen zu können. Wir haben Sorge, dass insbesondere die gemeinschaftsbildenden und persönlichkeitsprägenden Ereignisse wie z.B. Klassen- und Studienfahrten oder auch Schulfeste, Exkursionen und Wettbewerbe davon betroffen sind. Und gerade unsere älteren Kolleginnen und Kollegen, die aufgrund ihrer Erfahrungen so wichtig für die Gestaltung des Schullebens sind, geraten durch die doppelte Zumutung (Wegfall von Entlastung und Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung) in eine Situation, die trotz bester Absichten nicht zu bewältigen ist.

Die Lehrerinnen und Lehrer unserer Schule haben kein Interesse daran, die fest verankerten und das Schulleben bereichernden Aktivitäten an unserer Schule einzuschränken. Da aber auch keine Qualitätseinbußen im Kerngeschäft „Unterricht“ zur Kompensation denkbar sind, können nur diese außerunterrichtlichen Angebote auf den Prüfstand!

Aus diesem Dilemma sehen wir keinen Ausweg, sollte die Landesregierung die geplanten Änderungen im Dezember durch den Landtag bringen!

Wir fordern Sie als Kultusministerin und Abgeordnete der Regierungsfraktionen daher auf, Ihrer Verantwortung für die Qualität der Bildung an allen niedersächsischen Schulen gerecht zu werden!
Wir fordern:
Verzicht auf die Streichung der zugesagten Altersermäßigung für alle Lehrkräfte! Keine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung für die Lehrkräfte an den Gymnasien! Umfassende Verbesserungen der Bildungsmöglichkeiten an allen Schulen im Konsens mit allen Beteiligten!

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