Politik

Schattenbericht Rassismus in Oldenburg vorgestellt

Uwe Erbel von IBIS und  Dr. Andreas Hieronymus von iMiR stellten den ENAR-Schattenbericht gegen Rassismus an deutschen Arbeitsplätzen in Oldenburg vor.

Uwe Erbel von IBIS und Dr. Andreas Hieronymus von iMiR stellten den ENAR-Schattenbericht gegen Rassismus an deutschen Arbeitsplätzen in Oldenburg vor.
Foto: Beate Lama

Oldenburg (am) Seit 1967 findet am 21. März der „Internationale Tag für die Beseitigung der Rassendiskriminierung“ statt. An diesem Tag wird in Brüssel der „ENAR-Schattenbericht Rassismus“ vorgestellt, der seit zehn Jahren regelmäßig vorgelegt wird. 27 europäische Länder beteiligen sich an der Erstellung. 2013 ging es um das Thema Rassistische Diskriminierung und Ausgrenzung auf dem Arbeitsmarkt. Der Bericht aus Deutschland wurde gestern im Café IBIS präsentiert.

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Zur Vorabvorstellung war Dr. Andreas Hieronymus vom Institut für Migrations- und Rassismusforschung e.V. (iMiR) in Hamburg nach Oldenburg auf Einladung des Vereins IBIS-Interkulturelle Arbeitsstelle gekommen. Sein unabhängiges Institut erstellte den Schattenbericht, er dient als Ergänzung zum Regierungsbericht. Mit diesen Parallelberichten von Nichtregierungsorgansiationen sollen Umsetzungen von UN-Konventionen, hier das Menschenrechtsabkommen, kontrolliert werden. Die NGOs (Non-Governmental Organisation) sammeln Daten aus Studien, der Presse oder von anderen Institutionen, analysieren sie und beschreiben die Situation von ethnischen Minderheiten, Migrantinnen und Migranten. Fast 20 Prozent der deutschen Bevölkerung sind Menschen mit Migrationshintergrund.

In Deutschland findet man Rassismus auf dem Arbeitsmarkt eher in seiner strukturellen Form und nicht in direkter Diskriminierung wie Beleidigungen. Aus der Expertensicht wird die Diskriminierung in der deutschen Arbeitswelt als weit verbreitet angesehen. „Ausländische Studierende vermeiden es, in Deutschland zu studieren“, ist einer Zusammenfassung des Berichtes zu entnehmen.

Außerdem werden laut Studie Menschen mit Migrationshintergrund weniger häufig zu Bewerbungsgesprächen eingeladen. Als Handicaps benennt der Experte Kopftücher, ein „komischer“ Name oder ein Akzent. Der iMiR-Geschäftsführer erinnert sich an Stellenanzeigen, die ausdrücklich fehlerfreies Deutsch in Wort und Schrift fordern – für Reinigungskräfte oder Personal, das Geschenke einpacken soll. Eine Untersuchung der Agentur für Arbeit hat ergeben, dass gut ausgebildete Migrant_innen vergleichsweise seltener in bezahlten Arbeitsverhältnissen sind. Anonyme Berufsbewerbungen werden deshalb als eine wirksame Maßnahme gegen Diskriminierung gesehen.

„Migrantinnen und Migranten haben niedrigere Löhne, arbeiten in prekären Beschäftigungsverhältnissen und haben oft die gefährlicheren Arbeitsbedingungen“, sagt Hieronymus über seine und die Ergebnisse der europäischen Kollegen. Sie verdienen weniger als ihre gleichqualifizierten Kollegen, arbeiten eher in Teilzeit und in atypischen Berufen. Nur wenige Migrant_innen arbeiten im öffentlichen Dienst „Außerdem gibt es zu wenig Beratungsstellen.“ Die Leute würden sich zudem nicht trauen, ihre Fälle vor Gericht zu bringen. Sie misstrauen dem Justizsystem, und ihnen fehlen die Mittel für die Verfahren. Weil es so wenige Fälle gibt, hätten die Richter keine Übung darin, die Gesetze adäquat anzuwenden, so Hieronymus.

In den Empfehlungen wird für Deutschland gefordert, dass die Deutsche Antidiskriminierungsstelle (ADS) die notwendigen Befugnisse erhält, um Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt zu stoppen. Es soll ein einheitliches System für Meldung von Diskriminierungsfällen entwickelt werden. Notwendig sei auch, Löhne transparent zu machen. Bei Bewerbungsverfahren könnte der Anteil der Migrant_innen gemessen werden und dementsprechende Einladungen zu Bewerbungsgesprächen erfolgen. Qualifizierte Beratungsstellen müssen eingerichtet werden. Über die Kooperationen nationaler Strukturen soll ein europäisches System zur Arbeitsaufsicht etabliert werden.

Schattenbericht Rassismus 2012/2013 Deutschland

Erstmals wird der deutsche Schattenbericht im Print herausgebracht. Der Verein IBIS sorgt für die Übersetzung und den Druck. Die Interkulturelle Arbeitsstelle für Forschung, Dokumentation, Bildung und Beratung ist in der Kaiserstraße 29, Klävemannstraße 14 und 16 (Café IBIS) zu finden. Bestellungen können an bestellung@ibis-ev.de gesendet werden.

European Network Against Racism (ENAR)

Das ENAR ist ein Zusammenschluss von mehr als 700 NGOs (Non-Governmental Organisation), die daran arbeiten, Rassismus in allen EU-Mitgliedstaaten zu bekämpfen. In ihrem Schattenbericht tragen diese NGOs zusammen, ob und wie sich rassistische Tendenzen europaweit verringern oder verstärkt haben. Ihre Übersicht beschreibt diskriminierende Entwicklungen in mehreren Lebensbereichen.

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