Wirtschaft

wigy: Begegnungskulturen werden benötigt

Diskutierten bei der Jahresveranstaltung des wigy e.V. über Willkommenskultur und demografischen Wandel: Klaus Bade, Werner Brinker, Lutz Stratmann und Hilger Koenig.

Diskutierten über Willkommenskultur und demografischen Wandel (von links): Klaus Bade, Werner Brinker, Lutz Stratmann und Hilger Koenig.
Foto: Katrin Zempel-Bley

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Oldenburg (zb) – „BegegnungsKulturen: Unternehmen und Schulen als Teil der Einwanderungsgesellschaft begegnen dem demografischen Wandel“ lautete das Thema der Jahresveranstaltung des „wigy e.V.“. „wigy“ ist eine Oldenburger Initiative, die sich für den Ökonomieunterricht an allgemeinbildenden Schulen engagiert. Kernstück ist ein Onlinepool für Lehrkräfte mit rund 2000 unterstützenden praxisnahen Angeboten für den Wirtschaftsunterricht aller Schulformen und –stufen.

Eine Willkommenskultur für Zuwanderer hört sich einfach an, gestaltet sich in der Wirklichkeit jedoch komplizierter, wie Gastredner und Migrationsforscher Prof. Dr. Klaus Bade beobachtet. Angesichts des demografischen Wandels sei Deutschland zwar dringend auf Zuwanderer angewiesen, doch die Bevölkerung sei nicht darauf vorbereitet. Zuerst habe die Politik auf den demografischen Wandel verspätet reagiert, dann sei das offene Zuwanderungsrecht gekommen, was bis heute für Irritationen in der Bevölkerung sorge. „Denn sie ist auf diese Entwicklung nicht vorbereitet. Das betrifft auch Wirtschaft und Schulen.“

Laut Bade hat die Politik es versäumt, „die Bevölkerung auf diesem Weg mitzunehmen. Was gegenwärtig geschieht, versteht sie nicht, weshalb wir noch auf der Suche nach einer Willkommenskultur im Sinne chancengleicher Teilhabe an den zentralen Bereichen gesellschaftlichen Lebens, vor allem dem Arbeitsmarkt, seien“. Für den Wissenschaftler bedeutet Zuwanderung eine Chance und keine Bedrohung. Allerdings müsse sie so gestaltet sein, dass die Menschen in der Zuwanderung eine Win-Win-Situation erkennen. Deshalb sei die Politik am Zug. Bade betonte, dass Deutschland angesichts des Fachkräftemangels keineswegs nur studierte Zuwanderer benötige, sondern insbesondere Facharbeiter. Da sei lange am Markt vorbei agiert worden, so seine Kritik.

Doch wie können Schulen und Unternehmen den komplexen Herausforderungen, die mit diesen Themen verbunden sind, begegnen, fragte Vereinsvorsitzender Dr. Werner Brinker vor rund 120 Zuhörern. Für Prof. Dr. Hans Kaminski, Direktor des Instituts für Ökonomische Bildung (IÖB), lautet die Antwort: „Unser Wirtschaftssystem muss sich permanent den gesellschaftlichen Herausforderungen stellen. Die Frage, an welchen Stellschrauben wir drehen müssen, um die Folgen zum Beispiel des demografischen Wandels zu bewältigen, muss im Wirtschaftsunterricht immer wieder neu beantwortet werden. Der Ökonomieunterricht kann Jugendliche mit Migrationshintergrund durch Berufsorientierungsangebote und Praxiskontakte auch ganz konkret beim Übergang von der Schule in den Beruf unterstützen“, erklärte der Bildungsexperte.

„Genau an dieser Schnittstelle zwischen Schulen und Unternehmen leistet ‚wigy‘ mit Praxiskontakten und einem dauerhaft anhaltenden Know-How-Transfer einen überaus wichtigen Beitrag, von dem alle Beteiligten dauerhaft profitierten“, ergänzte Brinker. „Der demografische Wandel geht auch an keinem Unternehmen vorbei“, ergänzte Hilger Koenig, ebenfalls Vorstandsmitglied beim „wig“y. „‚wigy‘ ist ein wichtiger Schlüssel, alle Schüler auf ihrem Weg in die Arbeitswelt zu begleiten“, betonte er.

„Bis zu 800.000 Fachkräfte müssen laut Bundesagentur für Arbeit generiert werden“, erklärte Lutz Stratmann von der Demografieagentur der niedersächsischen Wirtschaft. „Davon sind wir weit entfernt“, sagte er weiter und forderte statt dauernder Appelle an die Gesellschaft insbesondere Lehrkräfte aktiv zu unterstützen. Ein Beispiel ist das Projekt BildungsPaten, das Yasemin Kocatas von der Stadt Oldenburg, Agentur :ehrensache, vorstellte.

Im BildungsPatenprojekt unterstützen ehrenamtlich tätige Personen Grundschulkinder individuell in ihrer persönlichen, vor allem schulischen Entwicklung. Ziel ist, dass die Kinder gleiche Bildungserfolge erzielen wie Kinder aus bildungsnahen und ökonomisch besser gestellten Familien. Eine Handreichung zum Bildungspatenprojekt wurde von Mitarbeitern des IÖB verfasst und von der Stadt Oldenburg herausgegeben. Sie gibt Paten, Eltern und Schulen Informationen darüber, wie die unterschiedlichen Personengruppen zusammen#arbeiten und so einen Bildungsbeitrag für die Kinder leisten können.

Weitere Informationen unter www.wigy.de.

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2 Kommentare

  1. Karl
    1. Dezember 2014 um 14.32 — Antworten

    >Laut Bade hat die Politik es versäumt, „die Bevölkerung auf diesem Weg mitzunehmen.
    …und hat ganz bestimmt nicht vor, solches in Zukunft zu tun. Die anderen Allgemeinplätze kann man getrost in die Tonne treten, offenbaren sie doch lediglich die Sicht der Referenten aus Elfenbeinturm und/oder Rotweingürtel heraus.

  2. Xeni
    2. Dezember 2014 um 20.36 — Antworten

    Die Deutsche Politik und Gesellschaft haben es tatsächlich 50 Jahre lang versäumt, die „Gastarbeiter und deren Nachkommen“ mitzunehmen und zu integrieren. Stattdessen, gab es reichlich Diskriminierung, Arroganz, Besserwisserei, bewusstes Abgrenzen von guter Schul- und Berufs-Bildung war an der Tagesordnung. Geschweige denn, Akzeptanz und Chancengleichheit. Die Lebensläufe Abertausender sind kaputt gegangen. Sowohl beruflich, als auch sozial. Wurst egal, die „Biodeutschen“ hatten und haben immer noch Vorrang. Viele fühlen sich immer noch dazu berufen, uns zu belehren, ohne Differenzierung. Mein Lebenstraum ist auch kaputt. Das werde ich diesem Land nie verzeihen!
    Zieht dich warm an Deutschland, denn viele meiner Generation – mittlerweile auch mit deutscher Staatsangehörigkeit – verachten deine Strukturen seit Jahre!

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