Oldenburg (zb) – Ajaj Hasan steht 18 Monate nach seiner Flucht aus Syrien an der Werkbank im Berufsbildungszentrum (BBZ) der Handwerkskammer (HWK) Oldenburg. Der 26-Jährige ist einer von zehn Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, Eritrea und Sudan, der an dem landesweiten Integrationsprojekt „Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber“ teilnimmt, das von den Handwerkskammern im Land organisiert, vom Land Niedersachsen gefördert und von der Arbeitsagentur unterstützt wird. Ziel der Flüchtlinge ist es, eine Lehre beginnen zu können.
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Die beiden HWK-Integrationsberater Peter Gwildies und Hussein Kerri haben zahlreiche Flüchtlingsunterkünfte und diverse Sprachkurse aufgesucht, um Flüchtlinge über das Projekt zu informieren. Voraussetzung für die Teilnahme sind gute Sprachkenntnisse und eine hohe Motivation. Diese zehn Männer im Alter zwischen 18 und 40 sind heilfroh über die berufliche Perspektive und befinden sich auf dem Weg „vom Flüchtling zum Lehrling“, wie es HWK-Präsident Manfred Kurmann ausdrückt, der sich bereits frühzeitig für eine nachhaltige Integration der Flüchtlinge ausgesprochen hat.
Drei Wochen dauert die Einstiegsphase, wo sie verschiedene Handwerke und vor allem die Berufswelt kennenlernen. Denn die unterscheidet sich erheblich von der in ihrer Heimat. Weitere fünf Wochen gehen sie in einen Betrieb, um praktische Erfahrungen zu sammeln, ihre Kompetenzen einzubringen und berufsbezogenen Sprachunterricht zu bekommen. Danach, so hoffen sie, einen geeigneten Ausbildungsbetrieb zu finden, um ihre Ausbildung zu beginnen.
Ajaj Hasan geht diesen Weg, weil er unbedingt Elektroingenieur werden will. Er weiß, dass er nach der Lehre seinen Meisterbrief machen kann und damit studienberechtigt ist. „In meiner Heimatstadt Aleppo ging nichts mehr“, erzählt er. „Die Stadt ist total zerstört, da kann niemand mehr studieren.“ Das Leben sei unerträglich gewesen. Deshalb hat sich seine Familie in die Türkei aufgemacht. Als er erfuhr, dass er dort nicht studieren kann, führte ihn sein Weg nach Deutschland. Hier lernte er schnell Deutsch, hat seinen Sprachkurs gerade bestanden und kann sich sehr gut unterhalten. Er will sich so schnell wie möglich eine berufliche Zukunft aufbauen und sieht in dem Projekt seine große Chance.
„Unser Ziel ist es, dass landesweit zum 1. August 500 Flüchtlinge in eine Ausbildung kommen“, sagt Michael Koch, Hauptgeschäftsführer der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen. In Oldenburg könnten es 45 sein, wenn alles optimal läuft. Immerhin 250 Handwerksbetriebe sind bereit, den Flüchtlingen ein Praktikum zu ermöglichen und sie bei Eignung als Azubi zu übernehmen.
„Selbst wenn sie eines Tages in ihre Heimat zurückkehren, ist eine qualifizierte Ausbildung genau richtig für sie“, findet Kurmann. „Denn damit können sie maßgeblich zum Wiederaufbau ihres Landes beitragen.“ Allerdings ist es gegenwärtig noch schwer, die geeigneten Kandidaten zu finden, räumt Dr. Thorsten Müller, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Oldenburg-Wilhelmshaven, ein, der die Maßnahme begrüßt. Sie sei ein wichtiges Signal in Richtung der 1200 arbeitslos gemeldeten Flüchtlinge im Bezirk. Noch scheiterten viele an den verlangten Sprachkenntnissen, aber das würde sich bald ändern, ist er überzeugt.
Immerhin hat eine Umfrage unter Flüchtlingen ergeben, dass 80 Prozent eine Ausbildung wollen. Und angesichts der Tatsache, dass 50 Prozent der Flüchtlinge jünger als 25 Jahre sind, ist das eine gute Voraussetzung, möglichst viele von ihnen ins Berufsleben zu integrieren. Ajaj Hasan hofft, dass er einen Handwerksbetrieb findet, in dem er eine Ausbildung als Elektriker oder Mechatroniker machen kann. Dann wäre er einen großen Schritt weiter auf dem Weg in seine berufliche Zukunft.