Bonanzafahrrad, 1970er.
Foto: Sven Adelaide
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Oldenburg (zb) – „Demo, Derrick, Discofieber“ – hinter diesem Ausstellungstitel verbirgt sich ein spannender und interessanter Streifzug durch die 1970er Jahre der Bundesrepublik. Nachdem das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg vor zwei Jahren mit sehr großem Erfolg durch die 1960er Jahre geführt hatte, dreht sich ab dem 8. November alles um Flokati-Teppiche, Ilja Richter, Bobbycars, Willy Brandts Kniefall, die RAF, Hotpants, Roy Black, Hippie-Kultur, Anti-Atomkraftbewegung und die Emanzipation der Frau.
„Die Ausstellung ist ein Setzkasten der Erinnerung“, fasst Dr. Siegfried Müller, Leiter der Abteilung Kulturgeschichte und Kurator der Ausstellung, zusammen. Mehrere hundert Leihgaben aus ganz Deutschland, darunter die erste „Emma“-Ausgabe, James Bonds Raumanzug aus Moonraker, ein Fußball-WM-Trikot oder Designerstücke des Enfant terrible Luigi Colani, zeichnen ein umfassendes Bild dieses Jahrzehnts, das einerseits sehr bunt und andererseits von politischen Umbrüchen, die bis heute wirken, gekennzeichnet war.
In den 70er Jahren schlug die große Stunde des Flohmarkt-Kitsches, erste Fast-Food-Ketten entstanden, bei der Bundeswehr galt für kurze Zeit der Haarerlass und Deutschland wurde Fußball-Weltmeister. Politisch erlebte die Republik in Folge der Ölkrise autofreie Sonntage, die Anti-Atombewegung entstand, die Oder-Neiße-Linie wurde anerkannt, die RAF agierte und die Olympischen Spiele in München 1972 erlebten ein Drama. Die Frauenbewegung erstarkte, gleichzeitig wurde die Frau zum Lustobjekt und die Sexualisierung nahm ihren Anfang.
Die Ausstellung, die bis zum 20. März 2016 zu sehen ist, erinnert mit einem Jugendzimmer an die damalige Wohnkultur mit Billy-Regal, hält eine Fernsehecke vor mit einem Ausschnitt einer Derrick-Folge und Dalli Dalli mit Hans Rosenthal. Literarisch waren Biografien angesagt. Ob Hildegard Knef, Curd Jürgens oder Peter Handtke – sie alle schrieben ihren Leidensdruck nieder.
„Demo, Derrick, Discofieber“.
Foto: Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte
Die generationsübergreifende Ausstellung ist informativ, macht Spaß und regt zum Nachdenken an. Denn die 1970er Jahre haben viel bewegt. „Die damals provokanten Bewertungen zur deutschen Vergangenheit, zur Ökologie, Kernkraft oder Homosexualität sind längst massenkompatibel“, fasst Müller zusammen. „Nicht einmal unser Pochen auf Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Umwelt ist eine Erfindung des 21. Jahrhunderts.“