Vom Fliegenwedel über Kopfschmuck bis hin zu Dolchen und Speeren – so waren die Ausstellungsvitrinen um 1900 bestückt und vermittelten einen Furcht erregenden Eindruck.
Foto: Katrin Zempel-Bley
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Oldenburg / zb – Das Oldenburger Landesmuseum für Natur und Mensch am Damm 38 verfügt über außergewöhnliche Ethnologische Sammlungen, die etwa 7000 Objekte aus aller Welt umfassen, darunter zahlreiche Kostbarkeiten, die bislang ein eher stiefmütterliches Dasein geführt haben und aus Platzgründen in keiner Dauerausstellung zu sehen sind. Das ändert sich mit der Sonderausstellung „Böser Wilder, friedlicher Wilder“, die bis zum 13. September zu sehen sein wird.
Glenn Ricci aus Chicago, Research Fellow am Landesmuseum, hat die Schau konzipiert und kuratiert. Der Archäologe präsentiert rund 700 Exponate aus den ethnologischen Beständen und blickt dabei zugleich in die Vergangenheit und die Gegenwart von Museen und deren Präsentationsstilen. Es geht um die Frage, wie ethnologische Objekte und Waffen in namhaften deutschen Völkerkundemuseen des 19. Jahrhunderts dargestellt wurden.
Der Forschungsgast aus den USA hat Fotografien, Zeitungsartikel und Skizzen ausgewertet und eine regelrechte Kluft zwischen damals und heute entdeckt. „Kuriositäten aus den deutschen Kolonien drängten sich einst in überfüllten Vitrinen“, berichtet Museumsdirektor Peter-René Becker. „Sie dienten dazu, ein möglichst gesamtheitliches Bild der sogenannten Naturvölker zu vermitteln. Heute werden die Objekte hingegen wie Kunst inszeniert und nicht in Beziehung zu den Menschen gesetzt. Es wird also ein Tabu durch das andere ersetzt.“
Vollgestopft mit Jagdtrophäen, präparierten Löwenköpfen, Federn von exotischen Vögeln, Stoßzähnen von Elefanten und Antilopenfelle, Fliegenwedel, zahlreiche Waffen wie Lanzen und Speeren – so sahen die Vitrinen in unseren Museen um 1900 aus und sie vermittelten einen furchterregenden Eindruck von bis an die Zähne bewaffneten Wilden. Ganz anders verhielt es sich bei den indigenen Einwohnern Nordamerikas und Asiens, die gemeinhin als die friedlichen Wilden galten. Dazu gehörten die nordamerikanischen Indianer. Sie führten einen gerechten Kampf als edle Wilde gegen ihre Angreifer.
Die Ausstellung spannt einen Bogen von 1884 bis 1919, eben der deutschen Kolonialzeit, und macht deutlich, wie die damalige Wissenschaft die Präsentationsweise beeinflusste und zum Image eines „bösen Wilden“ beitrug. Inwiefern solche Einflüsse noch heute in den Sammlungen und Ausstellungen moderner Völkerkundemuseen offenkundig sind, ist im zweiten Ausstellungsteil zu entdecken, wo der „friedliche Wilde“ inszeniert wird. Welches Bild stimmt beziehungsweise stimmt überhaupt ein Bild und lässt sich Realität tatsächlich darstellen?
Glenn Ricci wirft die Fragen auf, sind der „böse Wilde“ und der „friedliche Wilde“ nur Spiegelbilder unserer eigenen Kultur im Wandel der Zeit? Und unterliegen Ausstellungsmacher der Manipulation oder manipulieren sie bewusst? Der Museumsbesucher muss das am Ende der Ausstellung selbst entscheiden.
Die Ausstellung ist dienstags bis freitags von 9 bis 17 Uhr, sonnabends und sonntags von 10 bis 18 Uhr zu sehen.