Oldenburg (vs) Das Warten auf die Premiere von „Alice im Wunderland“ der BallettCompagnie Oldenburg hat sich gelohnt. Eine gefühlte Ewigkeit haben das Ensemble und Ballettdirektor Antoine Jully auf diesen Tanzabend gewartet. Ohne Publikum haben sich die Tänzerinnen und Tänzer seit Monaten zuhause alleine oder im Tanzsaal des Oldenburgischen Staatstheaters fit gehalten, um sich jetzt mit einer Augenweide an Farben, Kostümen, Effekten und Überraschungen zurückzumelden. Das Premierenpublikum dankt der BallettCompagnie für die Rückkehr auf die Bühne am Ende mit stürmischem und nicht enden wollendem Applaus
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Antoine Jully und die technischen Abteilungen des Staatstheaters wollten mit dieser choreografischen Uraufführung zeigen, was sie zu bieten haben und leisten können und das ist ihnen aufs Beste gelungen. In 75 Minuten präsentiert die BallettCompagnie eine Flut voller farbenfroher, comicartiger und temporeicher Ideen. Vor dem fantasievollen, ideenreichen und wandlungsfähigen Bühnenbild mit seinen überdimensionalen Bäumen und Pflanzen sind die Tänzerinnen und Tänzer in ihren aufwendigen Kostümen (Bühne und Kostüm: Karine Van Hercke) nicht nur auf sondern auch hoch über der Bühne im Einsatz. Im Fluggeschirr schweben sie meterhoch und verschwinden zugleich wie von Zauberhand auch an zahlreichen Stellen in der Versenkung im Bühnenboden.
Es passiert ständig etwas bei dem 14-köpfigen Ensemble und dem pausenlosen Einsatz der Bühnen-, Licht- und Tontechnik, dass das Auge fast Mühe hat dem temporeichen Spiel zu folgen. Da gerät das Tanzensemble zeitweise leider fast in den Hintergrund und muss sich gegen die immense Bühnenshow behaupten. Die von Antoine Jully entworfenen wunderbaren Videoinstallationen und die hörenswerte Musik von Alfred Schnittke und Philip Glass umrahmen eindrucksvoll das quirlige Treiben auf der Bühne.
Ballettdirektor Antoine Jully bietet klassische Choreografie
Teele Ude tanzt in der Premiere ausdrucksstark und zugleich gefühlvoll die Figur der Alice, die sich im Wunderland gegen eine Vielzahl schräger Figuren auch in bedrohlichen und düsteren Szenen behaupten muss. Das quirlige und überaus witzige Kaninchen, das immer der Zeit hinterherrennt, wird aufgedreht und frech von Sei Kuim verkörpert. Die Tanzszenen wechseln vom gesamten Ensemble bis zum Duett oder Solo. Weniger fantasievoll und überraschend, dafür eher klassisch und mit seinen bekannten Bewegungsmustern legt Antoine Jully die Choreografie der unzähligen Figuren und Szenen an. Immer wieder wird Ballett auch zum Tanztheater und zur Pantomime. Das Ensemble zeigt seine gefühlvolle Beweglichkeit besonders auch in amüsanten Szenen mit Schwarzlicht, wenn nur die Figuren wie zum Beispiel Raupe, Grinsekatze oder Flamingos in grellen Neonfarben zu sehen sind.
Poesie der Geschichte verliert sich am Ende
Wenn die Herzkönigin (Oliver Jones) die Bühne betritt und im Laufe des Märchens Alice zum Tode verurteilt, verliert die Geschichte an Poesie, es wird laut und die Choreografie zeigt in düsteren und bedrohlichen Bildern ihren Fortgang. Wenn Alice schließlich im Schoß ihrer Schwester (Keiko Oishi) erwacht und von ihrem Traum erzählt und die Raupe als Schmetterling über der Bühne schwebt, scheinen Antoine Jully die Ideen nach der Flut an Farben und Technik für ein phantasievolles Ende ausgegangen zu sein und das ausgiebig dargestellte Wunderland gerät zu schnell an sein Ende. Vorher wäre etwas weniger vielleicht mehr gewesen, um der poetischen Idee des Stückes auch zum Schluss noch genügend Raum zu geben.
Informationen, Vorstellungstermine und Karten gibt es an der Theaterkasse, unter Telefon 0441 2225-111 und im Internet unter www.staatstheater.de.