Oldenburg (vs) Das Publikum bekommt beim Ballettabend „1,5m“, der im Großen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters seine verdient gefeierte Premiere hatte, keine Gelegenheit zum Durchschnaufen. In (fast zu) schneller Abfolge zeigen die Tänzerinnen und Tänzer der BallettCompagnie Oldenburg mit Anmut, Poesie, Kraft und Perfektion worauf sie in den vergangenen Monaten gewartet und hingearbeitet haben: Tanz gehört auf die Bühne und vor Publikum.
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Die verordnete Zwangspause und ihre Einsamkeit wollen sie sich förmlich von der Seele tanzen und strotzen vor Freude und Energie. Weite, hohe Sprünge wechseln mit schnellen Pirouetten und exzessiven Körperbewegungen. Großer Ensembletanz ist nicht angesagt, den Abstandsregelungen folgend, zeigen sie in insgesamt 19 Choreographien ausschließlich Soli und Duette.
Ballettdirektor Antoine Jully hat für den ersten Ballettabend der Spielzeit eine Zeitreise von den Anfängen des klassischen Balletts wie „Coppélia“ über eigene zeitgenössische Arbeiten bis zu vier sehr persönlichen Choreographien des Ensembles zusammengestellt. Klassische Stücke auf Spitze und mit Tutu wie auch neue Arrangements von Antoine Jully als Uraufführungen von bekannten Ballettstücken sind zu sehen. Dazu gibt eine Auswahl bisheriger Arbeiten der vergangenen sechs Spielzeiten mit dem Ballettensemble des Franzosen.
Die zum Teil äußerst kurzen Tänze lassen kaum Zeit zum Genießen und fordern in den 75 sprichwörtlich pausenlosen Minuten Augen und Kopf zum schnellen Umschalten. Ein paar weniger und dafür längere Arrangements wären in diesem Fall mehr gewesen. So bekommen aber alle Ensemblemitglieder die Gelegenheit ihr Können zu präsentieren.
Einfühlsame und kraftvolle Choreographien
Einen besonderen tänzerischen und optischen Akzent setzt Teele Ude in einer modernen und zugleich eleganten Interpretation von „Der Schwan“ aus „Karneval der Tiere“. In der neuen Choreographie von Antoine Jully spielt sie anmutig und virtuos mit ihrem Kostüm, das aus einem weit vom Körper abstehenden Rock aus durchsichtigem weißen Tüll besteht. Am Ende bleibt nur eine weiße Feder auf dem Bühnenboden zurück.
Die Zwangspause nutzten die Tänzerinnen und Tänzer auf ihre eigene Weise, um ihre Körper fit zu halten. Alle hatten die Aufgabe, zuhause eigene Arbeiten zum Thema Corona und dem damit verbundenen Stillstand zu entwickeln. Gezeigt werden davon in „1,5m“ die einfühlsamen und zugleich ausdrucksstarken Choreographien von Nicol Omezzolli, Laura Cristea, Seu Kim sowie sehr unterhaltsam von Francesco Fasano gemeinsam mit Teele Ude. Unterlegt werden diese mit passender Musik und selbst gesprochenen Texten über ihre Gedanken und Gefühle in der Einsamkeit. Diese Arbeiten gehören ohne Ausnahme zu den Höhepunkten des Abends. Zeigen sie doch auf anmutende Weise die Kreativität und Körperbeherrschung der Tänzerinnen und Tänzer. Langer Applaus nach diesen Choreographien.
Zum Abschluss nicht enden wollender Applaus und Bravo-Rufe für die BallettCompagnie sowie Ballettdirektor Antoine Jully und Ballettmeisterin Carolina Francisco Sorg.
Mehr Informationen, Vorstellungstermine und Karten unter www.staatstheater.de, Telefon 0441 / 22 25-111 und an der Theaterkasse.