TATORT Bundespolizei: „Tyrannenmord“
Achim Neubauer Ein halbes Jahr nach seiner Premierenaufführung beim Oldenburger Filmfest erfährt der neue Fall von Thorsten Falke und Julia Grosz seine Erstausstrahlung in „Das Erste“. Am 20. März 2022 ermitteln Wotan Wilke Möhring und Franziska Weisz in einem Nobelinternat im Weserbergland.
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In Hannover finden sich die Bundespolizisten Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und seine Kollegin Julia Grosz (Franziska Weisz) in einer für sie ungewohnten Aufgabenstellung wieder: Sie sollen den Personenschutz für den Regenten eines autoritär regierten südamerikanischen Staates organisieren. Als der Sohn des Machthabers verschwindet, wird Falke zur Unterstützung des jungen Dorfpolizisten Felix Wacker (Arash Marandi) in das Weserbergland geschickt. Im dortigen Eliteinternat „Rosenhag“ war der 17jährige Juan Mendez (Riccardo Campione) mitsamt Bodyguard Carlos (José Barros) untergebracht gewesen. Ermittlungen in der abgeschlossenen Welt eines Internats sind Thorsten Falkes Sache nicht. Dass Eltern tausende Euro im Monat für die Ausbildung ihrer Kinder zahlen (können) … der Kommissar, aufgewachsen als Sohn eines Arbeiters in Hamburg-Billstedt, begegnet der ihm völlig fremden Welt recht einsilbig.
Grimmepreisträger Jochen Bitzer verfällt in seinem fein ausgearbeiteten Drehbuch nicht schlichter „schwarz-weiß-Malerei“. Den clash der Kulturen beschreibt er sehr feinfühlig. So entstehen Einblicke in differenziert ausgeleuchtete Biographien. Schüler, Eltern, Lehrer, Bodyguard – und auch Falke – sie tragen alle ihre normale Sorgen mit sich herum. Juan, seine Mitschüler – allen voran Hanna (Valerie Stoll) und August (Anselm Ferdinand Bresgott) – allen werden von ihren Eltern Erwartungen aufgebürdet, die einfach nicht zu erfüllen sind. Das Scheitern an den gestellten Ansprüchen wird am deutlichsten an Carlos, Juans Bodyguard illustriert. José Barros vermag es, dem brutalen Schläger eine stille Würde zu verleihen.
In starkem Kontrast dazu stehen die Darstellung der südamerikanischen Sicherheitschefin (Lo Rivera), der Innenministerin, des Staatssekretärs. Sehr grob wird das Bild eines Polizisten gezeichnet, der gegen „die da oben“ im Machtapparat sowieso keine Chance hat. Zu dieser „allein-gegen-alle“ Konstellation gehört dann auch noch die Entscheidung, Julia Grosz, Falkes Kollegin, auf die Rolle einer fernen Unterstützerin zu reduzieren und stattdessen einen engagierten, absolut rangniederen, Klappfahrrad fahrenden Ortspolizisten einzuführen. Wieder einmal trauen Dramaturgie und Regisseur ihrem Hauptkommissar Thorsten Falke zu wenig zu. Die gesunde Skepsis, mit der der Ermittler in ihm fremde Welten eintaucht, wird erneut überaus plakativ inszeniert. Dabei hat Wotan Wilke Möhrig gerade dann seine schauspielerisch stärksten Momente, wenn er still, schweigend und ganz zurückgenommen agieren kann.
Zu diesem zwiespältigen Eindruck trägt dann auch das Schlusswort des Hamburger Hauptkommissars bei, das von der Redaktion dem bis dahin stimmigen Drehbuch zugefügt wurde. Sein Plädoyer für Chancengleichheit und Gerechtigkeit, dass in seiner Wortwahl überhaupt nicht zur Rollencharakteristik von Thorsten Falke passt, ist so plump formuliert und inszeniert, dass es beim Hören weh tun kann.
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