Oldenburg-Tatort: „Die Feigheit des Löwen“
Bei wechselhaften Aprilwetter wurde in Oldenburg gedreht.
Foto: Anja Michaeli
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Im April wurde unter anderem in Oldenburg der Tatort „Die Feigheit des Löwen“ mit Kommissar Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) gedreht (die OOZ berichtete). Am Donnerstagabend fand die Vorpremiere im Casablanca Kino statt. Die ARD zeigt den Krimi am kommenden Sonntag, 30. November, um 20.15 Uhr.
„Willkommen zurück im schönen Oldenburg“ so begrüßt Kommissar Thorsten Falke seine Kollegin Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) in seiner ersten Szene in „Die Feigheit des Löwen“, der vom NDR als „Oldenburg-Tatort“ angekündigt wurde.
Prompt geht bei der örtlichen Kinovorpremiere ein Raunen durch den Saal des „Casablanca“, ist doch ziemlich klar zu erkennen, dass gerade diese Begegnung eben nicht in der Huntestadt sondern in Hamburg (genauer in Hammerbrook) gedreht wurde. Es ist das gleiche Problem, dass sich bei jedem Film stellt, der aus Kostengründen nicht nur vor Ort gedreht wird, sondern auch in den großen TV-Produktionsstädten entsteht: Wie viel Münster ist im Münster-Tatort zu sehen, wie viel Dortmund in den Fällen von Kommissar Faber und seinem Team, und nun eben: Wie präsent ist die norddeutsche Residenzstadt im Oldenburg-Tatort?
Ganze vier Drehtage hatte die Produktion dem Team im Frühjahr für Oldenburg zugestanden und zu allem Überfluss musste Regisseur Marvin Kren auch noch auf einen Szenenblock verzichten, der in der St. Peter-Kirche entstanden war: „Schweren Herzens“, wie er am Donnerstagabend meinte. „Eine wunderschöne Stadt“, nur vielleicht ein wenig zu beschaulich für den Blick des Filmschaffenden, der einen Kriminalfilm zu inszenieren hat. Der Wallring ist ihm nachhaltig in Erinnerung geblieben und der morbide Charme des Fliegerhorstgeländes fasziniert ihn, überhaupt denkt er gerne an die wenigen (arbeitsreichen) Tage an der Hunte zurück.
Der Film beginnt damit, dass in der Nähe von Oldenburg auf einem Rastplatz bei einer zufälligen Polizeikontrolle ein Mann erschossen wird. Schnell ist Jan Katz (Sebastian Schipper), der in Oldenburg arbeitende Kumpel von Kommissar Thorsten Falke, am Tatort. Bald wird deutlich, dass dieser Todesfall mit Ermittlungen in Verbindung steht, die die Bundespolizei in Person von Falke und seiner Kollegin Lorenz gerade in der Stadt an der Hunte durchführt. Beide befragen nun in der Gemeinschaft der Syrer, die vor dem Bürgerkrieg in ihrem Heimatland nach Oldenburg geflohen waren.
Das vom Grimme-Preisträger Friedrich Ani geschriebene, atmosphärisch dichte Verwirrspiel um Passfälscher und Schleuserbande, Familiendrama und Bürgerkrieg wird – je länger der Film läuft – ein wenig unübersichtlich, um dann in einer Großszene seine Aufklärung zu finden, dass Falke resümieren kann: „Supergut!“
Wunderbare Bilder finden Marvin Kren und sein Kameramann Armin Franzen, um Oldenburg im Panorama in Szene zu setzen. Der Blick über die Silhouette der Stadt in deren Hintergrund sich im nebligen Morgenrot die Flügel der Bornhorster Windräder drehen; wunderbare Einstellungen vom Agravis-Silo am Oldenburger Hafen in Richtung der Innenstadt und die Sicht auf den nächtlichen Bahnhof, das ist schon ganz großes Kino und wirkt sicher auch auf den Bildschirmen der heimischen Wohnungen. Anderes ist ein wenig übertrieben, wie etwa der Arbeitsplatz der Bundespolizei: Die Ermittler kommen in einer völlig herunter gekommenen Bruchbude unter. Dort fällt dann auch noch der Strom aus und flackernde Neonröhren tun ein Übriges, um künstlich „Stimmung“ zu erzeugen. Oder die Pension, in der Falke und Lorenz nächtigen. Sie ist so vermufft, dass von den beiden schwarz-weiß Fotos (Cäcilienbrücke und Eisenbahnklappbrücke) logischerweise eines halb herunter hängend dekoriert sein muss. Schließlich sind die Nah- und Detailaufnahmen der Stadt Oldenburg im besten Sinn beliebig; Lokalkolorit ist nicht wirklich zu finden: Kommissar Falke fährt telefonierender Weise über Am Stadtmuseum, Huntestraße, Staulinie und Güterstraße; eine weitere Szene zeigt sein Auto auf der Poststraße vor den Schlosshöfen. Die Szenen an der Rüthningstraße (das ist das Haus des Mordopfers) sind wohl nur für diejenigen zu erkennen, die dort in der Nachbarschaft wohnen und die Fassade der LzO-Zentrale sieht halt aus, wie eine Fassade eben so aussieht. Auf dem Oldenburger Fliegerhorst bewegt sich Wotan Wilke Möhring in seinem Peugeot XM an einem Flugzeug-Shelter vorbei und bespricht sich dann dort mit Petra Schmidt-Schaller im – inzwischen abgerissenen – Barackenlager. Schließlich findet das Finale des Oldenburg- Tatort auf dem Theodor-Tanzen-Platz vor dem ehemaligen Staatsministerium statt und dann gibt es noch eine Schlussszene auf der Brachfläche hinter dem Hauptbahnhof. Das alles wirkte auf viele Besucher der Preview in Oldenburg wie das Betrachten eines Wimmelbildes und mancher Teilnehmer machte dem Empfinden Luft, dass man sich doch „etwas mehr Oldenburg“ gewünscht habe. „Kein Vergleich mit der Präsenz von Wilhelmshaven“, dem Ort, an dem Regisseur Marvin Kren vor einem Jahr den Tatort „Kaltstart“ inszeniert hatte, formulierte es ein Tatort-Fan. Aber da hatte das Filmteam eben auch ganze vier Wochen vor Ort zur Verfügung. Für die „Feigheit des Löwen“ wurden die meisten Szenen in Hamburg und Umgebung abgedreht; im „Kaisergarten“ etwa bei Henstedt-Ulzburg. Gleichwohl war das Oldenburger Publikum sehr angetan von dem Film, der auch in der eigenen Heimatstadt entstanden war.
Mit dem „Dank, dass Sie mit ihren Gebühren diesen Film finanziert haben“ verabschiedete Ralf Pleßmann von der Pressestelle des NDR die Besucher und Christian Granderath, der Leiter der Abteilung Fernsehspiel wies darauf hin, dass weiterhin die Vielfalt der Landschaften und Regionen in Niedersachsen in den Falke-Tatorten abgebildet werden sollen. Gerade die Aufstellung dieses Tatort-Teams, das bei der Bundespolizei angesiedelt ist, bilde dafür eine gute dramaturgische Grundlage.
Ostern 2015 kommt dann der bereits fertig gestellte Tatort „Frohe Ostern, Falke“ zur Ausstrahlung, der schon auf den Oldenburger Filmfest seine Weltpremiere hatte, bevor dann im Herbst 2015 der Tatort „Verbrannt“ (Arbeitstitel) gesendet wird, der zur Zeit in Salzgitter (fünf Drehtage) und Hamburg entsteht.
Ein Gastbeitrag von Achim Neubauer / www.tatort-fundus.de.
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