
Der Landeswahlleiter von Berlin, Stephan Bröchler, fordert eine grundlegende Reform des Wahlrechts – nicht zuletzt, da Zehntausende Auslandsdeutsche von der Wahl ausgeschlossen werden könnten.
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Der frühe Wahltermin bringe erhebliche Probleme mit sich, sagte Bröchler dem Nachrichtenportal T-Online. Er werde daher sicherlich zu Beschwerden beim Wahlausschuss des Deutschen Bundestages führen und später wohl auch noch in Karlsruhe landen. „Hätte man sich etwas mehr Zeit gelassen, bis in den März, hätten wir die Probleme jetzt nicht. Als Landeswahlleiter muss ich die Entscheidung aber so akzeptieren, wie sie ist.“ Die aktuelle Regelung zur Organisation von Neuwahlen sei jedoch veraltet. „Die Zeit für Veränderungen ist reif.“
Bröchler kritisierte insbesondere die gesetzliche 60-Tage-Frist für Neuwahlen. „Mit Blick auf die gesetzlich vorgeschriebene 60-Tage-Frist, um eine vorgezogene Neuwahl zu organisieren, sehe ich auf jeden Fall Handlungsbedarf.“ Diese stamme aus der Reichsverfassung von 1871 und sei nicht mehr zeitgemäß. „Zu dieser Zeit gab es weder eine Briefwahl noch ein Frauenwahlrecht“, so Bröchler. „Wir arbeiten also hier mit einer Regelung von vorgestern.“
Bröchler plädiert für eine Verlängerung auf 90 Tage, um eine bessere Vorbereitung zu ermöglichen. „Aus der Perspektive der Wahlorganisation lohnt es sich sehr, darüber nachzudenken, von diesen 60 Tagen wegzukommen.“ Auch die zunehmende Zahl von Briefwählern müsse berücksichtigt werden. „Wir gehen inzwischen immer stärker in Richtung 50 Prozent Briefwahlbeteiligung“, so Bröchler. „Deswegen muss man auch über neue Formen der Wahl nachdenken und überlegen, wie man das realisieren kann.“
Einführung von E-Voting hält Bröchler für diskutabel, sieht aber noch einige Sicherheitsprobleme. „Die Organisation einer Wahl ist der Anker der Demokratie“, sagte er. Der Gesetzgeber bevorzuge weiterhin die Urnenwahl, doch durch veränderte Wahlgewohnheiten müsse das Bundesverfassungsgericht die Wahlorganisation neu bewerten. Die technischen Herausforderungen beim digitalen Wählen seien jedoch noch nicht gelöst „Aber wenn dieses Problem gelöst ist, spricht nichts dagegen, die entsprechende digitale Infrastruktur für eine Wahl zu schaffen. Die gibt es bei uns ja noch gar nicht.“
dts Nachrichtenagentur
Foto: Wahlplakate mit Friedrich Merz, Christian Lindner und Olaf Scholz (Archiv), via dts Nachrichtenagentur