Brüssel (dts Nachrichtenagentur) – Daniel Freund (Grüne), Berichterstatter im Haushaltskontrollausschuss des EU-Parlaments, fordert, dass die EU-Abgeordneten während der gegenwärtigen Energie- und Gaskrise den umstrittenen monatlichen Umzug zwischen den beiden Parlamentssitzen in Brüssel und Straßburg aufgeben. „Wir stehen vor einer schweren Energieknappheit in Europa“, schreibt Freund in einem unveröffentlichten Brief an EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola, über den die „Welt“ berichtet.
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„Während einige europäische Bürger davon ausgehen, dass sie ihre Häuser im Winter nicht werden ausreichend heizen können, heizt, beleuchtet und betreibt das Europäische Parlament unnötigerweise zwei Gebäudekomplexe gleichzeitig.“ Das monatliche Pendeln nach Straßburg erhöhe den Energieverbrauch des Europäischen Parlaments signifikant, schreibt der Abgeordnete. Fast 350.000 Quadratmeter zusätzlicher Büroflächen müssten dort beleuchte und teilweise mit Erdgas geheizt werden. „Das monatliche Pendeln von mehr als 3.000 Personen, Lastwagen, die Büromaterial transportieren, einem Teil des Fuhrparks des Parlaments und gemieteten Zügen benötigen ebenfalls erhebliche Mengen an Treibstoffen und Energie“, schreibt Freund.
„Vor diesem Hintergrund sollte das Europäische Parlament das ineffiziente und teurer monatliche Pendeln zwischen Brüssel und Straßburg aussetzen und mehr Möglichkeiten schaffen, für die Dauer der Krise aus der Ferne zu arbeiten.“ Freund ist Mitglied des Haushaltskontrollausschusses und verantwortlich für die Entlastung des Parlaments für das Haushaltsjahr 2020. Er verweist auch darauf, dass der Verzicht auf die monatliche Wanderung erhebliche Steuergelder einsparen würde. Die 705 Abgeordneten und Teile ihrer Büros ziehen einmal im Monat für eine Sitzungswoche von Brüssel, wo die meiste Zeit des Monats gearbeitet wird, nach Straßburg.
Der Europäische Rechnungshof hat 2014 berechnet, dass die europäischen Steuerzahler jedes Jahr 114 Millionen Euro sparen könnten, wenn der offizielle Sitzungsort Straßburg wegfällt. Die Kosten dürften inzwischen, acht Jahre später, weit höher sein. Die Abgeordneten haben bereits mehrfach dafür gestimmt, die Tagungen in Straßburg aufzugeben, aber dafür müsste der EU-Vertrag geändert werden. Frankreich beharrt auf dem offiziellen Parlamentssitz.
Foto: EU-Parlament in Straßburg, über dts Nachrichtenagentur