Düsseldorf (dts Nachrichtenagentur) – Mitten in der Omikron-Welle fallen etliche Testzentren in Nordrhein-Westfalen dadurch auf, dass sich trotz angeblich Tausender Proben so gut wie keine Infizierten finden. Das berichten WDR, NDR und „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstagausgabe) unter Berufung auf eigene Recherchen.
Anzeige
So wurden in ganz Nordrhein-Westfalen am 8. Februar gut eine Million Schnelltests an die Landesregierung gemeldet, 35.007 von ihnen fielen positiv aus – 3,5 Prozent. 24 große Testzentren meldeten in dem Bundesland an diesem Tag jedoch keinen einzigen positiven Test. Eine Teststelle in Köln meldete gar 9.533 Bürgertests, ohne auch nur einen Corona-Infizierten zu entdecken. Jeder Test wird derzeit mit 11,50 Euro vergütet.
Das sei unter so vielen Tests und in der jetzigen Situation schlichtweg „nicht plausibel“, sagte der Virologe Christian Drosten der Berliner Charité. „Bei der sehr hohen Inzidenz der vergangenen Wochen müsste ein beträchtlicher Teil der Probanden positiv sein“, so Drosten. Auch Oliver Keppler, der Leiter der Virologie an der Universität München, sagte, es sei „höchst unwahrscheinlich“, unter Tausenden Tests kein positives Ergebnis zu erhalten – auch wenn sich in Schnelltestzentren anders als beim PCR-Test viele Menschen ohne konkreten Verdacht auf Corona testen ließen. „Dort geht man ja in der Regel nicht mit Symptomen hin, sondern weil man zum Beispiel in den Fitnessklub will“, so Keppler.
Eine Positivquote von null Prozent sei allerdings auch bei den schlechtesten Tests unwahrscheinlich, sagte der Münchner Virologe Oliver Keppler. Zudem schlagen Schnelltests im Einzelfall an, obwohl gar kein Virus nachzuweisen ist. „Selbst die besten Schnelltests haben immer noch eine Falschpositivrate von 0,3 Prozent“, so Keppler. „Das heißt, selbst unter 1.000 nicht-infizierten Personen müssten schon drei Tests positiv sein.“
Es fehle insgesamt an Kontrollen im Land – der Testzentren ebenso wie der Tests selbst, so der Virologe Hartmut Hengel von der Universität Freiburg. Anders als beispielsweise bei Arzneimitteln werden in Deutschland bei größeren Lieferungen von Testsets keine Stichproben vorgenommen, um zu prüfen, ob diese Serie verlässliche Ergebnisse liefert. Die Testzentren vor Ort werden von den Behörden mal in Augenschein genommen, mal nicht. Ganz unterschiedlich ist von Bundesland zu Bundesland auch geregelt, welche Ergebnisse die privaten Testzentren wie schnell den Ämtern melden müssen.
„Das alles sind elementare Mängel“, sagte Hengel. „Und das im dritten Jahr der Pandemie.“ Testergebnisse können aus mehreren Gründen unzuverlässig sein. Zum Beispiel, weil ein Test eingesetzt werde, der auf das Coronavirus überhaupt nicht reagiere und damit wertlos sei, sagte Hengel.
Zudem sei fraglich, wie verlässlich die einzelnen Tests überhaupt noch bei der inzwischen vorherrschenden Omikron-Variante seien, ergänzte der Münchner Virologe Keppler. In den Laboren bei ihm an der Uni München würden die Corona-Proben von Leuten vorgenommen, „die wirklich wissen, was sie da machen“. In den Testzentren hingegen könnte es zu Mängeln kommen. Zudem könnten solche Zentren „völlig unreguliert die billigsten Tests kaufen, die nichts taugen“.
Foto: Corona-Schnelltest, über dts Nachrichtenagentur