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Zahl der Inobhutnahmen erneut gestiegen

Kindernotdienst (Archiv), via dts Nachrichtenagentur

Die Zahl der Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen ist im Jahr 2023 erneut gestiegen. Der Anstieg sei aber deutlich schwächer als im Jahr zuvor ausgefallen, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Montag mit.

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Insgesamt nahmen die Jugendämter in Deutschland im Jahr 2023 rund 74.600 Kinder und Jugendliche zu ihrem Schutz vorübergehend in Obhut. Das waren 8.100 oder zwölf Prozent Betroffene mehr als im Vorjahr. Damit stieg die Zahl der Inobhutnahmen 2023 zum dritten Mal in Folge. 2022 hatte das Plus bei 18.900 Fällen oder 40 Prozent gelegen. Hintergrund des Anstiegs ist das Aufkommen an unbegleitet eingereisten Minderjährigen aus dem Ausland. Ohne Berücksichtigung dieser Fälle sank die Zahl der Inobhutnahmen im Jahr 2023 sogar – und zwar um 2.600 Fälle oder sieben Prozent auf 35.300 Fälle.

Im Jahr 2023 haben die Jugendämter 39.300 Inobhutnahmen nach unbegleiteter Einreise durchgeführt (2022: 28.600). Das war gut die Hälfte aller Fälle (53 Prozent). Dazu zählen sowohl vorläufige Inobhutnahmen (33 Prozent), die direkt nach der Einreise durchgeführt werden, als auch reguläre (20 Prozent), die in der Regel – nach einer bundesweiten Verteilung der Betroffenen – daran anschließen. Angaben zu den Herkunftsländern der unbegleitet eingereisten Minderjährigen liegen der Kinder- und Jugendhilfestatistik nicht vor.

Ein weiteres gutes Drittel aller Inobhutnahmen (36 Prozent) erfolgte 2023 aufgrund von dringenden Kindeswohlgefährdungen und etwa ein Zehntel (elf Prozent) der Fälle waren Selbstmeldungen, also Fälle, in denen Kinder oder Jugendliche selbst aktiv beim Jugendamt Unterstützung suchten, so die Statistiker.

Vor der Inobhutnahme lebten 44 Prozent der Kinder oder Jugendlichen in einer Familie oder einem privaten Haushalt, darunter der Großteil zusammen mit mindestens einem Elternteil (37 Prozent aller Fälle). Weitere 18 Prozent waren – mit oder ohne Elternteil – in einer Einrichtung untergebracht, etwa in einem Heim (zehn Prozent) oder einer Aufnahmeeinrichtung beziehungsweise Gemeinschaftsunterkunft (drei Prozent). In den verbleibenden Fällen – darunter insbesondere nach unbegleiteten Einreisen – war der vorherige Aufenthalt unbekannt (26 Prozent) oder keine feste Unterkunft vorhanden (13 Prozent).

Im Schnitt dauerte eine Maßnahme 50 Tage, trotzdem konnte etwa jeder dritte Fall (31 Prozent) in weniger als einer Woche beendet werden. Rund ein Fünftel der Minderjährigen (19 Prozent) war vor der Inobhutnahme von zu Hause ausgerissen. Neben der unbegleiteten Einreise zählten zu den häufigsten der insgesamt 13 möglichen Anlässe für eine Inobhutnahme im Jahr 2023: Die Überforderung der Eltern (22 Prozent), Hinweise auf Vernachlässigungen (zehn Prozent), Anzeichen für körperliche Misshandlungen (neun Prozent) und Beziehungsprobleme (sieben Prozent). Mehrfachnennungen waren möglich.`

Neue Daten zeigen, dass in sechs Prozent aller Fälle ein Widerspruch gegen die Maßnahme von den Sorge- oder Erziehungsberechtigten eingelegt wurde, so das Bundesamt weiter. Etwa viermal so hoch und damit weit über dem Durchschnitt lag dieser Anteil bei Hinweisen auf Vernachlässigungen (26 Prozent), psychische Misshandlungen (26 Prozent) und sexuelle Gewalt (23 Prozent).

Eine hohe Widerspruchsrate kann auf eine mangelnde Kooperationsbereitschaft der Sorge- oder Erziehungsberechtigten bei der Behebung der Kindeswohlgefährdung hindeuten. Geht das Jugendamt bei einem Widerspruch davon aus, dass die Kindeswohlgefährdung andauert, kann es das Familiengericht anrufen, damit es die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Kindeswohls herbeiführt. Diese Möglichkeit haben die Jugendämter 2023 in 83 Prozent aller Widerspruchsfälle auch genutzt.

Nach Beendigung der Inobhutnahme kehrte fast ein Viertel (23 Prozent) der betroffenen Jungen oder Mädchen an den bisherigen Aufenthaltsort zurück. Knapp die Hälfte (47 Prozent) der Kinder oder Jugendlichen wurde nach der Inobhutnahme an einem neuen Ort untergebracht, und zwar am häufigsten in einem Heim oder einer anderen Einrichtung, deutlich seltener in einer Familie beziehungsweise einem privaten Haushalt.

In jeweils etwa jedem zehnten Fall wurden die Betroffenen von einem anderen Jugendamt übernommen (neun Prozent) oder beendeten die Inobhutnahme selbst (elf Prozent), gegebenenfalls auch, indem sie aus der Maßnahme ausrissen. In weiteren zehn Prozent der Fälle wurde die Inobhutnahme anderweitig beendet.

dts Nachrichtenagentur

Foto: Kindernotdienst (Archiv), via dts Nachrichtenagentur

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