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Kommentar: Alle Trümpfe verspielt

Foto: Christian Kruse

Dass Oberbürgermeister Jürgen Krogmann nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Oldenburg zum Altpapierstreit zunächst das Gespräch mit den Vertretern der Arge sucht, ist grundsätzlich zu begrüßen. Klar ist aber auch, dass es viel zu spät kommt, was nicht Krogmann sondern seinem Vorgänger anzulasten ist, weil die Stadt nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Oldenburg so gut wie keine Trümpfe mehr in der Hand hält. Deshalb stellt sich die Frage, was mit einer gütlichen Einigung gemeint sein könnte, die die Stadt mit der Arge anstrebt?

Die Arge darf weiterhin in Oldenburg Papier sammeln, daran würde auch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit das Oberverwaltungsgericht Lüneburg nicht rütteln. Und im Hauptverfahren ist ebenfalls nichts anderes zu erwarten, denn die Entscheidung ist auf 60 Seiten fundiert und eindeutig begründet und mittlerweile auf der Webseite des Gerichts nachzulesen.

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Wenn die Gruppe Die Linke/Piratenpartei die Ansicht vertritt, die Stadt solle den Rechtsstreit fortsetzen, weil das Gericht übersehen habe, dass die Arge nur bis zum 31. Dezember 2013 Papier in Oldenburg sammeln durfte, dann ist das nicht nachzuvollziehen. Genau auf diesen Aspekt geht das Gericht in seiner Begründung explizit ein und weist dieses Argument als unzutreffend und irrelevant zurück. Zudem war der Stadt lange vor dem 31. Dezember 2013 klar, dass die Arge über dieses Datum hinaus weiter Papier sammeln würde und zu diesem Zeitpunkt die nach dem neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz verlangte zusätzliche Anzeige der seit langem bestehenden Sammlung der ARGE vorlag.

Unabhängig davon lässt das Kreislaufwirtschaftsgesetz gewerbliche Altpapiersammlungen grundsätzlich zu und zwar selbst dann, wenn sie neu begonnen werden, was hier nicht der Fall ist. Gewerbliche Sammlungen können nur untersagt werden, wenn sie die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Entsorgung gefährden, wofür die Kommune beweispflichtig ist. Eine relevante Beeinträchtigung der öffentlichen Entsorgung hat das Verwaltungsgericht Oldenburg aber gerade nicht feststellen können.

Somit muss die Stadt im wahrsten Sinn des Wortes gegenüber der Arge ziemlich kleine Brötchen backen und könnte sich freuen, wenn der bislang angerichtete Schaden (1.484.643 Euro für Beschaffung und Verteilung der Altpapiertonnen sowie die 754.710 Euro Anschaffungskosten für drei Seitenlader und das bislang entstandene Defizit durch die städtische Papiersammlung in Höhe von rund 400.000 Euro sowie nicht bezifferte Kosten für Marketing) begrenzt würde, indem sie Tonnen und Seitenlader wieder verkauft. Denn welchen Grund sollte die Arge haben, auf die Stadt zuzugehen und womöglich das Sammelgebiet aufzuteilen, wenn sie jetzt schon weit mehr als die Hälfte der Papiertonnen leert?

Der Hinweis in der Pressemitteilung der Stadt Oldenburg, dass das Rechtsanwaltsbüro, das die Stadt vertritt, noch Ansatzpunkte in der Begründung des Beschlusses sieht, die eine Beschwerde, über die vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht entschieden wird, rechtfertigen, gibt schwer zu denken. Man kann nur hoffen, dass sich der Oberbürgermeister Rechtsbeistand von jemandem einholt, der in dieser Auseinandersetzung völlig unbefangen ist und keinerlei Interessen vertritt. Schließlich geht es hier um das Geld der Bürger und um bereits angedrohte erhöhte Müllgebühren, die auch auf diese Misswirtschaft zurückzuführen sind.

Wenn die Stadt ihren eingeschlagenen Weg nicht schnellstens revidiert, wird sie sich im nächsten Schritt nicht nur mit der Arge gerichtlich auseinandersetzen, sondern auch mit Bürgern, die den Müllgebührenbescheid nicht akzeptieren und am Ende ziemlich sicher zum Gericht gehen, um sich gegen derartige Geldverschwendung zu wehren. Kein Privatmann könnte sich solche Eskapaden erlauben. Das geht nur in der Politik, wo man nach außen hin den Spargedanken propagiert und hinten herum dem Bürger die Gebühren vollkommen unsinnig aus der Tasche zieht, nur weil man einen Fehler gemacht hat und nicht in der Lage ist, ihn einzuräumen. Da sollen sich Kommunalpolitiker nicht wundern, wenn sich immer weniger Bürger für sie interessieren und der Politik den Rücken zukehren, weil sie sich ohnmächtig fühlen und sie am Ende zu juristischen Auseinandersetzungen genötigt werden.

Ein Kommentar von Katrin Zempel-Bley.

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