Oldenburg (zb) – Viele Eltern schlagen sich mit Erziehungsproblemen herum. Welche Fernsehsendungen darf mein Kind sehen, wie viel Süßigkeiten darf es essen, wie lange am Computer spielen und wie gewöhne ich es an feste Regeln? Im Rahmen von Elterntalks können diese und andere Erziehungsfragen ab sofort in lockerer Runde in einem Wohnzimmer bei Kaffee und Kuchen ohne erhobenen Zeigefinger ungestört und zwanglos besprochen werden.
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„Elterntalks“ heißt ein soeben gestartetes Projekt der Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen in Kooperation mit der Stadt Oldenburg. Alia May ist eine von fünf Moderatorinnen, die „Elterntalks“ anbietet. Zusammen mit ihren Kolleginnen, die mehrheitlich einen Migrationshintergrund haben, hat sie eine Schulung für dialogische Gesprächsführung durchlaufen. Seither bietet sie Eltern diese niedrigschwellige Möglichkeit an, über Erziehungs- und Medienfragen in moderierter informeller Runde ungezwungen und bei Bedarf in ihrer Landessprache zu sprechen. Die Moderatorinnen sind alle Mütter und sprechen mindestens zwei Sprachen.
Das Prinzip von „Elterntalks“ ist einfach. Die Moderatorinnen bieten die Talks in ihrem Bekanntenkreis an und stellen eine Gruppe von maximal sieben interessierten Personen zusammen. Eine von ihnen ist die Gastgeberin. Sie sorgt für Kaffee, Tee und Kekse und stellt ihr Wohnzimmer zur Verfügung. Im Gegenzug erhält sie einen Drogeriegutschein im Wert von 20 Euro. Und dann geht es auch schon los.
„Zielgruppe sind vor allem Familien, die klassische Angebote zur Elternbildung seltener wahrnehmen und deren Herkunftssprache nicht Deutsch ist“, klärt Projektleiterin Simone Zanjani von der Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen, auf, die jetzt den offiziellen Startschuss für das Projekt in Oldenburg gegeben hat. „Wir haben in anderen Städten seit 2012 sehr gute Erfahrungen damit gemacht“, berichtet sie weiter. „Es entstehen große Netzwerke, natürlich Freundschaften und insgesamt haben wir schon über 8000 Eltern erreicht.“
Zu 95 Prozent sind es Frauen, die dieses unkomplizierte und geschützte Angebot nutzen, um Probleme zu schildern und gemeinsam mit anderen nach Lösungen zu suchen. „Es ist meistens ein lebhafter Austausch, der den Frauen Mut macht, weil sie feststellen, dass sie mit ihren Fragestellungen nicht allein sind“, erzählt Moderatorin Lina Carina Grimm. „Außerdem lernen wir sehr viel voneinander“, ergänzt Nadine Bekkari, die auf ihre Materialtasche verweist. Sie gehört zur Standardausrüstung der Moderatorinnen und ist voll mit zahlreichen Arbeitsmaterialien in Deutsch, Russisch, Türkisch, Kurdisch und Arabisch.
„Ich habe zum Beispiel nicht gewusst, wie viel Zucker in Fruchtsäften ist und dass Kinder bis zum dritten Lebensjahr nicht Fernsehen gucken sollen“, erzählt Nadine Bekkari. Seit sie Moderatorin ist, weiß sie nicht nur das, sondern noch viel mehr und bringt dieses Wissen an passender Stelle ein. „Die meisten Mütter sind genauso ahnungslos wie ich es war“, berichtet sie und die anderen Moderatorinnen pflichten ihr bei. So verbreitet sich wichtiges Alltagswissen und gleichzeitig entwickeln sie Wege, wie sie sich künftig gegenüber ihren Kindern in besonderen Situationen verhalten können.
Moderatorin Larissa Kaschuba freut sich über die vielen neuen Kontakte, „denn unsere Elterntalks sprechen sich sehr stark herum“, sagt sie. Nina Hachemane findet es gut, „anderen Eltern auf Augenhöhe und eben nicht als Spezialistin zu begegnen.“ „Bei den Elterntalks wird niemand stigmatisiert“, hebt Standortpartnerin Petra Bremke-Metscher von der Stadt Oldenburg, hervor. „Wir kritisieren niemanden, wir helfen untereinander und bauen Brücken.“
Betreut werden die Moderatorinnen von Claudine Blohm, Regionalbeauftragte für die Elterntalks. Zwei Stunden dauern die Zusammenkünfte in arabischer, russischer, kurdischer, türkischer, französischer, algerischer oder deutscher Sprache.
Weitere Informationen geben Petra Bremke-Metscher, Telefon 04 41 / 235 30 97 oder Claudine Blohm, Telefon 04 41 / 594 71 69.