Filmfest: Viele Tränen und gute Filme
Oldenburg/am/ck/nb – Der Filmfest-Donnerstag begann mit der Verleihung des Goldenen Stadtsiegels an den Schauspieler Seymour Cassell im Alten Rathaus. Vom Empfang des Audi Zentrums Oldenburg ging es zu den Filmvorführungen. Wer dann noch die Muße hatte, ließ es sich bei der Filmfestparty im „Marvins“ gut gehen.
Verleihung des Großen Stadtsiegels an Seymour Cassel
Im Alten Rathaus wurde der Schauspieler Seymour Cassel in Anerkennung seiner besonderen Verdienste um das Internationale Filmfest Oldenburg das Große Stadtsiegel verliehen. Die Laudatio hielt Oberbürgermeister Gerd Schwandner. In einer humorigen Ansprache betonte er, dass Seymour Cassel eine unermüdliche Lobbyarbeit für das Filmfest betrieben habe. Damit sei das Image des Festivals und die öffentlichen Wahrnehmung gestiegen. Als Botschafter des Filmfestes habe er geholfen, Oldenburg auch in Hollywood bekannt zu machen und damit ein Netzwerk unter Produzenten, Filmemachern und Schauspielern aufzubauen. Schwandner lobt das Engagement, das zuletzt in der Namensüberlassung für den Seymour Cassel Award für herausragende deutsche Schauspieler mündete.
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„Ich hatte hier immer eine gute Zeit“, antwortete Cassel unter Tränen. In seiner Dankesrede betonte Cassel, dass er sehr geehrt sei. Er habe seinen Freunden erzählt, dass auch sie nach Oldenburg kommen sollen. „Oldenburg ist ein schöner Platz und die Leute sind wundervoll.“
Der Hollywood-Schauspieler und die Ikone des amerikanischen unabhängigen Films, Seymour Cassel, spielte unter anderem in den Filmen „Schatten“ (1959), „Gesichter“ (1968), „Die Ermordung eines chinesischen Buchmachers“ (1976) und „Minnie und Moskovitz“ (1971) des US-Regisseurs John Cassavetes mit. Dessen Tochter Xan Cassavetes, Schauspielerin und Drehbuchautorin, war während der Verleihung des Großen Stadtsiegels anwesend. Sie stellt im Rahmen des Internationalen Filmfestes Oldenburg ihr Spielfilmdebüt „Kiss of the Damned“ in deutscher Erstaufführung vor.
Der Film „Face“ (Gesichter) wurde im Anschluss an den Empfang des Audi Zentrums Oldenburg im Oldenburgischen Staatstheater vorgeführt. Erneut zeigte sich Cassel sehr emotional. Auf der Filmfestparty im Marvins erschien er dann nicht mehr. Schließlich war es für den 78-Jährigen auch viel Aufregung an einem Tag.
Videointerview mit Bobcat Goldthwait
Begeistert sind wir vom Jurypräsidenten des „German Independence Award – Bester deutscher Film“, Bobcat Goldthwait. Er wandelt zwischendurch durch Oldenburg, um sich abseits des Trubels die Stadt anzusehen. Ein humorvoller und freundlicher Mensch, der gerne unserer Einladung zum Interview folgte. Morgen wird ihm der German Independence Award gemeinsam mit Mania Akbari verliehen.
Filmfest Bildergalerie
Hier sind unsere fotografischen Eindrücke des Tages.
Und nebenbei sahen wir auch noch Filme, denn darum geht es beim Internationalen Filmfest Oldenburg.
Staudamm
Der Film „Staudamm“ widmet sich auf außergewöhnliche Weise dem Thema Amoklauf in einer Schule. Mit Friedrich Mücke (Roman) und Liv Lisa Fries (Laura) in den Hauptrollen wird ein Amoklauf aufbereitet, aus Sicht eines Außenstehenden und einer Betroffenen. Das Zuhören wird in den Vordergrund gestellt.
„Staudamm“ ist einer von fünf Beiträgen für den „German Independence Award – Bester deutscher Film“. Es sei der zweite von zwei Filme, der beim Oldenburger Filmfest gezeigt würde, so Regisseur Thomas Sieben, der „Staudamm“ persönlich vorstellte und schon mit „Distanz“ (u.a. Ken Duken) in Oldenburg punkten konnte.
Bei „Staudamm“ fließt kein Blut. Es ist ein leiser Film, der Berührungsängste nehmen will. Es sind neue Pfade, die Sieben betritt. Dabei gelingt es ihm, die Zuschauer zu fesseln – anhand von Gutachten, Tagebucheinträgen und Gesprächen zeichnet er die Geschehnisse auf. Wie Thomas Sieben sagt, habe er für den Film u.a. über die Schul-Amokläufe in Erfurt, Winnenden und Littleton (USA) recherchiert. Der sehr empfehlenswerte Film läuft noch in der JVA am Samstag, 14. September, 16.30 Uhr. Es lohnt sich! (am)
Boy Eating the Bird’s Food
Griechenland: Yorgos hungert. Im Zuge der Wirtschaftskrise findet er keinen Job, er verliert fließendes Wasser und letztendlich die kleine Wohnung. Er mag ein Mädchen, doch auch niemandem davon erzählen, wie es ihm geht, nicht einmal seiner Mutter. Einziger Freund ist dabei ein Vogel, dessen Futter er irgendwann mit verspeist. Er geht sogar so weit, sein eigenes Ejakulat zu verspeisen, um dem Hungergefühl wenigstens etwas entgegenzubringen.
Mit der Kamera immer nah dran, immer da, umfasst der Film fast dokumentarisch den Zerfall von Würde, Körper und Geist. Dabei spielt er nicht mit viel Inhalt, sondern viel mit dem Spiel des Darstellers Yannis Papadopoulos. Auch am Freitag ist der Film noch um 16.30 im Cine k zu sehen. (nb)
Tage am Strand
Mit „Tage am Strand“ kommt auch ein australisch, französische Deutschlandpremiere mit Starbesetzung (Naomi Watts und Robin Wright) in die Kinos des Filmfestes. Der Film beginnt mit zwei kleinen Mädchen, zwei Freundinnen an den schönen Stränden Australiens, bald sind sie erwachsen, haben Kinder. Als die Söhne erwachsen sind, verlieben sie sich jeweils in den Sohn der anderen und schlafen mit ihm. Das Drama nimmt seinen Lauf: Die Freundschaften stehen auf dem Spiel, Ehen und Beziehungen.
Die Kontrolle über die eigenen Gefühle und das eigene Verlangen entflieht den Charakteren. An den schönen Stränden leben sie in ihrer eigenen Welt, dort scheint alles perfekt. Gut und glaubhaft spielt der ganze Cast, obwohl man den Damen wohl nicht ganz abnimmt, in ihrem Alter schon so reife Söhne zu haben. Das Ganze basiert auf einer Kurzromansammlung der Nobelpreisträgerin Doris Lessing. Zu sehen auch noch einmal im Casablanca am Sonntag, 15. September, um 19 Uhr. (nb)
Scar Tissue
Der britische Horror „Scar Tissue“ feierte im Cine k seine Weltpremiere. Der Regisseur Scott Michell war dabei selbst anwesend. Direkt am Anfang des Filmes wird eine Freundin Lukes brutal in seinem Badezimmer ermordet. Er bekommt ein Video, dass ihn zur suspendierten Polizistin Sam führt. Ihre Schwester wurde zwanzig Jahre zuvor auf die gleiche Weise getötet und alle Zeichen deuten darauf hin, dass der Killer zurück ist: Aber er ist tot, damals erschossen. Die Protagonisten auf der Spur eines dunklen Geheimnis – mit schwarzem Humor.
In der Darstellerriege lauern lauter bekannter Gesichter. Das spricht schon einmal für den Film, der sich bis zum überraschenden Finale dunkel und fast schon amüsant fortbewegt. Besonders hervorzuheben ist die impulsive Ermittlerin, gespielt von Charity Wakefield, die neben Danny Horn (Luke) und unter anderem auch Kanneth Colley dem totgeglaubten Killer auf der Spur ist. Noch einmal zu sehen ist der Film am Freitag, 23.45 Uhr in der Exerzierhalle. (nb)
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