Sahap Dag dankte Weihbischof Heinrich Timmerevers (von links) und Bischof Jan Janssen für ihren Besuch im Yezidischen Forum Oldenburg. Hanan Ravo Ali, Falah Hasan Khudida und sein Bruder Salah Hasan Khudida schilderten ihre Flucht vor wenigen Wochen aus dem Sinjar-Gebirge.
Foto: Katrin Zempel-Bley
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Oldenburg (zb) – Die Schilderungen dreier Flüchtlinge aus dem Sinjar-Gebirge im Nordirak ging Weihbischof Heinrich Timmerevers und Bischof Jan Janssen spürbar unter die Haut. Die drei Yeziden leben seit ein paar Wochen in einer Oldenburger Flüchtlingsunterkunft und hatten sich anlässlich des ersten Besuchs der beiden Bischöfe im Yezidischen Forum Oldenburg bereit erklärt, über ihre traumatischen Erlebnisse zu berichten.
„Es ist schon etwas anderes, schnelle Fernsehbilder zu sehen oder Menschen vor sich zu haben, die gerade ihre Flucht hinter sich haben“, meinte Heinrich Timmerevers, der einräumte, „tief berührt zu sein. Ihr Bericht ist mir zu Herzen gegangen und ich bin überzeugt davon, dass die Öffentlichkeit viel mehr darüber erfahren muss“, meinte er weiter. Ähnlich erging es auch Jan Janssen. „Menschen des mittleren Ostens sind unsere Nachbarn, und Nächstenliebe endet nicht an der Konfessionsgrenze“, sagte er. „Wir alle müssen zum Lautsprecher für diese Menschen werden, die es noch geschafft haben, dem Terror zu entkommen und jenen, die es nicht mehr schaffen.“
Genau um sie ging es in dem Gespräch. Um ihre Angehörigen und Freunde im Sinjar Gebirge aber auch anderen Kriegsgebieten, in denen Yeziden und andere religiöse Minderheiten gnadenlos verfolgt und massakriert werden. Rund 30 Yeziden trafen mit den beiden Bischöfen zusammen und einige von ihnen schilderten unter großer Anspannung und Tränen ihre Situation. Die einen sind von der Flucht gezeichnet und in Gedanken bei ihren Familien, die gegenwärtig von IS-Kämpfern eingekesselt werden und – so die klare Aussage – dem Massaker nicht mehr entkommen können, die anderen haben den Kontakt zu ihren Familienmitgliedern verloren und leben in vollkommener Ungewissheit.
„Das raubt uns die Nerven“, bekannte Sahap Dag, vom Vorstand des Yezidischen Forums, der sich über den Besuch der Bischöfe sehr freute und die Hoffnung äußerte, dass ihr Leid publik gemacht wird und die Menschen ihnen behilflich sind. Denn in bestimmte Kriegs- und Flüchtlingsgebiete und Flüchtlingscamps haben sie gute Kontakte, können angesichts des drohenden kalten Winters Hilfsgüter liefern, auf die die Menschen dringend angewiesen sind.
Beide Bischöfe appellierten an die Bevölkerung in der Region, sich an den Hilfsmaßnahmen aktiv zu beteiligen, indem sie Geld und neuwertige Sachspenden zur Verfügung stellen. „Die Menschen sind auf unsere Hilfe angewiesen“, stellte Jan Janssen klar. Beide Bischöfe forderten von der Bundesregierung „garantierte Schutzräume für die Flüchtlinge, um ihr Überleben zu sichern sowie unbürokratische und menschenfreundliche Hilfen für die Flüchtlinge, die schwer gezeichnet sind. Es geht um die Humanisierung unserer Gesellschaft.“
Holger Geisler, Sprecher des Forums, berichtete, dass 7000 Menschen – überwiegend Frauen und Kinder – im Sinjar-Gebirge buchstäblich in der Falle sitzen. „Wir haben gegenüber der Politik gebettelt und gefleht, aber die IS-Kämpfer sind zu weit vorgerückt, sie haben keine Chance mehr“, sagt er sichtlich erschüttert und fordert, dass diese Menschen wenigstens die Chance erhalten sollten, selbstbestimmt zu sterben, um nicht von IS-Kämpfern geköpft zu werden. Das sei die Weltgemeinschaft diesen Menschen schuldig, meinte er abschließend.
Spenden nimmt das Yezidische Forum, Stedinger Straße 141, Halle 14, in Oldenburg entgegen. Weitere Infos gibt es teleonisch unter 04 41 / 485 05 55 oder 01 57 / 84 89 86 02.