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Krankenhaus-Protest: „Das Maß ist voll!“

Vor dem Klinikum Oldenburg ließen die Mitarbeiter 300 Luftballons aufsteigen. Zuvor protestierten sie lautstark mit So-nicht-Rufen gegen den derzeit vorliegenden Entwurf der Reform. Fotos der Aktion wurden aus ganz Deutschland nach Berlin geschickt und dort auf einer Großbildleinwand gezeigt.

Vor dem Klinikum Oldenburg ließen die Mitarbeiter 300 Luftballons aufsteigen. Zuvor protestierten sie lautstark mit „So-nicht-Rufen“ gegen den derzeit vorliegenden Entwurf der Reform. Fotos der Aktion wurden aus ganz Deutschland nach Berlin geschickt und dort auf einer Großbildleinwand gezeigt.
Foto: Markus Hibbeler

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Oldenburg / Berlin / am / pm – Die finanzielle Lage der Krankenhäuser ist seit Jahren schwierig. Fusionen und Schließungen sind die Konsequenzen. Auch in Oldenburg hofften die Kliniken, dass mit der geplanten Krankenhausreform, die im Herbst beschlossen werden soll, 2016 eine Besserung eintritt. Nun aber zeigen sich die Mitarbeiter entsetzt, die Situation würde weiter verschärft. Dagegen wurde gestern bundesweit – auch an den drei Oldenburger Krankenhäusern – protestiert.

Der Reformvorschlag enthält unter anderem die Streichung des seit 2013 bestehenden Versorgungszuschlags in Höhe von 0,8 Prozent. Dadurch würde ein finanzielles Loch von 500 Millionen Euro entstehen, teilt das Klinikum Oldenburg mit. Dies entspreche den Personalkosten von 10.000 Pflegekräften. Zudem seien neue Abschläge bei der Vergütung von zusätzlichem Leistungsbedarf vorgesehen. Mit diesen Abzügen könnten die Kosten nicht gedeckt werden. Des Weiteren sieht das Reformgesetz neue Kürzungen bei der jährlichen Anpassung der Fallpauschalenpreise vor. „Das trifft die niedersächsischen Kliniken besonders hart, da der Landesbasisfallwert in Niedersachsen sowieso schon unter dem Bundesdurchschnitt liegt“, so das Klinikum in einer Mitteilung an die Presse. In Euro umgerechnet bedeute dies bei einem Krankenhaus mit rund 500 Betten einen Verlust von zirka 1,2 Millionen Euro. Zudem komme für niedersächsische Kliniken ein weiteres Problem dazu, da das Land Niedersachsen seinen Investitionsverpflichtungen nicht nachkomme und derzeit ein Investitionsstau von über 50 Millionen Euro bestehe.

„Die niedersächsischen Krankenhäuser schlagen zu Recht Alarm. Die Rechnung für das geplante Krankenhausstrukturgesetz werden wir und insbesondere unsere Patienten zahlen. Das ist ein Schritt in die falsche Richtung: Wenn man insbesondere die Notfallversorgung gewährleisten will, dürfen nicht noch zusätzliche Gelder abgezogen werden. Im Gegenteil: Wir brauchen eine sichere Finanzierungsperspektive. Die Politik muss die Stimme der Krankenhäuser hören. Dieses Gesetz darf 2016 nicht in Kraft treten. Noch ist es nicht zu spät für einen Richtungswechsel“, so Armin Sülberg, Vorstandssprecher des Evangelischen Krankenhauses Oldenburg.

Dr. Dirk Tenzer, Geschäftsführer des Klinikums Oldenburg erklärt: „Es ist unerträglich, wie die Krankenhäuser in Deutschland mit der Finanzierung allein gelassen werden. Wir haben im vergangenen Jahr eine echte Reform der Krankenhausfinanzierung gefordert und nun soll 2016 eine Reform verabschiedet werden, die die finanzielle Situation weiter verschärft. Die Ausgaben steigen und die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben wird immer größer. Man kann das nur noch als zynisch gegenüber dem Krankenhauspersonal und den Patienten bezeichnen. Wir müssen uns die Frage stellen: Was ist uns die Gesundheit eigentlich wert und wie wollen wir bei diesen Rahmenbedingungen junge Menschen in Zukunft motivieren, eine Ausbildung im medizinischen oder pflegerischen Bereich zu machen?“

„Wir haben eine sehr bedenkliche Lage in der Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung erreicht.“

„Wir haben eine sehr bedenkliche Lage in der Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung erreicht. Durch die jahrelange Unterfinanzierung sind Krankenhäuser aller Trägerschaften in eine extreme Schieflage geraten. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich Tag und Nacht mit hoher fachlicher Kompetenz und menschlicher Zuwendung um unsere Patienten. Sie sind es, die in immer kürzerer Zeit mehr Leistungen erbringen müssen, bei steigendem Komplexitätsgrad. Die Grenze des Zumutbaren ist erreicht. Eine dringende Aufforderung an unsere Politikerinnen und Politiker: Schauen Sie nicht weg, schauen Sie hin. Handeln Sie verantwortungsbewusst. Übernehmen Sie Verantwortung für die Strukturen der Gesundheitsversorgung und stellen Sie die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung. Justieren Sie die für 2016 geplante Reform der Krankenhausfinanzierung nach“, sagt Elisabeth Sandbrink, Geschäftsführerin des Pius-Hospitals Oldenburg.

Zur Krankenhausreform teilt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe mit: „… Patienten müssen sich auf eine hochwertige Versorgung im Krankenhaus verlassen können. Deshalb gilt: Qualität muss bei der Krankenhausplanung der Länder eine stärkere Rolle spielen, und gute Leistungen müssen besonders vergütet werden. Beides werden wir gesetzlich festschreiben. Gute Versorgung und Pflege im Krankenhaus können nur gelingen, wenn Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger nicht dauerhaft überlastet sind. Deshalb stellen wir mit einem Pflegestellenförderprogramm insgesamt 660 Millionen Euro zur Verfügung, damit Krankenhäuser mehr Pflegekräfte einstellen können, zum Beispiel für die Betreuung von demenzkranken und pflegebedürftigen Patienten. Mit einem Strukturfonds unterstützen wir die Länder dabei, notwendige Umstrukturierungen zur Verbesserung der Versorgung voranzubringen. Dafür werden bis zu 500 Millionen Euro aus der Liquiditätsreserve zur Verfügung gestellt, wenn auch die Länder sich in gleicher Höhe beteiligen. Damit steht für Umstrukturierungen bis zu eine Milliarde Euro zur Verfügung.“

„Wir fordern eine tatsächlich am Wohl des Patienten orientierte Krankenhaus-Reform.“
„Wir fordern eine tatsächlich am Wohl des Patienten orientierte Krankenhaus-Reform, die diesen Namen verdient und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Krankenhäuser wieder Luft zum Atmen gibt“, forderte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Thomas Reumann, vor dem Brandenburger Tor. „Die Krankenhausreform liefere keine Lösungen für die Probleme, die den Krankenhäusern am meisten unter den Nägeln brennen und – was noch schlimmer ist – diese werden zum Teil noch verschärft.“ Die Personalkosten für die 1,2 Millionen Beschäftigten in den Krankenhäusern müssten mit den gesetzlich begrenzten Einnahmen gedeckt werden können. Das sei nicht der Fall und dies werde durch die Reform noch verschlechtert. Den Krankenhäusern würde eine Milliarde Euro im Jahr 2017 entzogen, die für die Personalfinanzierung gebraucht würde. Zudem werde die Unterfinanzierung der Notfallambulanzen nicht gelöst. Die Reform gebe auch keine Antwort auf die absolut unzureichenden Investitionsmittel, so der DKG-Präsident. Die Krankenhäuser fordern unter anderem eine Sicherstellung der Finanzierung tariflicher Personalkostensteigerungen und die Weiterführung des Versorgungszuschlags.

Die Krankenhausreform (Krankenhausstrukturgesetzt) soll im Herbst beschlossen werden.

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