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Mehr Fälle für die Staatsanwälte

Die Oberstaatsanwälte Roland Herrmann, Susanne Böhm und Dr. Martin Binns berichteten über ihre Tätigkeiten im vergangenen Jahr.

Die Oberstaatsanwälte Roland Herrmann, Susanne Böhm und Dr. Martin Binns berichteten über ihre Tätigkeiten im vergangenen Jahr.
Foto: Anja Michaeli

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Oldenburg (am/zb) – 58.836 Verfahren gegen bekannte Straftäter hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg im vergangenen Jahr verfolgt. Das waren 3720 mehr als im Vorjahr. Dies geht aus der Jahresbilanz hervor, die der Leitende Oberstaatsanwalt Roland Herrmann heute vorgestellt hat.

Nach Jahren der Stagnation wurde ein Anstieg in den Bereichen Verkehrsstraftaten, Betrug und Körperverletzung registriert. Für den Anstieg der Betrugsfälle und die Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) hat Herrmann Erklärungen. „Während Diebstahl und Unterschlagung rückläufig sind, nehmen Untreue und Betrug zu, was auf Internetkriminalität zurückzuführen ist. Die Tendenz ist eindeutig.“ Nach vermehrten Kontrollen sind die Fallzahlen bei BtMG-Verstößen von 3464 (2013) auf 3858 (2014) gestiegen. „Wenn Schwerpunkte gesetzt werden“, so Hermann, „können die Zahlen sogar verdoppelt werden.“ Wenn mehr nachgeforscht werde, passiere auch mehr und es würden mehr Akten produziert. Das sei die sogenannte Holkriminalität.

85 Prozent der Fälle sind in drei Monaten erledigt. 20 Prozent gehen zu Gericht, 20 Prozent werden an andere Bundesländer abgegeben und 60 Prozent eingestellt. Das Verhältnis von Jugend- und Erwachsenenstrafsachen beträgt 20 zu 80. Dass jugendliche Straftäter immer weniger werden, führt Herrmann auf den demografischen Wandel zurück. Politische Straftaten seien nicht nennenswert und Umweltverfahren gingen zurück, berichtete er weiter.

Bei den etwa 11.000 eingeleiteten Vollstreckungen handelte es sich bei 50 Prozent um Geldstrafen. Immerhin 25 Prozent wollten auch nach mehrfacher Aufforderung beispielsweise ihre Knöllchen nicht bezahlen, so dass eine Erzwingungshaft angeordnet wurde. Ein weiterer Teil erhielt Freiheitsstrafen mit und ohne Bewährung.

Kapitalsachen

Neu eingerichtet wurde nach dem Fall des ehemaligen Krankenpflegers Niels H. die Abteilung Kapitalsachen. Rund 50 Fälle von versuchten und vollendeten Kapitalverbrechen werden erwartet. Leiter der neuen Abteilung ist Oberstaatsanwalt Thomas Sander.

Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen

2010 ist die für ganz Niedersachsen eingerichtete Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen in Oldenburg eingerichtet worden. Im vergangenen Jahr wurde sie personell aufgestockt, so dass dort zwei Oberstaatsanwälte und vier Staatsanwälte tätig sind. Hintergrund für diese Veränderung ist ein politisches Umdenken, hieß es. Inhaltlich geht es um Verstöße gegen Futtermittel-, Fleischhygiene, Arznei- und Lebensmittelvorschriften im Agrarbereich sowie um Tierschutz bei Nutztieren. 455 Verfahren sind im vergangenen Jahr eingegangen, „wobei es nicht um verdorbene Döner in Göttingen geht“, stellt Oberstaatsanwältin Susanne Böhm klar.

Die Verfahren sind oft kompliziert und somit arbeitsaufwendig und müssen lange recherchiert werden. Dabei arbeiten sie und ihr Team intensiv mit Veterinären, Lebensmittelkontrolleuren und Institutionen wie dem LAVES und Sachverständigen zusammen. Leider habe es bei den Richtern und der Polizei keine personelle Aufstockung gegeben, bedauerte Böhm. Tatsächlich handele es sich um ein Spezialgebiet, das nur mit Fachwissen und enger Kooperation zu bewerkstelligen sei. „Es ist nicht damit getan, dass nur eine Behörde aufgestockt wird“, stellte Herrmann klar. Er forderte Weiterbildungen für die Polizei, Gerichte und entsprechende Verwaltungen.

Überwiegend befasste sich die Zentralstelle mit Eier erzeugenden Betrieben, die überbelegt waren oder ihre Eier nicht ordnungsgemäß deklariert haben. Wobei die gesamte Branche – also auch ökologisch arbeitende Betriebe – betroffen waren. 331 Verfahren gab es, wovon fünf ins Ausland und 53 an andere Bundesländer überwiesen wurden. 97 wurden eingestellt, bei 24 gab es Geldauflagen, bei 59 wurden Strafbefehle erlassen, die restlichen Verfahren sind noch offen. „Wichtig ist, dass die von den Produzenten zu Unrecht gemachten Nettogewinne wieder abgeschöpft werden“, sagte Böhm. Im Bereich Tierschutz registrierte Oberstaatsanwalt Dr. Martin Binns 79 Verfahrenseingänge. In 24 Fällen wurden Strafbefehle beantragt oder Anklage erhoben, 63 wurden eingestellt. Viele Anzeigen stellen Tierschutzorganisationen oder entstehen durch Ermittlungstätigkeiten vor Ort.

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