Oldenburg (am) Als erster Ministerpräsident hat Stephan Weil in dieser Woche den Verein Yezidisches Forum Oldenburg besucht. Begrüßt wurde er unter anderem von Ilyas Yanc, Landesverband der Êziden in Niedersachsen, und von Gülistan Ibrahim, 2. Vorsitzende des Yezidischen Forum. An dem Treffen nahmen Vertreter verschiedener Vereine wie die Gesellschaft Êzidischer Akademiker/innen und die Yezidische Jugend Oldenburg teil. Die Vorstellung der Gemeinde und die Anerkennung der ehrenamtlichen Arbeit waren Ziele der Begegnung. Moderiert wurde die Begegnung vom ehemaligen Diakonie-Referenten Theo Lampe.
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„Viele Gesichter kommen mir hier bekannt vor“, freute sich Ministerpräsident Stephan Weil. Und Ilyas Yanc betonte, dass die Gemeinde regelmäßig Einladung des Landes Niedersachsen wahrnehmen würden und man deshalb schon öfters Gespräche geführt habe. Gülistan Ibrahim bedankte sich für das Recht auf Befreiung von der Unterrichtspflicht an den zwei höchsten Feiertagen für yezidische Gemeindemitglieder. „Niedersachsen ist das erste Bundesland, das diese Regelung eingeführt hat“, so Ibrahim. Für die wachsende Gemeinde in Oldenburg wünschte sie sich Förderung für eine Hauserweiterung. Den Gebäudewunsch habe er zur Kenntnis genommen, meinte Weil, er sei nicht an geschlossenen Ohren abgeprallt.
Im Januar hat der Deutsche Bundestag die Verbrechen des „Islamischer Staat“ (IS) an den Yeziden als Völkermord anerkannt. Tausende Angehörige der religiösen Minderheit sind 2014 durch den IS verschleppt, vergewaltigt, versklavt und ermordet worden. „Zu dieser klaren Bewertung ist das Parlament auch durch die akribische Arbeit der Polizei in Oldenburg gekommen“, betonte Weil. Allerdings sei eine allgemein Asylberechtigung aktuell nicht möglich, es müssten immer noch Einzelfallbewertungen getroffen werden.
Integration sei die Bereitschaft, egal, wo wir herkommen, die anderen zu respektieren und in einer Gemeinschaft miteinander zu leben, so Weil. Die Gastgeber/innen betonten, dass Deutschland und damit auch Oldenburg für sie eine zweite Heimat auf Dauer sei. Hier sei die Zukunft – ohne die Herkunft zu verleugnen. Man wolle nicht immer nur als Opfer dargestellt werden, sondern es solle auch das Potenzial gesehen werden. Verwiesen wurde auf den hohen Bildungsgrad, den schon die zweite Generation der Yesiden in Deutschland in der Regel erreicht hätte. Für diejenigen, die nach dem Genozid (Völkermord) angekommen seien, wäre die Situation allerdings weitaus schwieriger.
Gut zu wissen
Die jesidische Religion ist vor zirka 2000 Jahren vor Christus entstanden. Die meisten Mitglieder sind Kurdinnen und Kurden. Sie werden als Jesiden geboren, eine Konversion gibt es nicht. Für sie gibt es nur einen allmächtigen Gott, ein Leben nach dem Tod, aber keine Hölle. Der Glaube wird mündlich überliefert. Die meisten Jesiden leben im Nordirak, sie sind aber auch im Iran und in der Türkei, in Syrien und in der ehemaligen Sowjetunion zu Hause. Genaue Angaben, wie viele Yeziden es gibt, sind kaum möglich, weil es keine Erhebungen in den jeweiligen Ländern gibt.
Bereits vor gut 60 Jahren kamen die ersten Yesiden nach Oldenburg, der Verein Yezidisches Zentrum Oldenburg feiert in diesem Jahr das 30-jährige Bestehen. Insgesamt leben – laut Angaben des Yesidischen Forum Oldenburg in Niedersachsen rund 250.000 Yesiden, 7000 alleine in Oldenburg. Im Verein Yezidisches Forum steht die ehrenamtliche Sozialarbeit – insbesondere mit Kindern und Jugendlichen – im Vordergrund. Hier findet Migrationsberatung für alle und Integrationshilfe für Yesiden statt. Das Haus ist kein sakrales Gebäude, sondern dient der Gemeinde als Begegnungs- und Beratungsort.
„Aufgrund des Völkermordes erleben wir aktuell in Oldenburg und in den umliegenden Landkreisen einen starken Zuwachs von Mitgliedern in unserer Gemeinde“, berichtet Ilyas Yanc. Aber immer weniger jesidische Flüchtlinge aus dem Irak werden trotz Anerkennung des Völkermordes in Deutschland anerkannt (Quelle: https://www.sueddeutsche.de/politik/jesiden-asyl-voelkermord-1.5744547).