Oldenburg / USA (pm) Nach umfangreichen Provenienz-Recherchen nach der Herkunft konnte das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg einen Lavabokessel aus dem 16. Jahrhundert, der 1934 in die Sammlung des Museums gelangt war, an den rechtmäßigen Erben zurückgeben. Der Verkauf des mittelalterlichen Gefäßes durch Bertha Goldschmidt, die einer bekannten jüdischen Familie aus Oldenburg angehörte, hatte einen NS-verfolgungsbedingten Hintergrund.
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Die Familie Goldschmidt war bereits ab März 1932 Repressalien und Übergriffen durch nationalsozialistische Funktionsträger ausgesetzt und musste ihr Haus weit unter Wert verkaufen. Die durch Verfolgung und Ausgrenzung zunehmende wirtschaftliche Not zwang die Familie zwischen 1932 und 1939 zu vier Umzügen und zum Verkauf eines Großteils ihres Hausstands. Bertha Goldschmidt gelang 1939 die Emigration nach England; ihre Eltern, Alex und Toni Goldschmidt, wurden in Auschwitz und Riga ermordet. Die Unrechtmäßigkeit des Erwerbs wird auch durch den auffallend niedrigen Verkaufspreis von 20 Reichsmark (in etwa 80 Euro) deutlich.
Das bewegende Schicksal seiner Familie wurde kürzlich in dem Spielfilm Winterreise (2019) aufgearbeitet. Der Film basiert auf Gesprächen zwischen Martin Goldsmith und seinem Vater, dem aus Oldenburg stammenden Flötisten Günther Goldschmidt, im Film verkörpert von Bruno Ganz.
Dr. Marcus Kenzler, seit 2011 Provenienzforscher am Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, konnte den nächsten Verwandten der Familie Goldschmidt und somit den rechtmäßigen Erben des Lavabokessels in den USA ausfindig machen. „Ich freue mich sehr, dass wir Martin Goldsmith den Lavabokessel aus dem Eigentum seiner Großeltern zurückgeben können“, so Kenzler. „Die erschütternde Geschichte seiner Familie zeigt, dass es auch vor 1933 schon NS-verfolgungsbedingte Verluste von jüdischem Eigentum gab. Damit wird ein neues Kapitel in der Provenienzforschung geschrieben.“
Martin Goldsmith ist in den USA ein bekannter Radiomoderator und Musikkritiker der Washington Post. Er lobt die Forschung des Landesmuseums, weil hier auch Jahrzehnten nach der NS-Zeit versucht würde, die Gerechtigkeit wiederherzustellen: „… obwohl diese Aufgabe letztendlich unmöglich sein mag“. Er versicherte, dass der Kessel einen Ehrenplatz in seinem Haushalt einnehmen werde.