Oldenburg (Michael Exner) Zehn Monate nach dem Auftakt-Aufschlag hat die Stadtverwaltung die Anlaufphase in Richtung neuer Stadtentwicklungsplanung abgeschlossen. Was Oberbürgermeister Jürgen Krogmann am Mittwoch präsentiert hat, nennt sich „Zukunft 2050“ und ist gewissermaßen der erste Meilenstein bei der Aufstellung des sogenannten integrierten Stadtentwicklungskonzeptes mit der eher sperrigen Bezeichnung „ISEK 2050/2035“. Das tritt an die Stelle des 2014 beschlossenen Konzeptes „step2025“, das seinerzeit den 1996 aufgestellten (letzten) Flächennutzungsplan ablöste, der mit den Jahren nur noch ergänzt, aber nicht mehr erneuert worden war. Im September soll der Rat das neue Konzept beschließen.
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„Wir müssen neben dem Tagesgeschäft auch die Leitplanken sehen, wohin sich die Stadt entwickelt“, sagte Krogmann bei der Vorstellung des Papiers. An der Notwendigkeit besteht für ihn kein Zweifel: „Oldenburg wächst weiter, allein in meiner Amtszeit um etwa 15 000 Einwohner.“ Das sei gut für die Stadt, weil es sie jung erhalte und Talente kämen, bringe aber auch neue Herausforderungen. „Bei meinem Amtsantritt habe ich den step 2025 vorgefunden. Da war weder von Bevölkerungszuwachs, noch von Wohnbebauung die Rede.“ In Oldenburg sei das Thema Weiterentwicklung und nicht Rückbau.
Stadtbaurätin Christine-Petra Schacht nannte das ISEK ein „informelles Planungsinstrument“, ein Leitmotiv für das Handeln der Stadt. Die Vision sei der rote Faden, der Ideen und Pläne durchziehe, leite und zusammenführe. Kritiker wenden an diesem Punkt bisweilen ein, das sei eben alles informell und folglich unverbindlich. Rechtswirksamkeit ergebe sich allein aus dem Flächennutzungsplan – und der sei halt noch von 1996. Krogmann hielt dem entgegen, Rechtsgrundlage bleibe natürlich der FNP, aber der sei über die Jahre laufend fortgeschrieben worden. Aus dieser Praxis hätten sich bislang keine rechtlichen Probleme ergeben. Die Aufstellung eines neuen Flächennutzungsplanes sei jedenfalls nicht geplant.
Auf Basis des im September 2023 vorgelegten Rohentwurfs hat die Verwaltung in diversen Runden mit Politik, Stadtgesellschaft, Region und Experten, aber auch mit Bürgerinnen und Bürgern zwölf Fokusthemen herausgearbeitet, die nun in eine breite Diskussion gehen sollen. Darunter sind:
- Starke Quartiere: Das Konzept soll Räume für bedarfsgerechten und bezahlbaren Wohnungsbau vorschlagen und Projekte für die Entwicklung von Quartieren in allen Stadtbereichen identifizieren.
- Klimaneutralität: Ermittlung von Räumen für Klimaanpassungsmaßnahmen, Wasserspeicherung und Potentialen für energetische Sanierung oder Energieproduktion.
- Zukunftsfähige Wirtschaft: Aufzeigen von räumlichen Möglichkeiten, wie sich Wirtschaft und Wissenschaft der Stadt möglichst flächeneffizient entwickeln und profilieren können. Dabei geht es auch um zentrumsnahes Handwerk und neue Mischformen von Wohnen und Arbeiten.
- Grundlagen nachhaltigen Wohlstands: Die Stadt soll weiterhin über einen ausgeglichenen Haushalt verfügen, der auch Maßnahmen zur Klimaanpassung finanzieren kann.
- Stadt der kurzen Wege: Dahinter verbirgt sich das planerische Konzept der „Zehn-Minuten-Stadt“, ein Schlagwort für die Stärkung der sogenannten Nahmobilität. Was immer der Bürger an Anlaufstelle braucht, soll er innerhalb von zehn Minuten erreichen können. Wobei aktuell offen bleibt, wieviel Begeisterung dieses Vorhaben außerhalb der Innenstadt, etwa in Ofenerdiek oder Krusenbusch, auslöst.
- Regionale Kooperation: Die regionale Zusammenarbeit soll intensiviert werden: durch gemeinsame Projekte und freiwillige Organisationsformen wie ein gemeinsames Reaktions- und Einsatzzentrum für Extremereignisse, was im Rückblick auf die Flutkatastrophe sehr sinnvoll erscheint.
Bislang war die Beteiligung der Bürgerschaft nach einer Online-Befragung mit 783 Aufrufen auf der Website, 270 Meinungsäußerungen dort und 73 Rückmeldungen in der Stadtbibliothek (vorsichtig formuliert) eher zurückhaltend – was der Oberbürgermeister nicht ganz so tragisch sieht. „Wir sind in einem Stadium, wo sehr viel weichgezeichnet ist“, sagte Krogmann. „Die Konflikte kommen dann, wenn wir in die Stadtteile gehen und es konkret wird.“
Das Konzept durchläuft jetzt die Gremien, beschließen soll es der Rat auf der Septembersitzung. Nächster Schritt wäre dann, darauf aufbauend, die Arbeit an „ISEK 2035“. Da werden übergeordnete sowie bereits vorhandene städtische Programme Strategien und Konzepte (wie z.B. Mobilitätsplan, Innenstadtstrategie, Einzelhandelsentwicklungskonzept, Klimaschutzplan) aufeinander abgestimmt und bei Bedarf aktualisiert. Daraus sollen sich Handlungsfelder für die räumliche Entwicklung der Stadt bis 2035 ergeben. Die Entscheidung darüber fällt allerdings erst der neue Rat nach der Wahl im Herbst 2026.