Intelligente Netze, also auch Rohrleitungen, spielen eine entscheidende Rolle beim Klimawandel.
Foto: Michael Stefan
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Oldenburg / zb – Wenn die Bundesregierung es ernst meint mit der Energiewende, dann führt am Ausbau der Fernwärme kein Weg vorbei, lautete das Fazit des 29. Oldenburger Rohrleitungsforums, das heute in der Jade Hochschule zu Ende ging und vom Institut für Rohrleitungsbau (iro) veranstaltet wurde. Gegenwärtig liegt der Anteil an Fernwärme bundesweit bei zwölf Prozent.
Die Frage, welche Rolle Fern- und Nahwärmenetze für die Energiewende spielen, ist nicht zuletzt deshalb so spannend, weil die Energiedebatte sich fast ausschließlich auf den Strom konzentriert. Dass ein Großteil der erforderlichen Energien in den Wärmemarkt geht, ist längst noch nicht im Bewusstsein von Politik und Gesellschaft angekommen, beobachten Fachleute.
Rund 3000 Experten aus dem In- und Ausland befassten sich zwei Tage mit dem Thema „Rohrleitungen im Wärme- und Energietransport“. Durch Kraft-Wärme-Kopplung ließen sich Wirkungsgrade von 50 auf 90 Prozent steigern, hieß es auf der Veranstaltung. Bei der Frage nach der Wärmeversorgung der Zukunft werde die Fernwärme als Technologie für die optimale Nutzung unserer begrenzten Primärenergie deshalb an Bedeutung gewinnen, sind die Fachleute überzeugt.
Dabei sind die Einsatzmöglichkeiten für die Fernwärme vielfältig. „Der Transport von temperiertem Wasser muss nicht zwangsläufig über größere Distanzen erfolgen, und neben der Beheizung eignet sich die Fernwärme auch zur Kühlung von Wohnräumen“, klärt Prof. Thomas Wegener, Vorstandsmitglied des Instituts für Rohrleitungsbau (iro), Geschäftsführer der iro GmbH Oldenburg und Vizepräsident der Jade Hochschule am Studienort Oldenburg, auf. „Dass Wasser sich darüber hinaus als Energiespeicher eignet, macht die Fernwärme zum Thema, das es verdient, über alle Disziplinen hinweg beleuchtet zu werden.“
Fernwärme sei ein wichtiger Baustein im Energiemix, weshalb die Experten vor einem Domänendenken warnten. Vielmehr müssten alle Systeme optimal miteinander verknüpft werden, so der Tenor. „Der Ausbau der Fernwärme ist sowohl technisch als auch wirtschaftlich möglich“, erklärte Thomas Grage, Geschäftsführer der Fernwärme-Forschungsinstitut GmbH in Hannover. Er verwies auf Flensburg, wo die Wärmeversorgung inzwischen fast zu 100 Prozent durch Fernwärme erfolge. Ähnlich verhalte es sich in Schwerin und Hamburg.
Allerdings sei die Bundesregierung gefordert, klare Zeichen für zukunftssichere Planungen zu setzen. Voraussetzung für den Betrieb von Fernwärmenetzen sei jedoch der Einsatz umweltschonender Technologien für die Kraft-Wärme-Kopplung. „Der politisch gewollte, aber wirtschaftlich schwierige Betrieb von gasbetriebenen Heizkraftwerken ist insofern problematisch, als der Preisdruck durch erneuerbare Energien, die fehlende Wirksamkeit des Emissionshandels und der Wettbewerb mit Kohlekraftwerken zu immer geringeren Laufzeiten führen“, meinte Lutz Nieke, Bereichsleiter Technik bei den Stadtwerken Schwerin. Er forderte die Regierung auf, Fernwärme wie Windenergie oder Biogasanlagen finanziell zu flankieren.
Wichtig sei es, sich über die Vielfalt der Techniken und das Zusammenspiel der Systeme auszutauschen. Genau deshalb habe das iro das Thema Fernwärme zum roten Faden des Rohrleitungsforums gemacht, meinte Wegener. „Letztlich geht es um den Klimawandel, der uns künftig noch mehr als bisher beschäftigten wird und da spielen intelligente Netze – und dazu gehören Rohrleitungen – eine wichtige Rolle“, stellt Wegener klar. „Die Umgestaltung der Energieversorgung ist und bleibt somit das beherrschende Thema dieses Forums“, meinte er abschließend.