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Schicksal Snowdens bewegt auch Oldenburg

Susanne Mittag (MdB) und Dennis Rohde (MdB) bezogen Stellung zum Thema Die NSA-Affäre – Abhörskandal in Deutschland.

Susanne Mittag (MdB) und Dennis Rohde (MdB) bezogen Stellung zum Thema „Die NSA-Affäre – Abhörskandal in Deutschland“.
Foto: Anja Michaeli

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Oldenburg (am) – Auf Einladung des SPD-Bundestagsabgeordneten Dennis Rohde berichtete die stellvertretende Ausschussvorsitzende Susanne Mittag (MdB, SPD) gestern im Oldenburger OL’s Brauhaus über ihre Arbeit im NSA-Untersuchungsausschuss. Anschließend diskutierten rund 45 Teilnehmer über das Thema Überwachung und das Schicksal von Whistleblower Edward Snowden.

Die Enthüllungen von Edward Snowden haben eine weltweite Diskussion über die Sicherheit von Daten und Kommunikation ausgelöst. Zur Klärung der offenen Fragen hat der Bundestag zu Beginn dieser Legislaturperiode einen Untersuchungsausschuss eingerichtet, den alle Fraktionen gemeinsam beantragt haben. Er besteht aus acht Ausschussmitgliedern und acht Stellvertretern (4 CDU/CSU, 2 SPD, 1 Die Linke, 1 Bündnis90/Die Grünen). Der Ausschuss tagt zu 80 Prozent öffentlich. Es wird nicht gerichtet, sondern Zeugen werden gehört und Akten gewälzt. 2017 soll es einen abschließenden Bericht geben.

Seit einem Jahr wurden während 68 Sitzungen rund 50 Zeugen – teilweise mehrfach – gehört und Hunderte von Akten gesichtet – zahlreiche davon geschwärzt. Ein umfassender Einblick würde jetzt verhandelt, einzelne Akten konnten die Ausschussmitglieder an einem „neutralen“ Ort einsehen, so die SPD-Bundestagsabgeordnete Susanne Mittag aus Delmenhorst. Eine Clearingstelle musste deshalb eingerichtet werden. Zur Überraschung der Gäste erklärte Mittag aber: „Es konnte kein Rechtsbruch beim Bundesnachrichtendienst (BND) festgestellt werden, obwohl der Rahmen der Möglichkeiten sehr weit ausgelegt wurde. Es gibt keine Hinweise, dass der BND massenhaft Daten von Bürgern weitergegeben hat.“ Die Vorschriften müssten trotzdem verbessert werden. „Die technische Entwicklung ist so rasant vorangegangen, dass differenzierte Änderungen im Gesetz nötig sind.“

Susanne Mittag erklärte, dass der Ausschuss zunächst vor der eigenen Haustüre habe kehren wollen und sich deshalb um die mögliche Mitwirkung des BND gekümmert habe, bevor es um die millionenfache Grundrechtsverletzungen des Geheimdienstverbundes – der sogenannten „five-eyes-Staaten“ (Australien, Neuseeland, Kanada, Großbritannien und die USA) – gehen würde. „Wir können natürlich davon ausgehen, dass auch andere Länder wie Russland oder China es versuchen.“ Nun stellen sich unter anderem Fragen nach der Beteiligung der Botschaften, wie lange die Bundesregierung informiert war, ob die deutschen Behörden davon gewusst haben und ob Verhinderungsmaßnahmen getroffen wurden. Als nächstes werden Mitarbeiter von Facebook, Apple, Google, Microsoft und anderen Unternehmen eingeladen. Gerne würden die Ausschussmitglieder auch mit ehemaligen NSA-Chefs sprechen. Mit Spannung erwartet die stellvertretende Ausschussvorsitzende die Zeugen: „Was ist da wirklich gelaufen, was werden wir erfahren?“

In der Diskussion forderten Gäste die Einhaltung der Menschenrechte, sie bewegt das Schicksal Snowdens. „Wir gehen mit ihm um wie Feiglinge.“ Sein Leben sei gefährdet, wenn sich nicht alle für ihn stark machen würden. „Er braucht Schutz“, forderte ein Teilnehmer. Mit Edward Snowden seien die Ausschussmitglieder in regelmäßigem Kontakt, erklärte Susanne Mittag. „Mit den zahlreichen Hinweisen von ihm können wir weitermachen.“ Er müsse nicht für eine Aussage nach Deutschland kommen, denn jetzt gehe es in erster Linie um seine Sicherheit. Er habe nun eine Aufenthaltsgenehmigung für drei Jahre in Russland erhalten. „Aber was passiert mit ihm in den nächsten 40 Jahren?“ In Deutschland könne er kein freies Leben führen, ist sich Mittag sicher. „Das ist absolut illusorisch.“ Es ginge um eine Lösung, damit Snowden wieder nach Hause kann.

Zusammenfassend stellte Susanne Mittag fest: „Die Politik hat es sträflich verpasst, die Bürger vor der Massenkontrolle zu schützen.“ Und Dennis Rohde betonte: „Es darf in unserem Rechtsstaat nicht sein, dass jeder Geheimdienst vorsorglich unsere Daten sammelt und die Kommunikation auswertet.“

Schlussendlich wies die ehemalige Kriminalbeamtin darauf hin, dass nicht alles von der Bundesregierung geregelt werden könne. Die Nutzer müssten bei der Sicherheit ihren Beitrag leisten. Susanne Mittag forderte den Einsatz von Verschlüsselungstechnik, Aufbau einer eigenen deutsch-europäischen Sicherheitstechnik und eine Änderung des Bewusstseins im Umgang mit persönlichen Daten. „Was Geheimdienste können, können Kriminelle auch“, warnte sie.

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