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Seniorenheim im Visier von Wallraff

Das Oldenburger Seniorenheim Amarita geriet ins Visier des Team Wallraff.

Das Oldenburger Seniorenheim Amarita geriet ins Visier des „Team Wallraff“.
Foto: Katrin Zempel-Bley

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Oldenburg / zb – Bereits im Vorfeld der Ausstrahlung der Sendung „Team Wallraff“ auf RTL am Montagabend hat die Marseille-Kliniken AG Strafanzeige gegen RTL-Mitarbeiter wegen heimlicher Bild- und Tonaufnahmen sowie des widerrechtlichen Eindringens in die Wohnräume der Bewohner der Oldenburger Senioreneinrichtung Amarita GmbH gestellt.

Am 22. Mai hätten sich zwei Männer unter falschem Namen und falschen Angaben in die zum Konzern der Marseille-Kliniken AG gehörenden Einrichtung Amarita eingeschlichen, um mutmaßlich heimliche Film- und Tonaufnahmen zu machen, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Beide Männer seien von Mitarbeitern als Reporter des „Team Wallraff“ identifiziert worden. Es habe sich um Günther Wallraff und Torsten Misler gehandelt.

„Wir sehen uns zu dieser Strafanzeige veranlasst, weil ganz offensichtlich RTL-Reporter erneut in den persönlichen, geschützten Lebens- und Wohnraum unserer Bewohner eingedrungen sind, um von ihnen Ton und Filmaufnahmen zu machen. Diese billige Quotenjagd der RTL-Reporter ist würdelos und unterschreitet alle ethischen Standards des Journalismus“, findet Dieter Wopen, Vorstandsvorsitzender der Marseille-Kliniken AG.

Schon einmal wurde eine Einrichtung der Marseille-Kliniken AG Ziel von Reportern von „Team Wallraff“. Deren Reporterin Pia Osterhaus hatte sich als Praktikantin unter falschem Namen eingeschlichen und heimlich Ton- und Filmaufnahmen von Mitarbeitern, aber auch von Bewohnern gemacht, die im Mai 2014 ausgestrahlt wurden. „Wir kratzen nicht nur an der Oberfläche, wir bleiben dran“, erklärte RTL-Sprecher Matthias Bolhöfer auf Nachfrage. „Denn wir hatten nach der Sendung im Mai 2014 eine starke Publikumsresonanz mit vielen neuen Hinweisen auf Missstände in Seniorenheimen.“ Auch damals wurde Strafanzeige gestellt. Allerdings ohne Erfolg. „Das ging aus wie das Hornberger Schießen“, berichtet der Sprecher. „Deshalb sehen wir der Strafanzeige gelassen entgegen.“

Weil Wallraff mehrfach auf die schlechte Qualität des Essens in den Häusern der Marseille Kliniken aufmerksam gemacht worden war, nahm er das Oldenburger Seniorenheim an der Clausewitzstraße ins Visier. In der Sendung ging es um die Hygiene in Großküchen. Unter anderem bewarb sich eine Redakteurin als Praktikantin bereits im vergangenen Jahr im Seniorenheim und bekam tiefere Einblicke in den Umgang und die Verarbeitung von Lebensmitteln. So berichtete sie von Dreck in der Küche und Schimmel auf einer Bratensauce. Wie gefährlich diese Zustände sind, sollten Proben belegen, die die Redakteurin heimlich nahm und untersuchen ließ. Demnach wurden diverse Darmkeime und eben Schimmel nachgewiesen.

Wallraff selbst gab vor, für seine Frau einen Pflegeplatz zu suchen und nahm an einem Probeessen teil, das nach seinen Wertmaßstäben durchfiel: Labberiger Salat, viel Panade wenig Fisch und ein vollkommen überzuckerter Griesbrei.

Selbst wenn angebliche Reinigungsmängel in der Einrichtung vorliegen würden, so rechtfertige das nicht den schweren Eingriff in die Grundrechte der Bewohner des Seniorenheims, heißt es in einer Stellungnahme der Marseille Kliniken. Das Amt für Verbraucherschutz und Veterinärmedizin der Stadt Oldenburg kontrollierte das Seniorenheim im März routinemäßig und stellte Mängel bei der Lagerung von Lebensmitteln fest. Bei einer unangemeldeten Prüfung am 22. Mai wurden leichte Mängel beklagt, teilte Stadtsprecher Reinhard Schenke auf Nachfrage mit.

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