Diakonie: Tarifverhandlungen drohen zu scheitern
Die Tarifverhandlungen sind in der Sackgasse. Die Mitarbeiter protestierten gegen das Arbeitgeberangebot vor dem „Haus der Diakonie“.
Foto: Anja Michaeli
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Oldenburg/am – Rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diakonie aus dem Weser-Ems-Bezirk nahmen am heutigen Montag vor dem „Haus der Diakonie“ in Oldenburg an einer Kundgebung für bessere Bezahlung teil. Weitere Proteste fanden in Braunschweig und Hannover statt. Unter dem Motto „Das Geld liegt leider nicht auf der Straße“ machten sie auf die schleppenden Tarifverhandlungen aufmerksam, die kurz vor einem Schlichtungsverfahren stehen.
Bisher haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Diakonie und Kirche in Niedersachsen ohne Unterstützung der Gewerkschaft ver.di und ohne Streikrecht über ihre Gehälter verhandelt. Am 1. Oktober 2014 wurde ein erster Mantel-Tarifvertrag vereinbart. Seit November finden Tarifverhandlungen um höhere Gehälter für die rund 37.000 Beschäftigten statt. Sie sind jetzt in eine Sackgasse geraten, wie die ver.di-Gewerkschaftssekretärin und Verhandlungsführerin, Annette Klausing, mitteilt.
Ver.di hatte für die Mitarbeiter eine Anhebung der Entgelte um 100 Euro und darauf eine Erhöhung von 3,5 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten gefordert. „Wir haben uns dabei an den Forderungen des Öffentlichen Dienstes orientiert“, so Klausing. Vier Verhandlungstermine haben stattgefunden. „Die Verhandlungen verlaufen schleppend und überhaupt nicht befriedigend“, klagt die Verhandlungsführerin. Es gehe einen Schritt vor, aber zwei zurück.
Im Dezember haben die Arbeitgeber unter Verhandlungsführer Jens Rannenberg von der Dachstiftung Diakonie 4 Prozent Lohnerhöhung geboten. „Die Arbeitgeber haben bisher, berechnet auf zwölf Monate, lediglich rund 1,3 Prozent angeboten. Die einzelnen kleinen Erhöhungen ergeben zwar irgendwann einmal in der Summe 4 Prozent, dies allerdings erst im Jahr 2017“, so Klausing. Zur Eskalation kam es, als die Arbeitgeber in der vierten Verhandlungsrunde im Januar ihr Angebot auf 4,2 Prozent erhöhten – unter der Bedingung einer Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer an der Zusatzversorgung. Dass ein Angebot im Rahmen von Tarifverhandlungen verschlechtert würde, sei sehr ungewöhnlich und nicht seriös, meint dazu Annette Klausing. Dazu käme, dass die Beschäftigten der Altenhilfe und im Servicebereich eine geringere Steigerung erhalten sollten (wie auch schon 2013).
Annette Klausing erklärt, dass die Tarifentgelte nach dem neuen Pflegestärkungsgesetz in den Pflegesätzen berücksichtigt werden müsste. Deshalb könnten höhere Gehälter refinanziert werden. Das wiederum muss von den Institutionen mit den Kostenträgern (Sozialversicherungen und Kommunen) verhandelt werden.
Annette Müller von der ver.di-Tarifkommission klagt: „Wir finden in der Altenpflege keine Fach- und Hilfskräfte mehr.“ Sie fordert unter anderem bessere Rahmenbedingungen. Zudem würden gerade die prekären Arbeitsverhältnisse forciert, denn es gebe zahlreiche Teilzeitkräfte in der Altenhilfe. Viele müssten sich zusätzliche Hilfe vom Staat holen, um zu überleben. Dabei würde in Sonntagsreden immer betont, wie wichtig diese Arbeit sei. „Das widerspricht eklatant der sonst geäußerten Wertschätzung der Pflegearbeit – Wertschätzung darf nicht nur in Worten geäußert werden, sie muss sich auch im Lohn widerspiegeln“, so Annette Klausing.
Bevor die Gewerkschaft ver.di in ein Schlichtungsverfahren geht, wird morgen, Dienstag, 27. Januar, noch einmal in Hannover verhandelt. Sollte es zu keiner Einigung kommen, werden beide Parteien jeweils einen Schlichter benennen. Gemeinsam mit diesen Schlichtern wird noch einmal über Lösungen nachgedacht, bevor frühestens Ende Februar ein Schlichtungsergebnis festgestellt werden kann.
Für die Bereitschaft zum Streik ist zum Beispiel bei Altenpflegerinnen eine hohe Hemmschwelle zu überwinden. „Wir sind in dienenden Berufen tätig. Da kann man nicht einfach das Fließband still stellen“, so Thomas Schalm, Mitarbeiter der Diakonie / Fachkommission der Diakonie und der Caritas in Weser-Ems. Die ver.di-Verhandlungsführerin Annette Klausing will erst mit kleinen Aktionen reagieren, bevor ein Streik ausgerufen wird.
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