Oldenburg (am) Zum ersten Mal trafen sich in dieser Woche Mitglieder der Oldenburger Werbegemeinschaften zu einem gemeinsamen Termin, um sich über die Fortschreibung des Einzelhandels-Entwicklungskonzepts (EHEK) der Stadt Oldenburg informieren zu lassen. Den Vortrag begleiteten die rund 100 Gästen kritisch. Das Thema Schlosshöfe, seine Auswirkungen und eine möglich Ansiedlung des Saturn-Marktes wurden kontrovers diskutiert.
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Das EHEK aus 2007 wird zurzeit fortgeschrieben. Daran arbeitet ein Arbeitskreis, der aus Vertretern der Industriehandelskammer Oldenburg, Politik, Kaufmannschaft, Stadtteile, des City Managements Oldenburg (CMO), Handelsverbandes Nordwest und der Verwaltung besteht. Noch sei das Konzept vom Rat nicht beschlossen, so Stadtbaurätin Gabriele Nießen, die versprach, dass es im Herbst Möglichkeiten für Diskussionen, Fragen und Anmerkungen geben würde. Dem Rat soll das Konzept Ende des Jahres zum Beschluss vorgelegt werden.
Der Stadt- und Regionalplaner Dr. Donato Acocella stellte den Zwischenstand vor. Er hielt fest, dass im Vergleich mit 1993 die Betriebe immer größer würden, kleine Einheiten verschwänden. „Der Umsatz im Verhältnis zu den Quadratmetern sinkt“, so Acocella. Auch deshalb würden die Immobilienbesitzer eine große Rolle spielen. „Die Zeiten sind vorbei, wo man mit einer Erdgeschossfläche die Rente finanzieren konnte“. Mit Blick auf die Leerstände erklärte Acocella, dass Spielotheken dort einfallen würden, wo keine anderen Gewerbe mehr kommen. „Das sieht man an Oldenburg. Viele Leerstände sind kaum verwunderbar, wenn man sich die Geschäfte ansieht.“ Eine Fläche von 30 Prozent auf der „Grünen Wiese“ sei guter Bundesdurchschnitt. Außerdem verfüge Oldenburg als Oberzentrum „gigantische Werte“ unter anderem bei Bekleidung und Schuhen. „Ihre Innenstadt ist extrem dominierend“, sagt Acocella.
Einige Stadtteile wären stark im Bereich Nahversorgung, aber nicht alle, und auf diesem Problem liegt der Hauptaugenmerk des Arbeitskreises. „Mit der Nahversorgung, die ohne Verkehrsmittel erreichbar sein muss, sind Teile Oldenburgs schlecht versorgt“. Die Stadtteilzentren würden davon leben, dass die Menschen täglich etwas brauchen – seien es Dienstleistungen oder vom Handel. „Wenn das verschwindet, dann verschwinden auch die Stadtteilzentren“. Stadtbaurätin Gabriele Nießen dazu: „Es ist unsere Aufgabe, dass wir aus denen, die es noch nicht sind, vitale und starke Stadtteilzentren machen“. Die Versorgung müsse auch für die ältere Bevölkerung fussläufig erreichbar sein. Für neue Einzelhandelsangebote prognostiziert der Gutachter einen Entwicklungsspielraum und wettbewerbsneutralen Zuwachs von Null. „Alles was neu dazukommt, verdrängt Bestehendes.“ Als Konkurrenz sieht er Onlineshopping und gut aufgestellte Nachbargemeinden.
Im Mittelpunkt des neuen Konzeptes stehen die 19 Stadtteilzentren. Sie werden eingestuft und erhalten eine Versorgungsaufgabe. Es gebe immer verschiedene Interessen, so Acocella. Die Maßnahmen könnten dazu führen, dass es irgendjemanden wehtut. Genau darum sorgen sich die Mitglieder der Werbegemeinschaften, sie fürchten um ihre Umsätze. „Ein Einkaufsentwicklungskonzept besteht nicht nur aus Beschränkungen, sondern dient auch Ihrem Schutz“, betonte Nießen. Rolf Knetemann, Geschäftsführer des Handelsverbandes Nordwest, appellierte an die Anwesenden, sich mit dem Thema zu beschäftigen. „Sehen sie sich die grundstücksscharfen Grenzen an, denn sie werden gezogen. Wer sich innerhalb dieser Grenzen befindet, hat als Einzelhändler viel größere Spielräume.“
Die Kaufleute nahmen Bezug auf die Ansiedlung der ECE-Schlosshöfe – aktuell zum möglichen Zuzug des Elektrofachmarktes Saturn. Der wird voraussichtlich in der kommenden Woche beschlossen. „Es hängt davon ab, ob ein Ersatz für das City Center Oldenburg (CCO), in dem der Saturn-Markt jetzt angesiedelt ist, gefunden wird“, erklärte Hans-Georg Hess, Vorsitzender der Werbegemeinschaft, und CDU-Ratsherr. Der CMO-Vorsitzende Christoph Baak warf ein, dass es zwei Interessenten geben würde, die dafür Sorge tragen wollen, dass „der Standort nicht ausblutet“. Und weiter sagte er: „Hätte das ECE die gewünschte Größe bekommen, hätten die Schlosshöfe heute nicht die Probleme“. Dies sei eine politische Entscheidung gewesen. Nießen erklärte, dass sich das ECE-Center nicht negativ auf den Einzelhandel in der Innenstadt ausgewirkt hätte. Fragen nach einzelnen Standtorten wie das Kreyenzentrum oder Leerstände in der Nadorster Straße wurden an diesem Abend nicht beantwortet. Den Wünschen nach Ausnahmegenehmigungen erteilte der Stadtplaner eine Absage: „Der Rat ist gut beraten, sich tunlichst an das Konzept zu halten, sonst bricht ihm der Rest zusammen“.