Ausbildung

„VerA“: Hilfe vor Ausbildungsabbruch

Siegrid Schwengber, Heinz Auktun, Astrid Kloos, Ludger Wester und Seniorexperte Bernd Munderloh zogen Bilanz nach sechs Monaten VerA.

Siegrid Schwengber (VerA), Heinz Auktun (HWK), Astrid Kloos (VerA), Ludger Wester (IHK) und Seniorexperte Bernd Munderloh (von links) zogen Bilanz nach sechs Monaten „VerA“.
Foto: Anja Michaeli

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Oldenburg (am/zb) – Im März wurde „VerA“, eine Initiative zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen für das Oldenburger Land ins Leben gerufen. Jetzt trafen sich rund 20 ehrenamtliche und geschulte Begleiter der Initiative, die vom Bundesministerium für Bildung unterstützt wird, erstmals zum Erfahrungsaustausch in Oldenburg und zogen eine durchweg positive Bilanz.

„‚VerA‘ hat sich bewährt“, fasst Siegrud Schwengber, VerA-Regionalkoordinatorin Oldenburg, zusammen. „Sowohl Eltern, Betriebsinhaber oder Azubis – sie alle haben in den vergangenen acht Monaten Kontakt mit uns aufgenommen, um unsere begleitende und kostenlose Hilfe in Anspruch zu nehmen. Insgesamt hatten wir 31 Anrufer, davon haben 21 einen Betreuer bekommen. Und um es gleich vorweg zu nehmen, in 95 Prozent der Konfliktfälle konnten wir schlichten.“ Über den Senior Experten Service (SES) werden die „VerA-Tandems“ aus hilfesuchenden Azubis und Fach- und Führungskräften im Ruhestand zusammengeführt. Im Kammerbezirk der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Handwerkskammer Oldenburg (HWK) betreuen unter anderem Küchenmeister, Physiker, Steuerberater, Kaufleute oder Landwirte die Auszubildenden. Die Nachfrage ist besonders in den Berufen Friseur, Koch, Bäcker, Fachverkäufer, Hotelfachleute und Malern groß. Das Angebot basiert auf Freiwilligkeit, Vertrauen und Verschwiegenheit. Wenngleich sich auch Betriebe und Verwandte an „VerA“ wenden können, die Jugendlichen selbst sollen das Hilfegesuch stellen.

Konkret geht es unter anderem um Probleme mit der Berufsschule, um Prüfungsangst, private Probleme, Streit mit dem Chef oder Kollegen oder eben um die Ausbildung, die ihnen nicht gefällt und die sie abbrechen wollen. „Die Anrufer sind mit ihrem Latein am Ende und bitten uns, ihnen zu helfen“, berichtet Schwengber. Ist das Problem beschrieben, bemüht sie sich um einen ehrenamtlichen Betreuer, der als Mentor oder Brückenbauer fungiert, ganz in der Nähe des Anrufers, der sein Arbeitsleben bereits hinter sich hat und über allerhand Berufs- und Lebenserfahrungen verfügt. „Zudem sind wir Außenstehende, also nicht in den Konflikt verwickelt und können deshalb gelassen und ruhig an die Sache herangehen und die Kontrahenten aus der Sackgasse herausführen“, berichtet Schwengber.

„VerA“ ist primär für Azubis da, die in irgendeiner Form Schwierigkeiten mit ihrer Ausbildung haben. „Alles, was wir tun, ist absolut vertraulich und wird mit den Anrufern abgestimmt“, stellt Schwengber klar. „Sie brauchen also gar nichts befürchten. Im Gegenteil: In der Regel finden wir schnell geeignete Lösungen. Wir sind allerdings kein Nachhilfeunternehmen.“

Die Betreuer beleuchten einen Konflikt zunächst mit dem Anrufer und in der Folge meistens mit jenen Personen, die sonst noch daran beteiligt sind. Es erfolgt eine Art Mediation. Jeder stellt seine Sicht der Dinge dar, man entwickelt Verständnis für den anderen und durchschlägt so langsam aber sicher den gordischen Knoten.

Im Oldenburger Land gibt es derzeit 28 Betreuer. Bundesweit sind es derzeit 2500 Senioren, die Jugendliche bei Schwierigkeiten begleiten. Die Handwerkskammer Oldenburg begrüßt die Initiative, „weil der Bedarf an kompetenten und verständnisvollen Mentoren groß ist“, weiß Wolfgang Jöhnk Ausbildungsbeauftragter bei der HWK. „Wir werden oft von Betrieben angesprochen, weil es Probleme mit Azubis gibt. Dass sie neuerdings mit Hilfe von ‚VerA‘ konstruktiv gelöst werden, findet unsere Unterstützung.“ Der Vorteil von „VerA“ sei, dass es sich nicht um eine institutionelle Förderung handele, sondern dass die Ansprechpartner für die unterschiedlichsten Fragestellungen vermittelt werden können, so Ludger Wester von der IHK. Dabei könne sich diese Einzelfallbetreuung auch über einen längeren Zeitpunkt ziehen, sagt Heinz Auktun von der HWK.

Einer der lebenserfahrenen Berater ist der pensionierte Lehrer Bernd Munderloh aus Oldenburg. Zurzeit betreut er zwei Auszubildende: einen zukünftigen Metallbauer, der vor zwei Jahren von der Elfenbeinküste nach Deutschland kam und in Edewecht seine Ausbildung macht, und einen Jeziden, der in Oldenburg zum Automobilkaufmann ausgebildet wird. Wöchentlich kümmert sich Bernd Munderloh drei Stunden lang um die beiden jungen Männer. Dabei geht es um die Verbesserung der Deutschkenntnisse und um allgemeine Lebenshilfe. „Ich habe das Gefühl, dass ich als Vertrauensperson angesehen werde“, so Munderloh, dem die Aufgabe viel Freude bereitet.

Dass sich von 22 Berufsbildenden Schulen im Oldenburger Land nur drei mit „VerA“ in Verbindung gesetzt haben, bedauert Schwengber. „Ich habe sie alle angeschrieben und informiert, aber die Resonanz war bedauerlich. Dabei wissen wir, dass es auch hier Konflikte gibt, bei denen wir behilflich sein könnten.“ Nun werde sie die Schulen in einer zweiten Runde ansprechen und hofft auf mehr Rückmeldungen.

Wer „VerA“ in Anspruch nehmen möchte, kann sich an Siegrid Schwengber, Telefon 04 41 / 21 98 88 50 oder 01 60 / 801 00 13 melden, um „VerA“ aktiv zu unterstützen. Neben den Jugendlichen, Betrieben, Eltern und Schulen können sich auch die Senioren an sie wenden, denn es werden weitere „Brückenbauer“ gesucht.

Senior Experten Service

Der Senior Experten Service (SES) in Bonn hat gemeinsam mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Ausbildungsinitiative „VerA“ gegründet. Seit März gibt es sie auch im Oldenburger Land. Dafür haben sich die Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer Oldenburg erfolgreich eingesetzt.
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