Ausstellung

„Götter & Helden“: Meisterwerk zurück in Oldenburg

Gekettet an einen Felsen im Kaukasus reißt dem Titanen Prometheus ein Adler jeden Tag die Leber heraus, die ihm in der Nacht nachwächst. Eine Strafe von Zeus, weil er den Menschen verbotenerweise das Feuer gebracht hat. Rubens-Werkstatt, „Der gefesselte Prometheus“, um 1613.

Gekettet an einen Felsen im Kaukasus reißt dem Titanen Prometheus ein Adler jeden Tag die Leber heraus, die ihm in der Nacht nachwächst. Eine Strafe von Zeus, weil er den Menschen verbotenerweise das Feuer gebracht hat. Rubens-Werkstatt, „Der gefesselte Prometheus“, um 1613.
Foto: Sven Adelaide

Oldenburg (Dominik Laupichler) „Das Kind kommt nach Hause“. Mit diesen Worten drückte Dr. Kathrin Höltge vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur die Freude über die Rückkehr des Gemäldes „Der gefesselte Prometheus“ nach Oldenburg aus. Zum ersten Mal seit 100 Jahren ist das um 1613 fertiggestellte Gemälde aus der Rubens-Werkstatt in der Sonderausstellung „Götter & Helden – Mythologische Malerei im Barock und heute, feat. Michael Ramsauer“ bis 2. Februar im Augusteum in Oldenburg zu sehen.

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Peter Paul Rubens „Der gefesselte Prometheus“

Jeden Tag muss der Titan Prometheus die gleiche Qual erleiden. Gekettet an einen Felsen im Kaukasus reißt ihm ein Adler die Leber heraus, die ihm in der Nacht nachwächst. Eine Strafe des Göttervaters Zeus. Denn Prometheus hatte der Menschheit trotz eines Verbotes das Feuer gebracht. Peter Paul Rubens hat dieser Szene zusammen mit den Malern in seiner Werkstatt ein Denkmal gesetzt. Mit seiner sehr detailgetreuen Darstellung des schmerzerfüllenden Herausreißens der Leber schafft es Rubens die Qualen des Titans eindrucksvoll für den Betrachter einzufangen. Als eines der zehn Hauptwerke ist das Gemälde Rubens eines der wichtigsten Stücke aus der ehemaligen Großherzoglichen Gemäldegalerie Oldenburgs. Wie die Sage selbst hat das Gemälde eine längere Geschichte. Vor 100 Jahren gelang es nach der Abdankung des Großherzogs Friedrich August zunächst in die Niederlande, wo es 1924 erst der Kunsthändler Jacques Goudstikker ersteigerte, bevor er es weiter an den Industriellen Ernst Proehl verkaufte. Nach der Besetzung der Niederlande im Zweiten Weltkrieg musste Proehl das Gemälde aufgrund seines jüdischen Familienhintergrundes verkaufen. Es war für das „Führermuseum Linz“ vorgesehen, bevor das Gemälde 1951 wieder an die Niederlande restituiert. Erst 2009 gelang es wieder in den Besitz der rechtmäßigen Erben. Das über 400 Jahre alte Gemälde besitzt mittlerweile eine ganz eigene Biografie, die einen Einblick liefert in die Entstehungsgeschichte des Bildes und seines technologischen Aufbaus. Aktuell befindet sich das Gemälde in einem teil-restaurierten Zwischenzustand.

Die Sonderausstellung „Götter & Helden“

Das Gemälde ist der Ausgangs- und gleichzeitiger Höhepunkt der Sonderausstellung „Götter & Helden“ im Augusteum in Oldenburg. Alte Meister treten mit neuen Werken in den Dialog. Insgesamt werden in der Sonderausstellung rund dreißig Gemälde aus dem Bestand des Landesmuseums sowie Leihgaben anderer Museen präsentiert. Darunter Werke von Peter Paul Rubens, Bartholomäus Spranger, Jan Steen, Gerard de Lairesse oder Alessandro Varotari. Hinzu kommen die zeitgenössischen Werke von Michael Ramsauer. Er sei besonders stolz darauf, zum ersten Mal eine Ausstellung mit den hauseigenen Barockgemälden der Altmeister für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, betont Museumsdirektor Dr. Rainer Stamm.

In sieben Ausstellungskapiteln mit Titeln wie „Schicksal“, „Liebe und Begehren“ oder „Rache und Tod“ umrahmen weitere barocke Altmeistergemälde über antike Mythengeschichten Rubens Darstellung des gestraften Prometheus. Die eigens für die Ausstellung angefertigten Werke des zeitgenössischen Künstlers Michael Ramsauer, der die antiken Mythen abermals in seinen Gemälden aufgreift, ergänzen die alten Werke. Durch den kontrastierenden künstlerischen Stils Ramsauers wird ein visueller und inhaltlicher Dialog zwischen alter und zeitgenössischer Interpretation der antiken Mythen ermöglicht. Die Kuratorin Dr. Anna Heinze hat sich bei der Konzeption der Ausstellung Fragen aus heutiger Perspektive gestellt: „Warum soll ich mir diese Werke anschauen? Was sagen sie mir?“ Die barocken Gemälde der Altmeister alleine zu zeigen wäre für sie nicht ausreichend gewesen. Damit eine neue Perspektive auf die Bilder ermöglicht wird, war es nötig diese mit den zeitgenössischen Werken von Ramsauer zu kombinieren. Mit Heinzes Konzept einen visuellen Kontrast durch die Gegenüberstellung der unterschiedlichen Stile zu erzeugen, erscheinen die alten wie auch neuen Werke in einem ganz anderen Licht. Die mythologischen Figuren wie der Titan Prometheus, die Liebesgöttin Venus oder den Kriegsgott Mars zeigen durch ihre von Liebe, Eifersucht, Heldenmut und Intrigen getränkten Geschichten eine sehr menschliche Seite, die auch heutzutage noch Menschen in ihren Bann ziehen können. Nach wie vor begegnet man ihren Bildern im Film, in der Literatur oder der Werbung. Für Michael Ramsauer bilden die antiken Mythen daher einen festen Bestandteil der Menschheitsgeschichte: „Die mythologischen Geschichten begegnen uns durch die Zeit hinweg ständig.“

Barock trifft auf zeitgenössisch. Neben Gemälden der Altmeister präsentiert die Ausstellung auch Werke des zeitgenössischen Künstlers Michael Ramsauer.

Barock trifft auf zeitgenössisch. Neben Gemälden der Altmeister präsentiert die Ausstellung auch Werke des zeitgenössischen Künstlers Michael Ramsauer.
Foto: Michael Ramsauer

Eine angemessene Gemäldegalerie für mythische Geschichten. Die Ausstellungsräume im Augusteum.

Eine angemessene Gemäldegalerie für mythische Geschichten. Die Ausstellungsräume im Augusteum.
Foto: Sven Adelaide

Den Werken der Ausstellung kann sich auf vielschichtige Art und Weise genähert werden. Ob man nur die rein ästhetische Ebene betrachten möchte, oder ob man sich näher mit kunstgeschichtlichen Fakten und den Hintergründen der dargestellten mythischen Figuren und Sagen auseinandersetzen möchte, bleibt, laut Heinze, jedem selbst überlassen.

Begleitet wird die Ausstellung von einem umfangreichen Vermittlungsprogramm aus Lesungen, Konzerten, Filmen, Diskussionsrunden und weiteren Veranstaltungen. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog, der für 24,95 Euro an den Museumskassen erhältlich ist.

Die Prometheus-Sage

Die Sage des Titanen Prometheus gilt als einer der bekanntesten literarischen Stoffe aus der griechischen Mythologie, die in der Philosophie, Belletristik und den bildenden Künsten in zahlreichen Werken Ausdruck fand. Prometheus gilt als Schutzherr der Menschheit, der sich auflehnt gegen falsche Autoritäten und als „Feuerbringer“ stellvertretend steht für die Befreiung der Menschen aus ihrer Unmündigkeit. Der Sage nach widersetzt sich der Titan Prometheus dem Göttervater Zeus, der es den Menschen untersagt hatte, das Feuer zu besitzen, nachdem Prometheus ihn bei der Vereinbarung der Opferpflicht für die Menschheit ausgetrickst hatte. Gegen den Willen des Göttervaters bringt Prometheus den Menschen trotzdem das Feuer. Zur Strafe wird er an einen Felsen im Kaukasus gekettet und jeden Tag frisst ein Adler seine Leber, die dem Titan in der Nacht nachwächst.

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