Ausstellung

Ein altes Herz kaspert für Annette

Annette Stumpf präsentiert ihre eigene Ausstellung, die sich mit ihrer achtmonatigen Liaison mit Horst Janssen befasst.

Annette Stumpf präsentiert ihre eigene Ausstellung, die sich mit ihrer achtmonatigen Liaison mit Horst Janssen befasst.
Foto: Katrin Zempel-Bley

Oldenburg (zb) „Ein altes Herz kaspert für Annette“ heißt die jüngste Sonderausstellung im Horst-Janssen-Museum in Oldenburg, die bis zum 15. September zu sehen ist. Es handelt sich um Zeichnungen und Briefe von Horst Janssen an Annette Kasper, die nach 27 Jahren ihre Schätze erstmals öffentlich zeigt.

Anzeige

Es war purer Zufall, dass sich Annette Kasper und Horst Janssen 1985 kennenlernten. Die 20-jährige Pforzheimerin war der Kunst von Horst Janssen schon länger verfallen. Vom Geld eines Ferienjobs erwarb sie eine Radierung von Horst Janssen, das Blatt Daphne. Die Mutter schenkte ihr zum Abitur Geld für einen weiteren Janssen. Die junge Frau reiste nach Hamburg zu Wilfried Weber und brauchte ein paar Tage, um sich zu entscheiden.

Weber bat den Künstler kurz darauf, ein Buch zu widmen, dass er Annette Kasper schickte und empfahl ihr, sich beim Künstler zu bedanken. Das tat sie, und so kamen die Beiden zusammen. Janssen interessierte sich für die junge Frau, fand ihre Telefonnummer heraus, rief sie an und schrieb unermüdlich Briefe, die er auf seine ihm typische Weise verzierte. Schließlich lud er sie ein. Sie folgte der Einladung des 56-Jährigen und blieb exakt acht Monate.

„Er empfing mich im November und der ganze Garten war mit gelben Blüten geschmückt“, erinnert sich Annette Stumpf, die einst Kasper hieß. In der Ausstellung sind Fotos über den Empfang zu sehen. Die heute 48-Jährige stellt dem Horst-Janssen-Museum ihre Erinnerungen und Kostbarkeiten aus dieser intensiven, gemeinsam mit Janssen erlebten Zeit für eine sehr persönlich geprägte Präsentation zur Verfügung, die bislang nur in ihrer Heimatstadt zu sehen war.

„Das war nicht leicht“, räumt sie ein, aber inzwischen spricht sie offen über diese Episode. Sie bezeichnet Janssens Briefe als charmant, anrührend und liebevoll. Und auf die Frage, warum sie sich auf den alten und nicht gerade gut aussehenden Janssen eingelassen habe, berichtet sie, dass er in keinem Moment alt und durchaus anziehend und inspirierend war.

Auch wenn die Beziehung nur von kurzer Dauer war, so ist sie für das Werk des Künstlers bedeutend. Kaum eine Liebesbeziehung wurde von Janssen im Hinblick auf seine emotionale Befindlichkeit künstlerisch so intensiv verarbeitet wie diese. Hunderte Briefe, eine Vielzahl von Zeichnungen, Liebesgaben und Fotografien sind in dieser Zeit entstanden. „Immer wieder schlüpft Janssen, dankbar für das sich aus dem Nachnamen Annettes ergebene Wortspiel, in die Rolle eines Kaspers, welcher sich im Werben um Annette auch zum Narren macht. Nicht zuletzt aus diesem Grund begegnet dem Betrachter diese Figur auf vielen der Arbeiten“, erklärt die wissenschaftliche Leiterin Dr. Jutta Moster-Hoos.

In dieser Zeit entstehen die drei wichtigen Radierzyklen Eiderland, Svanshall verkehrt und Laokoon, der den Schluss der Liebesbeziehung markiert. Janssen bricht sein Versprechen und beginnt wieder zu trinken. „Ich wusste schon damals, er kann es nicht lassen, er wird es wieder tun“, erinnert sich Annette Stumpf. Sie geht für immer, lässt ihn ohne Nachricht zurück und trifft ihn nie wieder. Einige Monate vor seinem Tod schreibt sie ihm, aber es kommt zu keiner Versöhnung.

„Es ist typisch für Janssen, dass eine neue Muse eine neue Schaffensphase auslöst“, sagt Moster-Hoos. Er selbst beschreibt seine Inspirationsquellen als „die entzückenden Wesen, die meinen Lebensstremel eingeteilt haben“.

Die wenigen, intensiven Monate mit Annette Kasper waren sehr ertragreich für Janssens Werk, wie die Ausstellung belegt. Im Zentrum seines Schaffens steht Annette. „In dieser Sonderausstellung dürfen die Besucher die Zeugnisse einer Liebesbeziehung kennenlernen, in der Höhen und Tiefen in extremer Weise ausgelotet werden“, fasst Moster-Hoos zusammen.

Annette Stumpf will ihre Sammlung dem Horst-Janssen-Museum als Leihgabe zur Verfügung stellen. Darüber werde zurzeit gesprochen, heißt es. Für das Horst-Janssen-Museum wäre das von großer Bedeutung für die wissenschaftliche Arbeit aber auch für künftige Ausstellungen.

Vorheriger Artikel

CSD: Bundestagskandidaten in der Diskussion

Nächster Artikel

CSD Nordwest: schrill, bunt, nass

Keine Kommentare bisher

Einen Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.