Film

Tatort Bundespolizei: „Querschläger“

Franziska Weisz und Wotan Wilke Möhring in einer Szene aus „Querschläger“.

Franziska Weisz und Wotan Wilke Möhring in einer Szene aus „Querschläger“.
Foto: Christine Schroeder / NDR

(Achim Neubauer) Einem Scharfschützen versuchen Tatort-Kommissar Thorsten Falke und seine Partnerin Julia Grosz auf die Spur zu kommen. Am 1. Dezember sendet „Das Erste“ den neuen Fall der Hamburger Ermittler. Als bei einer Routinekontrolle auf einem Autobahnparkplatz Schüsse fallen, können sich Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und seine Partnerin Julia Grosz (Franziska Weisz) gerade noch in Deckung bringen. Ein Lkw-Fahrer wird allerdings von einer tödlichen Kugel getroffen.

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Der Sniper kann entkommen, flieht nach Hause in seine kleine Wohnung, wo er die offensichtlich todkranke Tochter liebevoll pflegt. Dass der Zollfahnder Steffen Thewes (Milan Peschel) der Täter ist, bleibt nicht einen Moment unklar. Nun interessiert das Drehbuch nur noch, warum er zum Mörder wurde; das Opfer ist allein ein „Kollateralschaden“ (so war auch der treffende Arbeitstitel für diesen Film). Der Fokus liegt auf der – zugegebenermaßen – schrecklichen Krankengeschichte von Sara Thewes. Das Mitleid für die Familie des Lkw-Fahrers findet seine ganz klaren Grenzen da, wo deutlich wird, in welch verzweifelter Lage sich das Ehepaar Thewes und seine Tochter befinden. So zieht der Film seine Spannung keineswegs aus der Begleitung der polizeilichen Aufklärungsarbeit, sondern durch die Frage, wie weit Steffen Thewes in seinem Versuch, die Tochter zu retten, gehen wird.

Eine tragische Familiengeschichte, bei der die Kommissare die Fäden entwirren müssen, die für die Zuschauer schon lange frei liegen. Das ist nicht besonders interessant. Routinearbeit, die Wotan Wilke Möhring und Franziska Weisz erledigen. Ihr Zusammenspiel stimmt; sie sind einander im inzwischen sechsten gemeinsamen Fall vertraut, bleiben aber blass. Sicher, alle Zutaten eines Falke-Tatorts sind da: Milchtüte, Torben (Falkes Sohn) und Elliot, der Hauskater, das steht aber unverbunden neben dem eigentlichen plot und findet keinen Raum neben dem brillanten Milan Peschel.

Wieder einmal spielt der einen verzweifelten Familienvater so grandios, dass sich seine Mitspieler daneben kaum profilieren können. Gleichzeitig lässt das Drehbuch alle Möglichkeiten aus, vom eigentlichen Drama weiterzuleiten und findet keinen Weg Falke (und erst recht nicht Grosz) fernab der Ermittlungen einen Platz in der Handlung zuzuweisen. Ausgerechnet der Kommissar, der in den vorherigen Filmen nie als wortgewaltig dargestellt wurde, führt zwei längere Vier-Augen-Gespräche, die allein seine Hilflosigkeit illustrieren können.

Milan Peschel als Steffen Thewes.

Milan Peschel als Steffen Thewes.
Foto: Christine Schroeder / NDR

So mitfühlend und intensiv der Regisseur Stephan Rick den Täter inszeniert, so unaufgeregt lässt er die Ermittler agieren. Dass das nicht völlig schiefgeht, liegt allein an Milan Peschel, dem Oke Stielow in seinem ersten Tatort-Drehbuch einen wunderbar tiefgründigen Charakter auf den Leib geschrieben hat. https://www.oldenburger-onlinezeitung.de/kultur/film/tatort-bundespolizei-treibjagd-27426.htmlAnmerkenswert bleibt, dass die Redaktion des NDR wieder ein Buch verantwortet, dass – wie schon im letzten Falke-Tatort „Treibjagd“ – großes Verständnis für den Verbrecher zeigt und wie selbstverständlich eine behauptete Ungerechtigkeit im Gesundheitssystem bzw. in der Gesellschaft unreflektiert als Antrieb für Straftaten toleriert. Zollfahnder Thewes dabei zu begleiten, wie er das Richtige tun will und gleichzeitig immer brutaler agiert, kann sich nachhaltig im Kopf festsetzen, ebenso wie die Schlusspointe, die einen eleganten Spin zur Adventszeit hinlegt.

Gut zu wissen

  • Sowohl für Autor Oke Stielow, als auch für Regisseur Stephan Rick ist „Querschläger“ die Premiere in der Reihe Tatort.
  • „Querschläger“ wurde vom 12. September bis 12. Oktober 2018 unter anderem in Hamburg, Bispingen (Autobahnraststätte) und Neu Wulmsdorf gedreht.
  • Als nächster Falke-Tatort wird der bereits im Frühjahr nach einem Drehbuch von Georg Lippert abgedrehte Film „Die Goldene Zeit“ ausgestrahlt.
  • Noch bis zum 9. Dezember laufen die Dreharbeiten für „Tödliche Flut“ (Buch: David Sandreuter), der unter anderem auf Norderney entsteht und im Herbst 2020 gesendet werden soll.
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