Film

Tatort Bundespolizei: „Treibjagd“

Wotan Wilke Möhring (Thorsten Falke), Franziska Weisz (Julia Grosz) und Levin Liam (Torben Falke).

Wotan Wilke Möhring (Thorsten Falke), Franziska Weisz (Julia Grosz) und Levin Liam (Torben Falke).
Foto: Christine Schroeder / NDR

Oldenburg (Achim Neubauer) Für Ermittlungen in einer Einbruchsserie unterstützen Tatort-Kommissar Thorsten Falke und seine Partnerin Julia Grosz eine Sonderkommission im südlichen Hamburger Stadtteil Neugraben. Am 18. November wird der inzwischen elfte Fall des Hamburger Ermittlers ausgestrahlt.

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Kurz nachdem Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und seine Partnerin Julia Grosz (Franziska Weisz) einen jungen Verdächtigen befragt hatten, liegt der schon tot im Wohnzimmer der Familie Kranzbühler. „In Notwehr erschossen“, so gibt der Schütze zu Protokoll. Aber das nehmen ihm die Ermittler nicht ab. Ganz schnell stellen die Kommissare Unstimmigkeiten zwischen der Aussage und der Auffindesituation fest. Eine Spielzeugpistole (!) hat der linkshändige rumänische Einbrecher in der rechten (!) Hand, außerdem finden sie Spuren von einem weiteren Schuss; der Einbrecher hatte Begleitung.

So platt ist der Plot der ersten zehn Minuten des Films. Die Zuschauer wissen von Anfang an, wie der Hase läuft und begleiten nun zum einen die Polizisten bei ihrer Fahndung, zum anderen den Bruder des Todesschützen (Andreas Lust) auf der Suche nach der Komplizin des Einbrechers und zum dritten Maja Kristeva (Michelle Barthel), die Zeugin der vorsätzlichen Tötung war.

An der „Treibjagd“ auf die junge Frau beteiligen sich nun per Internet weitere „rechtschaffene Bürger“, die der Meinung sind, dass sie sich selbst schützen und verteidigen müssen. Schließlich gerät auch noch Torben (Levin Liam), der Sohn von Thorsten Falke in das Visier der Bürgerwehr. „Internetvideos sind nur was für Spacken“, lässt das Drehbuch Wotan Wilke Möhring großmäulig aber hilflos formulieren.

Wieder einmal verhebt sich ein Tatort der beiden Bundespolizisten an einem zu groß gewählten Thema. Einbruchsbanden, Selbstjustiz, Bürgerwehr, Internet und soziale Medien; das Drehbuch von Benjamin Hessler und Florian Öller reißt sehr vieles plakativ an, setzt sich damit aber kaum wirklich auseinander. Der Todesschütze wird von Anfang an von Falke hart angegangen, die Angst, Einbruchsopfer zu werden, kommt nur als Wutausbruch vor. Dazu passt dann, dass die Bewohner der Eigenheimsiedlung nicht in persona, sondern nur in den Buchstaben der Internetkommentare auftauchen und schließlich wird auch noch die Mittäterin quasi zum Opfer.

Alles ein bisschen zu viel, definitiv zudem ein Rückschritt in der Entwicklung des Ermittlerpaars, dass sich in diesem Film – außer in moralisierenden Kommentaren – nicht viel zu sagen hat. Falke ermittelt, verrennt sich, hat emotionale Ausbrüche und Kommissarin Grosz verbringt wesentliche Teile des Tatorts mit dem Versuch ihren Kollegen zu mäßigen.

Bei alledem ist die „Treibjagd“ selbst von Regisseurin Samira Radsi zusammen mit ihrem Kameramann Stefan Unterberger temporeich und spannend inszeniert, große Bilder, mit denen das Drehbuch allerdings nicht mithalten kann – oder umgekehrt.

Gut zu wissen

  • Zum ständigen Cast der Falke Tatorte gehört auch der Kater Elliot, der allerdings nicht in jedem Film auftaucht. In „Treibjagd“ teilt der Kommissar mal wieder die Milch mit seinem vierbeinigen Gefährten, der auch schon Auftritte in „Nils Holgersson“ und „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ hatte.
  • Für die Autoren Florian Öller und Benjamin Hessler ist „Treibjagd“ die erste Zusammenarbeit. Während Hessler acht Bücher für die Serie „Mord mit Aussicht“ verfasste, stammen von Öller u.a. vier Skripte vom Rostocker „Polizeiruf 110“ und das Buch zum Falke Tatort „Zorn Gottes“, der ersten Zusammenarbeit von Falke und Grosz.
  • Der Münsteraner Beitrag „Schlangengrube“ (2018) war der erste Tatort, den Samira Radsi und Stefan Unterberger zusammen gestalteten.
  • „Treibjagd“ wurde vom 5. April bis zum 4. Mai in Hamburg, Stelle und Gudow gedreht.
  • Nach jetziger Planung wird im Frühjahr 2019 der nächste Falke Tatort ausgestrahlt, der mit dem Arbeitstitel „Kollateralschaden“ (Buch: Oke Stielow) unter der Regie von Stephan Rick bereits abgedreht ist.
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1 Kommentar

  1. libuda
    21. November 2018 um 11.30 — Antworten

    Das Gegenteil von gut, ist nicht schlecht, sondern gut gemeint!

    Der Tatort wollte mit Klischees brechen: Einbrecher nicht von per se Monster, verständlicherweise verängstigte Bürger nicht unbedingt Sympathieträger, Kriminalbeamte keine Übermenschen.

    Ergebnis aber, völlig überdreht: Hier die jungen, bonnie-and-clydehaften, eigentlich – lebenslustig, jung und übermütig – doch recht sympathischen Einbrecher, dort die spießigen Vorortbewohner, zwangsneurotisch, sicherheitsfanatisch, leicht faschistoid.

    Der Kommissar Torsten Falke geriert sich stante pede als aufgeregter Einbrecherschützer, glaubt nicht einen Moment an eine Notwehrsituation, nimmt sich das völlig verstörte Einbruchsopfer sofort als mutmaßlichen Totschläger zur Brust: Selbst bei einem Ex-Punk unglaubwürdig, darüber hinaus dilettantisch. Eine verdächtige Person treibt der Profi nicht sofort in die Enge. Sondern wiegt sie zunächst in Sicherheit, um sie dann auf dem falschen Fuß zu erwischen.

    Seltsam auch, wie die beiden Kranzbühlers gezeichnet werden. Als Dieter seinem Bruder Bernd gesteht, dass er den Einbrecher geplant erschossen hat, ist seine Verstörung auf einmal wie weggeblasen. Bernd wiederum zeigt sich zunächst völlig entsetzt über diesen Akt der Selbstjustiz, leistet dem Todesschützen dann aber in jeder Hinsicht – auch kriminellen – Beistand. Am Ende gar will er die Zeugin umbringen, durch Erdrosseln!

    Kleinigkeiten u.a.: Warum wurde der Todesschütze nicht nach Waffenschein/Waffenbesitzkarte gefragt. Was hat die Bundespolizei hier zu suchen?

    Fragwürdige Überspitzungen und unplausible Wendungen.

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