Staatstheater: Große Gefühle im Großen Haus
Oldenburg (vs) Wer bei dem Schauspiel „Die Wiedervereinigung der beiden Koreas“ an ein Politstück denkt, liegt völlig falsch. In dem 2013 uraufgeführten Werk des französischen Autors Joël Pommerat, das jetzt im Großen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters eine erfolgreiche Premiere feierte, geht es um die ganz großen Gefühle der Liebe und des Lebens und die Extreme menschlicher Beziehungen.
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Auf der Bühne durchleben 27 Frauen und 24 Männer, gespielt von zwölf Schauspielerinnen und Schauspieler, die glücklichen und tragischen Momente der Liebe in all ihren Facetten. In 20 Einzelszenen, die wie ein Reigen nahtlos ineinander übergehen, zieht das Ensemble geschlossen alle Register seines Könnens. Am Ende einer Szene verbleibt eine Person auf der Bühne, schlüpft in eine neue Rolle und neue kommen hinzu. Verbunden werden die Szenen durch live interpretierte Liebessongs, in denen das Schauspielensemble des Staatstheaters auch sein musikalisches Talent beweist. Es bildet zugleich die Band, die im Halbdunkel der offenen Bühne präsent ist. Die Menschen können nicht ohne Liebe und ohne Musik sein und so vereint sich beides in diesem Stück. Am Ende des durchaus amüsanten, aber auch emotionalen und tragischen Theaterabends scheint es einfacher zu sein, die beiden Koreas wiederzuvereinigen, als in der Liebe zusammenzukommen.
Oldenburger Schauspielensemble begeistert mit Spielfreude
Regisseur Peter Hailer ist es gelungen durch die fließenden Übergänge der vermeintlich zusammenhanglosen Szenen und der Musik eine unterhaltsame, aber auch nachdenkliche und tiefsinnige Inszenierung zu schaffen, die das Theaterpublikum nahtlos am Freud und Leid der zum Teil sehr illustren Protagonisten teilhaben lässt. Von absurd, skurril und amüsant bis zu verstörend und traurig reicht die Bandbreite. Von Boulevard bis Drama ist alles dabei, immer kurzweilig und unterhaltsam aber nie oberflächlich.
Da ist die Braut am Tag ihrer Hochzeit, die von ihren Schwestern vom Geheimnis ihres Bräutigams erfährt, die Prostituierte, die sich in einen Priester verliebt, er sie aber nach Jahren verlassen will oder das kinderlose Ehepaar, dass sich einen Babysitter bestellt. Eine langjährige Männerfreundschaft, die durch falsch verstandene Worte zu zerbrechen droht, wie auch auch der Ehemann, der seit Jahren seine an Demenz erkrankte Frau im Pflegeheim besucht und täglich dieselben Frage beantworten muss, sind zwei der bewegenden Szenen dieses Abends.
Das Ensemble schlüpft mit Bravour nahtlos in diese gegensätzlichen Charaktere, auch wenn anfangs der Start vor Publikum nach der monatelangen Zwangspause in kurzen Momenten leicht ins Stocken gerät. Das Premierenpublikum dankt dem Ensemble und dem Regieteam für diesen besonderen Theaterabend, in dem man sich szenenweise vielleicht auch ein Stück selbst wiederfinden kann, mit langanhaltendem Applaus und bekommt eine überraschende, wenn auch inszenierte Zugabe.
Mehr Informationen, Vorstellungstermine und Karten unter Telefon 0441 2225-111 und im Internet unter www.staatstheater.de.
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