TATORT Bundespolizei: „Schweigen“
Oldenburg (Achim Neubauer) Bundespolizist Thorsten Falke hat sich in ein Kloster zurückgezogen. Nach dem Tod seiner Kollegin Julia Grosz versucht er in einem mehrwöchigen Aufenthalt wieder in den Alltag zurückzufinden. Exakt am Abend vor dem Ende seiner Auszeit steht auf dem Klosterhof ein Wohnwagen in Flammen; Priester Wigald Otto verbrennt – und die kriminalistische Spürnase des Kommissars nimmt Witterung auf. Tatsächlich findet sich Verstörendes in den alten Mauern.
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Von dem, was eben nicht gezeigt wird, lebt der ganze Film, für den sich Autor Stefan Dähnert von einem realen Fall aus dem Bistum Trier inspirieren ließ. Allein der Blick in das Gesicht des Kommissars lässt mehr als nur erahnen, was auf den Fotos und Dias abgebildet sein muss, die der Ermittler in den Kellergewölben des alten Baus findet. Ermittler Falke (Wotan Wilke Möhring) braucht nicht viele Worte; den Grusel, sein Entsetzen, die Fassungslosigkeit – er kann nicht ertragen, was er da sieht, beruflich bedingt sich ansehen müsste, gibt die Auswertung der Bilder an eine Kollegin vom LKA ab.
Es verschlägt die Sprache angesichts des Grauens. Auch die Vor-Ort Kommissarin Eve Pötter (Lena Lauzemis) findet keine Worte. Sie wirft nur kurz ihren Blick auf ein einziges Dia, wirft es sofort weg und bekreuzigt sich, geradezu um sich zu reinigen von dem offensichtlich verstörenden Motiv. Traumatisiert ist Daniel Weinert (Florian Lukas), ein Ex-Ministrant. Er muss gar nicht drüber reden, dass klar wird, was denn wohl der Grund für seine psychische Belastung ist. Schließlich Vikar Billing (Sebastian Blomberg), bei dem zunächst nicht so recht deutlich wird, ob sein Schweigen der Betroffenheit oder kalter Berechnung entspringt.
Regisseur Lars Kraume inszenierte den Film in einem Trappistenkloster in Heimbach in der Eifel. Einerseits nicht so recht einleuchtend, warum das Drehbuch den norddeutsche Kommissar ausgerechtet dorthin trägt. Andererseits ein wunderbarer Drehort, der spüren lässt, welchen Einfluss die katholische Kirche und damit auch ihre Moralvorstellungen auf die Gläubigen hatten. Es ist dunkel geworden hinter den alten Mauern, nicht nur im übertragenen Sinn. Regie und Kamerafrau Anne Bolick spielen geradezu mit hell und dunkel. Immer dann, wenn das Grauen sich Bahn bricht, beim Brand des Wohnwagens, beim Anblick der Dias etwa, überstrahlt das Licht alles. Die religiösen Zeichen dagegen, konkret eine Statue von „Maria der Trösterin“ (consolatrix afflictorum), auch die nur noch zu erahnende Pracht des Kirchen- und Klostergebäudes, sie verschwinden im Düstern.
Ausgerechnet Hauptkommissar Thorsten Falke, in seiner Rolle bekennender Atheist, erinnert die Kirchenmänner an den Sinn ihrer Arbeit: „An irgendwas muss der Mensch doch glauben!“ – will er zur Besinnung bringen, verzweifelt geradezu an der Ignoranz der Kirchenoberen .. und dann klingelt sein Handy mit dem vertrauten Ton.
Wieder ein Falke-Tatort „außerhalb der Reihe“. Damals war es „Mord auf Langeoog“, den die Redaktion nutzte, hinter den Kulissen die NDR-Beiträge neu zu organisieren. Nun ein Solo für Wotan Wilke Möhring; zweifellos trägt er diesen Film als Ermittler auch ganz allein. Denn immer dann, wenn ihm dafür Raum gegeben wird, vermag der Schauspieler seine Empathie für die Opfer, auszuspielen, ohne viele Worte. Ob das aber auf Dauer die Falke-Tatorte Filme bestimmen kann, ist nicht wirklich ausgemacht.
Gut zu wissen
- „Schweigen“ wurde unter dem unsäglichen Arbeitstitel „Unter jedem Dach ein Ach“ vom 21. September bis zum 20. Oktober 2023 in Heimbach und Umgebung gedreht.
- Der nächste Falke-Tatort „Im Wahn“ (Arbeitstitel „Die kälteste Maschine“), ein Cross-over mit Kommissarin Anais Schmitz (Florence Kasumba) vom Tatort-Team aus Göttingen ist auch schon 2023 inszeniert worden und soll seine Premiere 2025 erfahren.
- Im Oktober 2024 fiel schon die erste Klappe für eine Tatort-Doppelfolge mit Kommissar Falke: „Über Grenzen“ (Arbeitstitel auch „Ein guter Tag“ und „Schwarzer Schnee“) ist eine deutsch-niederländische Coproduktion, die nach einem Buch von Alexander Adolph und Eva Wehrum unter der Regie von Hans Steinbichler entsteht. Bis zum 17. Dezember 2024 wird in Groningen, Delfzijl, Emden, Seevetal und Hamburg gedreht; die Ausstrahlung ist erst für 2026 geplant. Ob dafür eine Premiere beim Filmfest Emden-Norderney oder in Oldenburg realistisch ist, steht in den Sternen.
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