Theaterkritik: BallettCompagnie zeigt Tanz-Vielfalt
Oldenburg (vs) Wie vielfältig das Können des Tanzensembles der BallettCompagnie Oldenburg am Oldenburgischen Staatstheater ist, zeigt sich immer, wenn neben Compagniechef Antoine Jully auch andere Choreographen mit dem Ensemble arbeiten. So ist das Talent der jungen Truppe derzeit wieder einmal im vierteiligen Abend „Drei Generationen“ im Kleinen Haus zu sehen. Lester René González Álvarez, Alwin Nikolais und Antoine Jully, der seit dieser Spielzeit in Doppelfunktion auch als Ballettdirektor fungiert, gestalten den gut zweistündigen Abend.
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Die Vielfalt in Ausdruck, Ästhetik und Bewegung begeistert das Publikum, wenn dem Abend in seiner Geschlossen- und Kompaktheit nur eine Pause und drei Choreographien sicher besser getan hätte. Auf alle Fälle verdient: großer Applaus im vollbesetzten Theatersaal.
Ensemblemitglied Lester René González Álvarez eröffnet erstmals als Choreograph mit „From the lighthouse“. Ein düsteres Stück im Bühnennebel, getragen von dem kreisenden Lichtstrahl eines imaginären Leuchtturms, einem dickem Schiffstampen sowie dem extra für dieses Stück komponierten Elektrobeat-Sound von Johann Pätzold. Man spürt das Meer, den Wind und das vielleicht nahende Unheil. Das siebenköpfige, schwarz gekleidete Ensemble kämpft einzeln und gemeinsam mit großen exzessiven, sich wiederholenden Bewegungsabläufen gegen Sturm und Gefahr und benutzt das schwere Tau als einzigen Halt. Beeindruckend.
Das Duett „Is This It?“ („War’s das?“) von Antoine Jully auf der leeren Bühne folgt als zweiter Teil. Nur ein Kunststoff-Design-Sessel als Requisit und ist der scheinbar einzige Halt in der brillant getanzten Beziehungsgeschichte von Eleonora Fabrizi und Timothée Cuny. Nähe und Distanz im Leben zweier Liebenden setzt dieses Pas de Deux gekonnt in Szene.
„Tensile Involvement“ ist von Alwin Nikolais aus dem Jahr 1953, in Oldenburg einstudiert von Alberto Del Saz. Neun Tänzerinnen und Tänzer bieten ein farbenfrohes, energiegeladenes Spektakel, dessen Grundelement weiße elastische Bänder sind, die von oben bis unten quer über die Bühne gespannt sind und vom Ensemble geführt werden. Durch Reflexion erstrahlen diese in wechselnden Farben im genau so schnellen Tempo, wie sich die Tänzerinnen und Tänzer bewegen. Ästhetisch und tänzerisch ein Hingucker, der absolute Körperkontrolle verlangt, damit in dem gewobenen Netz aus Bändern und Menschen kein Chaos entsteht. Diesem leider relativ kurzen Stück hätte man gerne länger zugeschaut.
Den Abschluss bildet „Harmonic Language“ von Antoine Jully. Dieses abstrakte und lange Tanzstück mit acht Tänzerinnen und Tänzer in hellen Ganzkörperkostümen wird zum 4. Streichquartett von Béla Bartók aufgeführt. Die schnellen Bewegungen aller Körperteile folgen der Musik, eine Geschichte wird nicht erzählt. Diese temporeiche Choreographie verlangt höchste Konzentration und Körperbeherrschung. Auch die Zuschauer müssen sich nochmal konzentrieren. Diesen letzten Teil nicht am Ende zu zeigen und das Publikum mit dem fröhlichen „Bändertanz“ zu entlassen, wäre eine bessere Entscheidung gewesen.
Karten für die letzten beiden Vorstellungen am 20. Dezember und 9. Februar sind unter www.staatstheater.de erhältlich.
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