Theater

Theaterkritik: „Das Haus auf Monkey Island“ amüsiert

Johannes Schumacher, Thomas Birklein, Caroline Nagel und Helen Wendt in „Das Haus auf Monkey Island“ im Oldenburgischen Staatstheater

Johannes Schumacher, Thomas Birklein, Caroline Nagel und Helen Wendt (von links) in „Das Haus auf Monkey Island“ im Oldenburgischen Staatstheater.
Foto: Stephan Walzl

Oldenburg (vs) Ist es ein zuvorkommender Service des Arbeitgebers, wenn ausschließlich der Lieblingssong im Radio läuft, die Lieblingssorte Kartoffelchips im Zimmer liegen und immer wieder der Lieblingstyp Frau im Pornokanal auftaucht? Oder wird im „Haus auf Monkey Island“ lediglich ein Algorithmus bedient und die Angst vor der totalen Überwachung ist nur ein Hirngespinst?

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Ob die vier Protagonisten in dem Schauspiel „Das Haus auf Monkey Island“ von Rebecca Kricheldorf, das im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters Premiere feierte, eine Antwort darauf finden, erfährt das Publikum leider nicht in Gänze und lässt den Gästen der anschließenden Premierenfeier Raum für Gespräche und Spekulationen. Die Firma, die die vier unterschiedlichen Wissenschaftler auf eine einsame Südsee-Insel schickt, um eine perfide Werbestrategie für In-Vitro Fleisch zu entwickeln, betrachtet ihr Wohlwollen als Service. Die Hausbewohner aber haben Angst vor dem mysteriösen Haus mit seinem unsichtbaren Housekeeping, das scheinbar ihre geheimsten Wünsche und Süchte kennt und zum Seelenstriptease bringt.

Ein weißer, viereckiger Kasten mit großen drehbaren Wänden (Bühne / Kostüme): Thea Hoffmann-Axthelm bildet den schlichten Spielort für die Inszenierung von Matthias Kasching. Um Live-Videosequenzen eine Leinwand zu bieten, wird der Kasten immer wieder mal um 180 Grad gedreht. Dieser nur nach vorne geöffneter Würfel birgt mitunter seine Probleme in Sachen Akustik und Sicht. Viel Bewegung gibt es nicht. Dafür müssen die Karriere besessene Ann (Helen Wendt), Gut-Mensch und Umweltaktivistin Kristina (Caroline Nagel), 68er-Soziologe Hannes (Thomas Birklein) und das Werbegenie Andree (Johannes Schumacher) in den 90-pausenlosen Minuten Spielzeit reichlich Text und Fachwissen absolvieren, der den Zuschauern volle Konzentration abverlangt. Auch die Schauspieler haben mit der Menge und dem Tempo der vorgetragenen Worte zeitweise ihre Probleme. Das Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst stand dem Regie- und Schauspielteam für die Textgrundlage bei allen Fragen rund um die Neurowissenschaft hilfreich zur Seite.

Mehr Komödie als Gesellschaftskritik

Vier Menschen mit völlig unterschiedlichen Biographien und die sich daraus ergebenden Beweggründen, diesen verlockenden Auftrag anzunehmen, müssen nicht nur auf Zeit in einem Haus miteinander auskommen, sondern auch noch eine Welt verändernde Strategie entwickeln, Konsumenten vom neuen Produkt zu überzeugen. Schließlich kann dieses im Labor gezüchtete Fleisch auch viele Probleme in der Welt lösen. Gefangen sind die Vier im Haus und in ihrem Seelenleben zugleich. Ein wenig erinnert das kurzweilige Spiel an eine Mischung aus dem Container-Haus eines Privatsenders und dem Hollywoodstreifen „Truman Show“. Im letzten Drittel eilt das Stück der Frage entgegen, ob die Vier als Fachleute oder Versuchskaninchen dienen.

Ob die Autorin mit ihrem Stück nur unterhalten oder auch Gesellschaftskritik in Zeiten von sozialen Medien, Sprachboxen, Bonusprogrammen als des deutschen Lieblingshobbys und Smart Home üben will, erschließt sich leider nicht komplett. Auch wenn die persönlichen Schicksale ihre menschliche Tiefe haben, bleiben Text und auch Regie unentschlossen. Wortwitz und Pointen amüsieren jedoch das Publikum, das reichlich Applaus spendet für Regie und Schauspielensemble. So bleibt das Stück nur als kurzweiliger Theaterabend in Erinnerung, der ob des Themas mehr Tiefgang verdient hätte. Schade.

Vorstellungstermine und Karten unter www.staatstheater.de.

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