Bericht: EU-Pläne könnten Entschädigungsansprüche von Fluggästen stark reduzieren
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Pläne der EU-Kommission, die Haftung der Airlines für Verspätungen zu lockern, könnte deutsche Reisende Millionen Euro kosten. Laut einer Berechnung des Internetportals Flightright für den „Tagesspiegel“ (Donnerstagsausgabe) könnte die geplante Reform die Ansprüche der Kunden um bis zu zwei Drittel reduzieren. Derzeit müssen Fluggesellschaften Ausgleichszahlungen zwischen 250 und 600 Euro leisten, wenn ihre Maschinen mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr am Ziel eintreffen.
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Die EU-Kommission will diese Grenze auf fünf Stunden heraufsetzen. An diesem Donnerstag findet dazu eine Expertenanhörung im Bundesverkehrsministerium statt. Nach Berechnungen von Flightright gab es im vergangenen Jahr rund 2.500 Flüge ab deutschen Flughäfen, die drei Stunden oder mehr verspätet waren. Das geschätzte Entschädigungsvolumen habe bei rund 100 Millionen Euro gelegen. Die Summe würde sich halbieren, wenn man die Verspätungsgrenze auf vier Stunden anhebt. Dann wären laut den Berechnungen nämlich nur noch 1.300 Flüge betroffen gewesen. Bei fünf Stunden wären es sogar nur noch 900 Abflüge, die potenziellen Entschädigungen würden auf 36 Millionen Euro und damit auf rund ein Drittel sinken. Dabei nehme die Zahl der Verbraucher, die sich gegen Airlines wehren, zu. Mehr als 21.700 Beschwerden seien im Jahr 2019 allein bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr eingegangen, berichtet die Zeitung weiter. Verglichen mit 2017 sei dies ein Anstieg um 67 Prozent. Verbraucherschützer sind daher gegen die geplante Änderung: „Wenn die Fluggastrechte gekippt werden, sinkt die Motivation der Airlines, ein zuverlässiges und pünktliches System anzubieten“, sagte Marion Jungbluth, Mobilitäts- und Reiseexpertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV), dem „Tagesspiegel“. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) hält eine Anhebung der Verspätungsgrenze dagegen für nötig. Die Auslegung der heutigen Verspätungsregelung sei kontraproduktiv, sagte BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow, der Zeitung. Beispielsweise bei Problemen am Flugzeug könnten die Airlines nicht innerhalb von drei Stunden eine Fehleranalyse erstellen, ein Ersatzflugzeug beschaffen und die Passagiere mit einer neuen Maschine und vielleicht auch einer frischen Crew ans Ziel bringen. Sobald man aber über die drei Stunden komme und ohnehin Kompensation zahlen müsse, hätten die Airlines wenig Anreiz, zusätzlich eine teure Ersatzmaschine zu organisieren, so der BDL-Hauptgeschäftsführer weiter. Passagiere müssten dann gegebenenfalls lange Verspätungen einplanen.
Foto: Flugbegleiterin im Flugzeug, über dts Nachrichtenagentur
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