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Gewerkschaften uneins über Vorteile für Mitglieder in Tarifverträgen

IG BCE (Archiv), via dts Nachrichtenagentur

Nach der Regelung im Tarifabschluss der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie für einen zusätzlichen Tag Urlaub für Gewerkschaftsmitglieder diskutieren andere Arbeitnehmervertretungen über die Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens.

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„Tarifvertragliche Vorteilsregelungen für Gewerkschaftsmitglieder sind ein guter und angemessener Weg, um zu mehr Tarifbindung zu gelangen“, sagte Verdi-Vorsitzender Frank Werneke der „Bild“ (Samstagausgabe). „Denn gute Tarifverträge gibt es nur dort, wo es auch viele Gewerkschaftsmitglieder gibt. Verdi hat daher in einer ganzen Reihe von Tarifverträgen Vorteilsregelungen für Mitglieder vereinbart.“

Maike Finnern, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, begrüßte die Vorteilsregelungen für Gewerkschaftsmitglieder. „Die Mitglieder ermöglichen mit ihren Mitgliedsbeiträgen und ihrem Engagement überhaupt erst Tarifverträge und gute Arbeitsbedingungen, das wird mit Mitgliedervorteilsregelungen honoriert“, erklärte sie.

Martin Burkert, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) lobte die Einigung. „Die IGBCE zeigt mit ihrem Abschluss, dass der Bonus-Ansatz in Zeiten von Fachkräftemangel mehr denn je eine Zukunft hat“, sagte Burkert. „Wir haben selbst ein Wahlmodell durchgesetzt, bei dem man zwischen bis zu zwölf Tagen mehr Urlaub, mehr Freizeit oder mehr Geld wählen kann. Wer EVG-Mitglied ist, wird darüber hinaus belohnt und erhält zusätzlich zum Beispiel eine Erholungsbeihilfe, Gesundheitsleistungen und Unterstützung für Kinderbetreuung.“

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Guido Zeitler, geht noch einen Schritt weiter. „Es ist stark, dass die Mitglieder der IGBCE durch ihren neuen Tarifvertrag mehr freie Tage bekommen“, sagte er. „Unsere Tarifverträge schließen wir grundsätzlich nur für diejenigen ab, die sich dafür einsetzen und das sind unsere Mitglieder.“

Heiko Teggatz, Bundes-Vize der Deutschen Polizeigewerkschaft, zeigte sich skeptisch. „Wir haben große Zweifel daran, dass solche Regelungen die Rolle der Gewerkschaften stärken können. Schon wegen des Personalmangels ist es häufig kaum möglich, bestehende Sonderurlaube überhaupt in Anspruch nehmen zu können.“

Marcel Gröls, Vorsitzender Tarifpolitik der Vereinigung Cockpit, sieht in der Regelung keine Neuerung. „Die VC hat in der Vergangenheit schon ähnliche Tarifverträge abgeschlossen und strebt derartige sogenannte Differenzierungsklauseln grundsätzlich auch in der Zukunft an“, so Gröls.

Harry Jaeger, Leiter Tarifpolitik der Flugbegleitergewerkschaft Ufo, zeigte sich von der Vorgehensweise der IGBCE angetan. „Bislang hatten wir das Thema Urlaubstag nicht explizit auf der Agenda, aber die Idee finden wir gut. Sogenannte Differenzierungsklauseln gibt es an einigen Stellen auch bei uns“, sagte er. Es sei in Ordnung, „wenn es Dinge gibt, von denen nur Mitglieder profitieren“.

Die IG Metall ist bereits ähnlich vorgegagen. „Auch IG-Metall-Mitglieder können betrieblich und in Tarifverträgen festgeschriebene Mitgliederboni erhalten, das gilt beispielsweise in vielen Fällen in der Leiharbeit“, teilte die Gewerkschaft mit. In der anstehenden Tarifrunde soll eine Debatte über das Thema Arbeitszeit geführt werden.

Die IG Bau begrüßte den Extra-Urlaub grundsätzlich. Sie machte aber auch klar, dass bei vielen Niedriglöhnern im Bausektor, viele Mitglieder sich gar nicht leisten könnten, für mehr Urlaub zu votieren.

dts Nachrichtenagentur

Foto: IG BCE (Archiv), via dts Nachrichtenagentur

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