Studie: Zwei Drittel des „Tankrabatts“ versickern bei Öl-Konzernen
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Die befristete Steuersenkung für Kraftstoffe droht für die Bundesregierung zur milliardenteuren Fehlkonstruktion auf Kosten der Bürger zu werden. Rund zwei Drittel der Steuerentlastung versickern seit dem Stichtag 1. Juni als zusätzliche Einnahmen bei den Mineralölkonzernen, geht aus Berechnungen des Wirtschaftswissenschaftlers und Marktexperten Johannes Schwanitz vor, über die die „Welt am Sonntag“ berichtet.
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Schwanitz attestiert der Regierung „Naivität bis zur Fahrlässigkeit“. So habe es für die Konzerne zum Schutz vor Missbrauch weder „konkrete Sanktionsregeln“ noch ein „transparentes Controlling-System“ gegeben. In den ersten zehn Tagen seit Inkrafttreten kamen danach von den 35,2 Cent Steuerersparnis pro Liter Superbenzin E5 lediglich zehn Cent den Verbrauchern zugute, 25 Cent verblieben als Mehrgewinn bei den Unternehmen. Schwanitz, dessen Institut für Technische Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Münster die Entwicklung erforscht, geht von einem hohen Schaden zulasten der Steuerzahler aus: „Nimmt man die Margenausweitung beim Diesel hinzu, kommen wir auf eine Rohgewinnsteigerung der Mineralölunternehmen in hoher dreistelliger Millionenhöhe pro Monat.“
Angesichts der prognostizierten Steuermindereinnahmen von monatlich 1,13 Milliarden Euro ergäbe das auf Basis der bisherigen Erfahrungswerte einen Verlust von circa 730 Millionen Euro im Monat. Für den gesamten Zeitraum des Tankrabatts wären es sogar mehr als zwei Milliarden Euro, die der Fiskus gemessen am geplanten Bedarf der Verbraucherentlastung abschreiben müsste. Die Mineralölunternehmen weisen Vorwürfe einer Gewinnmitnahme beim Tankrabatt zurück. Man könne die Zahlen von Schwanitz „nicht nachvollziehen und für unser Haus auch nicht bestätigen“, sagte ein Aral-Sprecher der „Welt am Sonntag“.
Die BP-Tochter habe die Senkung der Energiesteuer „vollumfänglich weitergegeben“. Alexander von Gersdorff, Sprecher des Lobbyverbands „Fuels und Energy“, begründet die Preissprünge mit massiv angestiegenen „Beschaffungskosten für Benzin und Diesel“. Die Energiesteuersenkung komme deshalb „nur auf den ersten Blick nicht beim Kunden an“. Ohne den Rabatt würde der Preis für Tankstellen-Super derzeit „bei rund 2,30 Euro“ liegen.
Foto: Zapfsäule an einer Aral-Tankstelle, über dts Nachrichtenagentur
1 Kommentar
Frei nach Loriot: Ach…
Jeder mit mehr als drei intakten Gehirnzellen hatte vorhergesagt, dass das genau so kommt. Und jetzt kommt ein halbherziges „aber das hätte doch keiner ahnen können“ von den Politdarstellern? Aber diesen Gierschlünden mal kräftig in die Parade fahren, nein, das will die FDP nun auch nicht, das wäre ja unredlich. Der heilige Profit geht über alles, sogar über Leichen.
Gehts noch?