Raus aus der Tabuzone
Starteten gemeinsam eine Plakataktion (von links): Jana Blaney und Achim Scholz von der VHS, Ernst Lorenzen, Christian Köhler, LzO-Leiter Privatkundengeschäft Regionaldirektion Oldenburg, Brigitte van der Velde und Mareike Juds von der VWG.
Foto: privat
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Oldenburg/zb – Nicht Lesen und Schreiben zu können, empfinden die Betroffenen oftmals als sehr großen Makel, den sie möglichst versuchen zu verbergen. Doch das wird immer schwieriger, denn ohne diese Grundfertigkeiten geht in unserem Alltagsleben fast nichts mehr. Eine Plakataktion der Oldenburger ABC-Selbsthilfegruppe in den LzO-Filialen sowie den Oldenburger VWG-Bussen macht jetzt Mut, das Thema aus der Tabuzone zu holen.
Ernst Lorenzen und Brigitte van der Velde wissen, wovon sie reden. Die Beiden konnten auch nicht Lesen und Schreiben. Irgendwann war ihre Schmerzgrenze erreicht und sie begaben sich in die Volkshochschule Oldenburg zu Achim Scholz, vom Bereich Bildungsmanagement Schulische Bildung, in dem unter anderem die Alphabetisierungskurse laufen. Wenn die Beiden gewusst hätten, welche Türen sich ihnen mit diesem Schritt geöffnet haben, hätten sie ihn viel früher gemacht.
Beide können inzwischen perfekt lesen und schreiben und sehen die Welt mit ganz anderen Augen. Genau das wünschen sie allen anderen, die sich bislang nicht getraut haben, über ihr Problem offen zu sprechen. „Mit den Plakaten wollen wir den Menschen Mut machen, Lesen und Schreiben zu lernen“, sagt Brigitte van de Velde, die hofft, dass die Plakate Aufmerksamkeit erregen und manch ein Analphabet auf diese Weise davon erfährt und sich an die VHS wendet, wo rund 150 Menschen an den Alphabetisierungskursen teilnehmen. Tatsächlich können rund 7,5 Millionen Erwachsene in Deutschland nicht richtig lesen und schreiben.
„Es ist zum Glück nie zu spät, damit zu beginnen“, sagt Achim Scholz Das Thema müsse weiter enttabuisiert werden. Entsprechend will das Plakat, das der Grafiker Dirk Pohl unentgeltlich für die ABC-Selbsthilfegruppe entworfen hat, Mut machen, die Initiative zu ergreifen. Die Selbsthilfegruppe möchte dabei eine erste wichtige Anlaufstelle sein, wo den Betroffenen Verständnis entgegen gebracht wird. „Für viele“, so berichtet Ernst Lorenzen, „bedeutet bereits der Gang zur Selbsthilfegruppe große Überwindung. Wir können jedoch eine Brücke zu den VHS-Kursen sein“, sagt er.
Alle sechs Personen auf dem Plakat sind selber betroffen, haben den Schritt zur VHS gewagt und signalisieren, dass es jeder schaffen kann. „Außerdem ist es einfach phantastisch, mit Schrift durchs Leben zu gehen“, findet Brigitte van der Velde. „Man wird auf jeden Fall belohnt.“ Die Druckkosten für die Plakate hat die LzO übernommen, die die Gruppe bereits seit Jahren unterstützt. Sie werden nun in den Oldenburger Filialen der Sparkasse ebenso zu sehen sein wie in den Bussen der VWG.
Die ABC-Selbsthilfegruppe trifft sich an jedem ersten Montag im Monat in Raum 2.08 der VHS. Wer sich im Vorfeld informieren möchten, kann das online unter www.alogos.de oder telefonisch unter 01 76 / 90 74 86 49 bei Brigitte van de Velde und Ernst Lorenzen tun. Immer dienstags und donnerstags von 19.30 bis 20.30 Uhr sind sie persönlich erreichbar. Es besteht zudem jederzeit die Möglichkeit, eine Nachricht zu hinterlassen.
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