Bienen: Wundersame Hochleistungstiere
Oldenburg (zb) Die meisten Pflanzen sind auf Pollentransport durch Bienen angewiesen. Wenn Obstbäume oder Blumen blühen, kommen Honigbienen oder wildlebende Bienen angeflogen und gehen unermüdlich ihrer Arbeit nach. Vier bis sechs Wochen beträgt ihre Lebenszeit, und die Oldenburger Imker Ralf Schmietenknop und Josef Dierkes finden sie faszinierend und staunen über ihr Sozialgefüge.
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„Es handelt sich um unglaublich gut organisierte Tiere, die alles perfekt aufeinander abstimmen“, sagt Josef Dierkes, der seit acht Jahren der Hobbyimkerei im eigenen Garten nachgeht. „In einem Bienenvolk mit 60.000 Arbeiterinnen weiß jedes Tier, was es zu tun und zu lassen hat. So, als würden sie von einem einzigen Hirn gesteuert“, schwärmt er. Tatsächlich lösen sich die Bienen mit allen Arbeitsvorgängen ab.
30 Nachwuchsimker betreut Ralf Schmietenknop, Vorsitzender des Oldenburger Imkervereins, zusammen mit seinen Kollegen. Sie haben ihre sieben Theorietage bereits hinter sich und erleben ihren zweiten von insgesamt fünf Praxistagen. Sieben von ihnen stehen im Garten von Ralf Schmietenknop in Oldenburg, wo er seine Völker stehen hat und zahlreiche Bienen bereits vor den Bienenkästen schwirren. Für den leidenschaftlichen Imker ist das Freude pur. Beherzt öffnet er den Bienenkasten, Schutzkleidung benötigt er nicht. „Bienen werden nur gefährlich, wenn sie sich bedroht fühlen“, klärt er auf. Und schon lassen sich seine Hochleistungstiere auf ihm nieder. Ein paar krabbeln auf seinem Nacken, andere auf den Armen und Händen. Ihn stört das nicht. Seit Jahren beschäftigt er sich mit Bienen und kennt ihr Verhalten genau.
Auch die angehenden Imker sind gelassen. Heute sollen sie lernen, Wabenkästen zu kontrollieren. Ray Brown aus Oldenburg zieht den ersten Wabenkasten heraus, der voll mit Honigbienen sitzt. Zahlreiche andere Tiere reagieren und fliegen um den Bienenkasten herum. Manch ein Tier landet auf den Jungimkern und beruhigt sich dort. Nach einer Weile setzen sie sich wieder ab und gehen ihrer Arbeit nach. „Bienen können im Gegensatz zu Wespen nur einmal stechen, dann sterben sie“, klärt Ralf Schmietenknop auf. „Deshalb stechen sie nur zu, wenn ihr Leben bzw. ihr Bienenstock bedroht ist. Den verteidigen sie bedingungslos.“
Ray Brown hat immer wieder Bienen in seinem Garten beobachtet und war irgendwann so beeindruckt von ihnen, dass er begann, Bücher über sie zu lesen. Als seine Frau Mary ebenfalls ihre Leidenschaft für Bienen entdeckte, meldeten sie sich beim Imkerverein zur Schulung an und wollen spätestens im nächsten Jahr eigene Bienenvölker anschaffen. „Unser Garten ist schon äußerst bienenfreundlich“, erzählt der 55-Jährige. „Wir haben Kräuterschnecken angelegt und blühende Blumen übers Jahr, und künftig wollen wir unseren eigenen Honig produzieren und essen. Darauf sind wir schon sehr gespannt.“
Ray Brown zieht sehr routiniert einen Wabenkasten nach dem anderen heraus, während Ralf Schmietenknop den Imkerschülern viel zeigt und erklärt. Eine solche Durchsicht muss wöchentlich erfolgen um sicherzustellen, dass die Völker gesund sind. Es herrscht eine sehr ruhige und friedliche Stimmung. Hektik hat hier keinen Platz und genau das ist es, was die Imker wollen. „Wenn ich bei meinen Bienen bin, stört mich nichts und niemand“, sagt Josef Dierkes. „Das Verweilen in der Natur, die Ruhe und eben die faszinierenden Tiere, das macht den Reiz der Imkerei aus.“
„Die Königin, dabei handelt es sich um die einzige Biene eines Bienenvolks, die Nachkommen zeugt, legt bis zu 2000 Eier pro Tag in den Brutzellen des Bienenstocks ab“, erklärt Josef Dierkes. „Auf ihrem Hochzeitsflug paart sie sich einmal mit bis zu 20 verschiedenen Drohnen, so dass der Spermienvorrat für ihr ganzes, rund vierjähriges Leben ausreicht.“ So ist der Nachschub an Arbeitsbienen gewährleistet. Und die legen schon am Tag, an dem sie schlüpfen, mit der Arbeit los.
Der Arbeitsplan ist klar strukturiert. Erstaunlich für die Imker, dass die Bienen ihn alle kennen. An den ersten Lebenstagen putzen sie Wabenzellen und bereiten sie für die Eiablage vor, danach betätigen sie sich als Ammenbiene, füttern die Brut und produzieren schließlich Wachs, um Waben zu bauen. Dann wehren sie Feinde ab und erzeugen schließlich Honig. Nach spätestens sechs Wochen sterben sie.
Eine Biene steuert pro Tag rund 2000 Blüten an. So erklärt sich der Ausspruch fleißig wie eine Biene. Bis zu drei Kilometer im Umkreis ihres Bienenstocks sind sie unterwegs. Um ein Glas Honig zu produzieren, müsste eine Honigbiene einmal um die Erde fliegen. Jene Arbeiterinnen, die im Herbst schlüpfen, können bis zu neun Monate alt werden. Sie müssen die Königin füttern und somit durch den Winter bringen und die erste Brut füttern. Und so funktioniert es Jahr für Jahr in der Bienengemeinschaft. Die Arbeiterinnen kümmern sich aber auch um die schlüpfenden Drohnen. Sie entstehen aus vielen unbefruchteten Eiern, die die Königin ab Frühjahr legt. Sie dienen allein dazu, die Königin auf ihrem Hochzeitsflug zu befruchten.
Bedroht sind Bienen durch zunehmende Monokulturen, Pflanzengifte und die Varroa-Milbe, die aus Asien nach Deutschland eingeschleppt worden ist. „Deshalb ist eine genaue Kontrolle der Bienenvölker von großer Wichtigkeit“, klärt Ralf Schmietenknop auf, der davon überzeugt ist, dass Imker hier selbst eine Menge tun können, indem sie einen Befall ihrer Tiere frühzeitig erkennen und behandeln. Insektizide machen Bienen hingegen orientierungslos, so dass sie ihren Bienenstock nicht mehr finden. „Wir pflegen gute Kontakte zu den Landwirten und sprechen mit ihnen über diese Problematik“, berichtet Ralf Schmietenknop, der junge Landwirte regelmäßig über die Bienenproblematik informiert. „Viele sind aufgeschlossen und suchen gemeinsam mit uns nach geeigneten Wegen.“
Die Bedeutung von Bienen ist vielen Menschen nicht bewusst. Ein Bienenvolk muss für ein Kilogramm Honig im Schnitt drei bis vier Millionen Blüten aufsuchen. Ein einziges Bienenvolk kann pro Jahr 20 bis 30 Kilogramm Honig produzieren. Und etwa 80 Prozent unserer heimischen Blütenpflanzen sind auf bestäubende Insekten angewiesen. Dazu gehören Äpfel und Blaubeeren, Brokkoli, Gurken und Zwiebeln, um nur einige Beispiele zu nennen. Honig wird zudem eine bakterienhemmende Wirkung nachgesagt, weil die Bienen dem Nektar ein bestimmtes Enzym beimischen.
Deshalb benötigen wir viel mehr natürliche Lebensräume, damit Pflanzenvielfalt und damit das Überleben der Bienen gewährleistet ist. Das gilt auch für unsere Gärten und Balkone, wo auch gern mit Spritzmitteln hantiert wird. Es wäre also sinnvoll, aus jedem Garten ein Bienenparadies zu machen aber auch im öffentlichen Raum viel mehr Wildblumeninseln anzulegen. „Im gesamten Oldenburger Land, ob Dörfer oder Städte, überall hätten wir viele solche Möglichkeiten“, gibt Josef Dierkes zu bedenken und wünscht sich ein starkes Engagement von Straßengemeinschaften und Bürgervereinen, die vor ihrer Tür Hand anlegen und Wildblumen aussäen anstatt nur Tulpen oder Narzissen. „So würden wir neue Lebensräume für Bienen schaffen und uns selbst einen großen Gefallen damit tun, weil eine Welt ohne Bienen ziemlich traurig aussehen würde“, macht er klar.
Experten schätzen, dass ein Drittel der weltweiten Nahrungsproduktion direkt oder indirekt von der Arbeit der Bienen abhängt. Somit kommt den Bienen nicht nur ein unschätzbarer ökologischer sondern auch ökonomischer Wert zu. Deshalb stellt der Verlust der Biodiversität eine große Gefahr für Honig- und Wildbienen aber auch andere Bestäuber dar. Die zunehmende biologische Verarmung von Natur- und Kulturlandschaften befördert das Aussterben von Bienen und stellt das biologische Gleichgewicht in Frage. Jede Kommune und jeder Gartenbesitzer könnte mit wenig Aufwand Abhilfe schaffen und Honig-und Wildbienen optimale Lebensbedingungen bescheren.
Wie man aus seinem Garten ein Paradies für Bienen macht, neue Lebensräume schafft, ein Bienenhotel baut und wie man Imker werden kann, darüber informiert der Imkerverein Oldenburg unter www.imkerverein-oldenburg.de oder der NABU unter www.nabu-oldenburg.de.
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