Bümmerstede

Bümmersteder Krug: Ein Haus mit Geschichte

Der Bümmersteder Krug in Oldenburg erhält ein neues Reetdach.

Der Bümmersteder Krug erhält ein neues Reetdach.
Fotos: Anja Michaeli

Oldenburg (am) Alles rund um die Stadtentwicklung interessiert die Leser der OOZ. Dabei liegt der Fokus oft auf der Innenstadt. Aber auch am Rande Oldenburgs wird abgerissen, neu gebaut oder für die Erhaltung von Gebäuden gesorgt – wie zurzeit im Stadtsüden. Der traditionsreiche Bümmersteder Krug erhält ein neues Reetdach – der Auftakt für Umbau- und Modernisierungsarbeiten. Das Haus mit Geschichte wird seinen sehenswerten Hofcharakter auch in Zukunft behalten.

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Bereits im 16. Jahrhundert gab es in Bümmerstede erste Bauernhöfe. Ein Hof mit Schankbetrieb, der Bümmersteder Krug, so die Erzählung, wird mit dem Geschichtsschreiber Johann Just Winckelmann in Verbindung gebracht. Der Historiograph von Herzog Anton Günther hat 1653 seine Arbeit in Oldenburg aufgenommen. 1684 verfasste er eine Geschichte, die vermutlich einen wahren Kern enthält.

„Der Glückskrug“

„Allhier muß ich meinem lieben herren Landesman noch etwas Notables auf teutschen aufrichtigen Glauben erzehlen, daß, als ich anfangs des Jahres 1653 aus unserm Hessenland nach Oldenburg, die dasige Bedienung zu betretten, reißete, ich über den Osenberg kommend von der Nacht übereilet wurde, und in einem negstangelegenen Dorfe, Bümmerstett genannt, bleiben mußte. So befände ich im Krug oder im Bierhauß einen hundertjährigen Mann, mit welchem ich mich zur Vertreibung der Zeit in ein Gespräch einließe. Nach ihm ünerreichter Kanne eingebrauten Bieres, so ich nicht trinken konnte, erzehlte er mir auf mein Befragen, wie seine Vor- und Großeltem etliche 100 Jahr hero Wirtschaft in diesem Haus getrieben, eine gute Nahrung gehabt, anjetzo aber wäre es sehr schlecht. Sein Vatter hätte ihm erzehlet, daß bei seines Großvattern Zeiten das Hauß treffliche Nahrung gehabt, wan er hette gebrauen, weren Erdmännlein vom Osenberg kommen, hetten das Bier ganz warm aus der Budden abgeholet, das gebrachte Geld were ihnen zwar unbekannt, aber gute Silbermünz gewesen. Einsmal hette ein altes Männlein Bier abholen wollen, welches bei damaliger Hitze zu viel Bier getrunken, darüber es entschlafen. Als es erwachet, hette das alte kleine Männlein angefangen zu weinen, zu heulen und zu klagen, sein Großvatter würde ihn wegen des zu langen Ausbleibens schlagen, sich hinter den Ohren kratzend und einen Krug zurücklassend, seye das Männlein davon gelauffen und niemals wieder kommen. Diesen hinterlassenen Krug hette sein Vatter und er selbst auf seine ausgesteuerte Tochter erhalten, und so lang selbiger Krug im Hauße gewesen, hette das Hauß gute Nahrung und Vollauf gehabt. Als aber der Krug vor kurzer Zeit zerbrochen, were das Glück gleichsam mit zerbrochen und ginge alles Krebsgängig.“ (Johann Just Winckelmann) Quelle: „Kreyenbrück und Bümmerstede. Gestern und heute“ von Matthias Schachtschneider

Nach seinen Recherchen, schreibt der Autor Matthias Schachtschneider, taucht der Name Bümmersteder Krug 1693 offiziell erstmals in einem Verzeichnis der Contributionsanschläge, einem Verzeichnis der jährlich zu entrichtenden Gebühren, auf. Aber mit Blick auf die Glückskrug-Geschichte schreibt er: „Mit großer Wahrscheinlichkeit ist der Krug jedoch bedeutend älter.“

Fest steht, dass der erste namentlich bekannte Wirt Hinrich Ahlers hieß. 1827 sei erstmals der Name Speckmann aufgetaucht, schreibt Schachtschneider. Die Witwe des Johann Hinrich Ahlers habe in zweiter Ehe einen Johann Hinrich Speckmann geheiratet. Er übte das Krugrecht aus, die Bestätigung des Amtes erhielt er am 25. Januar 1850. Sein Sohn Johann Diedrich Speckmann übernahm den Krug am 9. November 1859. 30 Jahre später – 1889 – erhielt der Urgroßvater des aktuellen Wirtes Erwin Abel, Johann Speckmann, vom Großherzoglichen Amt Oldenburg die uneingeschränkte Konzession für einen Schankbetrieb. Tochter Grete – die 1925 Fritz Abel ehelichte – leitete den Betrieb ab 1953. Johann Speckmann starb 1956 im Alter von 92 Jahren. Bis zu diesem Zeitpunkt betrieb die Familie neben der Gastwirtschaft auch Landwirtschaft, die erst mit dem Tod von Johann Speckmann aufgegeben wurde. Sein Familienname spielt bis heute eine große Rolle: Immer noch geht man zu „Speckmanns“ und isst „Speckmanns Bratkartoffeln“.

Natürlich wurde der Bümmersteder Krug im Laufe der Jahre renoviert und umgebaut. Das imposante Reetdach musste aufgearbeitet werden, das Restaurant wurde eröffnet. Eine der größten Baumaßnahme fand 1933/34 statt: Der Krug zählte mittlerweile zu einem der wichtigen Gesellschaftshäuser in der Stadt. Ein Saal wurde gebaut, der noch heute Platz für Feierlichkeiten bietet.

Arbeiten am Reetdach.

Das alte Reetdach muss erneuert werden.

Das neue Reetdach des Bümmersteder Kruges.

Der Bümmersteder Krug mit seinem Reetdach und den beiden Kastanien, die vor einigen Jahren neu gepflanzt wurden, soll das typische Aussehen eines alten Bauernhauses behalten. Tradition verpflichtet. „Ich würde es mir nie verzeihen, jetzt beispielsweise Dachpappe auf das Haus zu setzen“, so Gastwirt Erwin Abel. Küchenleiter Nico Winkelmann betont: „Der Charakter des Hauses würde mit einem anderen Dach verlieren“. Deshalb habe man sich dazu entschlossen, 300 Quadratmeter des Reetdaches abzureißen, die Dachlatten zu erneuern und zu reparieren, für eine bessere Unterbelüftung zu sorgen und es wieder neu decken zu lassen. Eine Dachseite wird nach 22 Jahren überarbeitet. Lediglich der Dachfirst, der bisher mit Heide gedeckt war, wird aus praktischen Erwägungen mit Dachpfannen bestückt. Die Dacharbeiten sind der Auftakt zu umfangreichen Modernisierungs- und Umbauarbeiten im Restaurant und in der Küche, die 2018 stattfinden sollen. „Wir wollen Traditionelles beibehalten, aber mit einem neuen Look überzeugen“, sagen Abel und Winkelmann.

Wer mehr über die Geschichte des Oldenburger Stadtsüdens wissen möchte, kann das Heft „Kreyenbrück und Bümmerstede. Gestern und heute“ von Matthias Schachtschneider (Bürger Verlag GmbH, 2015) beim Bürgerverein Kreyenbrück und Bümmerstede für zwei Euro kaufen. Die Sprechstunde des Vereins findet jeden ersten Donnerstag im Monat, 16 bis 17 Uhr, im Vereinsheim des Deutschen Sport Clubs Oldenburg (DSC), Klingenbergstraße 60, statt.

Der Chronist Matthias Schachtschneider hat seine Rede zum 60-jährigen Bestehen des Bürgervereins bebildert und ergänzt. Gehalten hat er diesen Vortrag im November 2014 im Rahmen einer Feierstunde – im Bümmersteder Krug.

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