Oldenburg

Fehlender Wohnraum zeigt Auswirkungen

Der Schlüssel zur eigenen Wohnung fehlt zu vielen Menschen in Oldenburg, warnt Heinz-Hermann Buse.

Der Schlüssel zur eigenen Wohnung fehlt zu vielen Menschen in Oldenburg, warnt Heinz-Hermann Buse.
Foto: Diakonisches Werk Oldenburg Stadt

Oldenburg (am/pm) In der sozialen Arbeit des Diakonischen Werkes Oldenburg Stadt bestimmt das Thema Wohnen alle Felder, berichtet Kreisgeschäftsführer Heinz-Hermann Buse, der jetzt den Jahresbericht vorgelegt hat. Zu den Sozialberatern der Diakonie kämen immer mehr Menschen, die Angst vor Wohnungsnot haben. Darunter Rentner, Geringverdiener oder Hartz-IV-Empfänger, die entweder keine Wohnung finden oder die Mieten und Energiekosten nicht mehr zahlen können.

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In Oldenburg fehlt es an günstigem Wohnraum, mahnt Buse. Zu viele Menschen müssten inzwischen mehr als die Hälfte ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben. Der Rest reiche bei kleinen Renten und geringem Einkommen kaum zum Leben. „Selbst Arbeit schützt nicht immer vor Wohnungsnot“, so Buse und berichtet von Menschen, die zum Arbeiten nach Oldenburg gekommen seien, aber keine bezahlbare Wohnung finden würden. Die Wohnungsgesellschaften hätten Wartelisten von bis zu einem Jahr und seien somit keine Alternative.

„Offenbar nehmen Investoren sogar umfängliche Leerstände in Kauf, um von überzogenen Mieterwartungen nicht abrücken zu müssen. Auf der Kehrseite der Wohnungsnot können Vermieter sogar minderwertige Wohnungen weit unterhalb normaler Standards zu überhöhten Preisen vermieten: Zimmer mit völlig abgewohnten Möbeln, Küchenmitbenutzung und Gemeinschaftstoilette für 20 Euro pro Quadratmeter“, beschreibt Buse die Situation. Dabei würden viele auf der Strecke bleiben.

Die Auswirkungen erleben die Diakonie-Sozialberater täglich. Die Zahl der Kontakte im Tagesaufenthalt für Wohnungslose hat sich im vergangenen Jahr verdoppelt. Hier können Menschen ihre Post empfangen, wenn es sonst keine Adresse gibt. Sie können essen, duschen und ihre Wäsche waschen. „Leben ohne eigene Wohnung oder auf der Straße bedeutet Verarmung, Verelendung und soziale Isolation“, warnt die Diakonie. Besonders bei jungen Leuten unter 25 Jahren sei Unterstützung notwendig, damit sie nicht abdriften oder die Ausbildung abbrechen. Wo Familie oder soziales Umfeld fehlen stützt die Diakonie mit dem Projekt U25 etwa vierzig junge Menschen auf ihrem Weg in die Selbständigkeit.

„Der Wohnungsmangel hat inzwischen die Mittelschicht erreicht“, ist Buse besorgt. Auch Familien und Alleinerziehende mit Kindern haben es oft schwer. In der allgemeinen Sozialberatung hat die Diakonie 180 Oldenburger Haushalten im vergangenen Jahr aus materiellen Notlagen geholfen. Meist mit kleinen Darlehen, aber auch mit Lebensmittelgutscheinen, Spenden und Stiftungsmitteln. Ziel sei die Stabilisierung der Haushalte, damit die Wohnung erhalten bleibt und die Spirale nach unten unterbrochen wird, so dieDiakonie.

Von Vermietern wünscht sich Buse, dass sie mehr günstige Wohnungen für Benachteiligte anbieten würden. Die Stadt Oldenburg solle Belegwohnungen vorhalten, um in besonderen Situationen schnell Wohnraum anbieten zu können. Zudem müssten die Regelsätze für Sozialleistungen überprüft werden. Der Anteil für Strom sei zu niedrig angesetzt. „Im Schnitt fehlen je Person 20 Euro monatlich“, betont Buse.

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4 Kommentare

  1. Markus
    1. August 2017 um 12.06 — Antworten

    Komisch – überall in Oldenburg wird wie wild gebaut, alleine im Bereich der Do´schweer Kaserne sind Hunderte Wohnungen entstanden. Will denn da gar niemand einziehen? Oder sucht jeder nur „gross, hell, innenstadtnah, mit Garten, in Passivhausqualität und für maximal 5,- € pro Qudratmeter“? Dann kann es allerdings etwas länger dauern, denn aufgrund der extremen Bauvorschriften ist es gar nicht möglich, unterhalb einer gewissen Summe pro qm zu bauen. Die genaue Summe kann einem jeder Architekt ausrechnen.

    • Manfred Murdfield
      4. August 2017 um 16.09 — Antworten

      Vielleicht wäre mal eine Oldenburger Stadtkarte interessant, auf der die Bevölkerungsdichte differenziert dargestellt wird. Die Einfamilienhaussiedlungen der 1970 und 80er Jahre werden zeigen, wo das Problem liegt. Grosse Grundstücke, geförderter Wohnungsbau, 2-3 Kinder, die aus dem Haus sind und selber Wohnraum brauchen, führen zu einem Flächenverbrauch, der zu den sozialen Ungereimtheiten und Unterschieden führen muss. Wer dies nachvollziehen kann und will, der sollte sich die (empfehlenswerte) interaktive Stadtseite mit den rechtskräftigen Bebauungsplänen anschauen. Was 1960 von den preussischen Fluchtlinienplänen in Bebauungspläne umbenannt wurde, ist inzwischen nicht nur in ihrer Bestimmtheit verwässert, sondern kann auch nach wie vor nicht die soziale Wohnungsfrage lösen, solange die Flächennutzung kapitalgesteuert ist. Aber das wusste Friedrich Engels schon ca 1870 (?). Seit der Zeit ist wo und wie auch immer ging, verdichtet und erweitert worden, es hat nichts genutzt.

      • Markus
        5. August 2017 um 23.52 — Antworten

        Richtig, viele leben heute alleine oder zu zweit in einem recht geräumigen Haus. Dafür haben sie i.d.R. ihr Leben lang gearbeitet, das haben sie sich verdient. Man kann sie nicht enteignen, rauswerfen, in einen Wohnblock verfrachten und anstelle der EFH weiter Klötze hinsetzen. Diese Siedlungen sind NICHT das Problem.
        Da private Bauherren, egal ob Privatleute oder Wohnungsbaufirmen nun einmal nicht unter einem gewissen Quadratmeterpreis bauen können, ohne die Vorschriften zu missachten, bleibt nur der öffentlich geförderte Wohnungsbau. Die öffentliche Hand hat aber in den vergangenen Jahrzehnten Unmengen an Sozialwohnungen an private Investoren verschleudert, das rächt sich jetzt.

  2. Manfred Murdfield
    6. August 2017 um 20.55 — Antworten

    So einfach wie das ist, ist das eben nicht. Enteignen oder vertreiben ist sicher keine Lösung und derzeit hier auch nicht möglich. Es muss ja auch noch was zu vererben geben. In der Regel ziehen die Kinder aber nicht in das Elternhaus, es wird verkauft, Was dann auf und mit dem Grundstück geschieht, bewegt ja derzeit viele Gemüter und ist wohl auch nicht optimal. Zwar wird (neben dem Verlust von Natur) auf den Grundstücken dann verdichtet, aber nicht „sozial“. Eine einfache „Lösung“ gibt es eben nicht, und schon gar nicht mit einem Investorenstädtebau. Dass ein sozialer Wohnungsbau dabei zu kurz kommt, bleibt nicht aus, es ist aber vor allem eine politische Entscheidung, und da ist eine entsprechende (erforderliche) Finanzierung derzeit nicht gewollt. Aber es ist ja bald Wahl…..hingehen und ändern wollen.

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