Tatort: „Angriff auf Wache 08“
(Achim Neubauer) „Ich komme heut‘ zu keinem Tatort“, wimmelt Kommissar Felix Murot (Ulrich Tukur) seine Assistentin Magda Wächter (Barbara Philipp) am Telefon ab. Damit hat der neue Beitrag des Wiesbadener Kommissars gleich ganz zu Beginn des Films ein klares Statement abgegeben: Einen klassischen Beitrag haben die Verantwortlichen vom Hessischen Rundfunk auch mit dem inzwischen achten Fall des LKA-Ermittlers wieder nicht geliefert, der am 20. Oktober um 20.15 Uhr im Ersten Programm ausgestrahlt wird.
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Formulierte „Murot und das Murmeltier“ eine Verbeugung vor der Komödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ (USA 1983), so legen die Autoren Clemens Meyer und Thomas Stuber, der auch Regie führte, nun ihre Hommage an John Carpenters „Assault – Anschlag bei Nacht“ (USA 1976) vor.
Paula Hartmann, Andreas Schröders, der Youtuber Vittorio „Vito“ Pirbazari und Neven Pilipovic präsentierten auf dem Oldenburger Filmfest in der nicht ganz ausverkauften Exerzierhalle am Pferdemarkt den Film, der für Cineasten ein Leckerbissen, für klassische „Fernseh“-Krimischauer allerdings eine ziemliche Zumutung darstellen kann. „Der actionreichste Tatort ever“, meinte Pilipovic und damit hat er sicher recht. Selbst die kontrovers diskutierten Beiträge mit Til Schweiger, stellt „Angriff auf Wache 08“ in den Schatten – und zwar mit Leichtigkeit.
Nahe einer „Museums-Polizeiwache“ tötet eine Gruppe von Kriminellen einen Eisverkäufer und einen weiteren Mann. Dessen Tochter (Paula Hartmann) kann in die ehemalige Polizeidienststelle flüchten, an der zeitgleich ein Gefangenentransporter mit einer Reifenpanne vorfährt. Plötzlich wird die Wache von allen Seiten beschossen.
Auch in der weiteren Storyline lehnt sich der Tatort eng an den Carpenter-Film an, der seinerseits eine Hommage an den Howard Hawks-Klassiker „Rio Bravo“ (USA 1959) mit John Wayne darstellt. Hier wie dort verteidigt sich eine Handvoll Menschen gegen eine Übermacht von Angreifern, ein Motiv, das tragend auch in George Romeros Film „Die Nacht der lebenden Toten“ (USA 1968) auftaucht.
Drehbuch und Inszenierung haben ihre helle Freude daran, mit Genrezitaten zu spielen und Motive neu zu kombinieren. Wunderbar passend dazu ausgewählt ist auch die musikalische Untermalung, die zwischen dem Albert Hammond Klassiker „It never rains in Southern California“ und „The End“ von The Doors die Stimmungen illustriert.
Die anwesenden Mitwirkenden konnten nur wenig zu den Hintergründen der Entstehung des Drehbuchs erklären und zu dem Konzept, das die Redakteure Jörg Himstedt und Liane Jessen verfolgen. Sie gaben allerdings einige interessante Einblicke in die Dreharbeiten. So wies Paula Hartmann darauf hin, dass der Film – anders als sonst üblich – in ziemlich chronologischer Reihenfolge erstellt wurde. Das Hauptmotiv, die museale Polizeiwache, hatte die Produktion auf einem ehemaligen Kasernengelände eingerichtet. Sie wird dann im Verlauf des Films so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass die Wiederholung von Szenen, erst recht von ganzen Drehtagen an vielen Stellen sowieso ausgeschlossen war.
Inzwischen hat das Team des HR-Tatort auch schon den nächsten Fall mit Ulrich Tukur abgedreht. Unter dem Arbeitstitel „Die Ferien des Monsieur Murot“ entstand im Frühsommer ein weiterer Tatort mit Ulrich Tukur, der mit Motiven des Jacques Tati-Films jongliert.
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