Gesundheit

Häusliche Ergotherapie für Demenzkranke

Corinna Sibold referierte in Oldenburg zum Thema Ergotherapie für Demenzkranke.

Corinna Sibold.
Foto: privat

Oldenburg (zb) Menschen mit leichter und mittelgradiger Demenz und deren pflegende Angehörige fühlen sich oft überfordert und der Krankheit ausgeliefert. Dass das nicht so sein muss, darüber berichtete Corinna Sibold, Ergotherapeutin aus Braunschweig, auf Einladung des DemenzNetzes Oldenburg, die zusammen mit Kollegen ein Interventionsprogramm zur häuslichen Ergotherapie bei Demenz entwickelt hat, das der Hausarzt verschreiben kann.

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Bei dem ergotherapeutischen Angebot, kurz HED-I genannt, handelt es sich um ein niedrigschwelliges Betreuungs- und Entlastungsangebot mit 20 Therapieeinheiten, das bei den Patienten zu Hause stattfindet. Es geht dabei um Unterstützung zur Selbsthilfe, die zu einem möglichst langen Erhalt der Eigenständigkeit beiträgt und die Krankheit sowie die betroffenen Menschen positiv beeinflussen, wie Untersuchungen ergaben.

„Wir besuchen die Erkrankten zu Hause, sind also Gäste und verhalten uns entsprechend, lassen uns deren Alltagsprobleme genau schildern und entwickeln zusammen Lösungen, die sich schnell umsetzen lassen“, fasst Corinna Sibold das Konzept zusammen und schildert ein wahres Beispiel. Ein 59-jähriger mittelgradig an Demenz Erkrankter hat Probleme seine beiden Wohnungstüren mit verschiedenen Schlüsseln aufzuschließen. Seine Frau muss deshalb bei seiner Rückkehr zu Hause sein, um ihm zu öffnen.

Gemeinsam suchen die drei nach einer Lösung. Die Schlösser und die Schlüssel werden ab sofort unterschiedlich farblich markiert. Jetzt beginnt das Training, bei dem die Frau eine große Rolle spielt. Sie soll keinen Zeitdruck ausüben, weil der kontraproduktiv ist, wie die Ergotherapeutin beobachtet und mit den beiden besprochen hat. Bald darauf kann der Mann die Türen wieder öffnen. Beide sind glücklich über diese Entwicklung, die zudem nach neun Monaten noch anhält.

„Wir besprechen mit den Betroffenen also Alltagsprobleme und helfen mit einfachen Lösungen“, sagt Corinna Sibold. Um das zu können, musste sie ein Gesprächsführungstraining absolvieren und lernen, tägliche Abläufe genau zu erfassen und zu analysieren. „Auf diese Weise stellen wir die Handlungsfähigkeit der Erkrankten wieder her, was bei ihnen enorme Motivation und Lebensfreude auslöst. Die wiederum überträgt sich auf die Pflegenden.“

Wer eine solche Ergotherapie erfolgreich durchlaufen hat, hat neue Handlungs- und Verhaltensmuster erlernt und kann sie künftig auch ohne Ergotherapeutin im Alltag anwenden. Das DemenzNetz möchte das niedrigschwellige Betreuungskonzept „Häusliche Ergotherapie bei Demenz“ in Oldenburg implementieren. „Wir sprechen derzeit mit Ergotherapeuten, Hausärzten und dem Pflegestützpunkt, um ein stadtteilorientiertes Netzwerk aufbauen zu können“, sagt Rita Wick, Vorsitzende Versorgungsnetz Gesundheit und Mitglied im DemenNetz. Ergotherapeuten, die an dem Interventionsprogramm interessiert sind, können sich ans DemenzNetz unter www.demenznetz-oldenburg.de wenden.

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