Gesundheit

Kinderanästhesie ist Herzenssache

Im Klinikum Oldenburg gibt es eine Kinderanästhesie. Hier werden jedes Jahr bis zu 4000 Kinder für Operationen oder andere medizinische Eingriffe narkotisiert.

Im Klinikum Oldenburg gibt es eine Kinderanästhesie. Hier werden jedes Jahr bis zu 4000 Kinder für Operationen oder andere medizinische Eingriffe narkotisiert.
Foto: Klinikum

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Oldenburg/zb – Nicht nur Erwachsene sondern auch Kinder müssen sich mitunter einer Operation unterziehen. Im Klinikum Oldenburg, das Patienten aus der gesamten Weser-Ems-Region behandelt, gibt es eine spezielle Kinderanästhesie. Im Jahr werden hier fast 4000 Kinder bis 16 Jahre wegen einer Operation sowie therapeutischer oder diagnostischer Maßnahmen narkotisiert. Eltern leiden dann meist mehr als ihre Kinder.

„Eine Narkose zu bekommen heißt, dass Bewusstsein abzugeben, einen vollkommenen Kontrollverlust zu erleiden. Damit haben viele Patienten Probleme“, berichtet Prof. Dr. Andreas Weyland, Klinikdirektor für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin sowie Schmerztherapie am Klinikum Oldenburg. Tatsächlich erinnern sich vor allem die Älteren an ihre Narkose-Erfahrung von vor 30 oder 40 Jahren. Doch inzwischen hat sich in der Anästhesie viel getan. Heute ist niemand mehr drei Tage schachmatt oder von Übelkeit gezeichnet. „Heute wachen die Patienten auf und sind klar“, sagt Weyland.

So ergeht es auch vielen Kindern, die nach dem Eingriff erstaunt darüber sind, wie gut sie sich fühlen. Um Ängste im Vorfeld zu vermeiden, sprechen Weyland und seine Kollegen, die Oberärzte Matthias Huber und Dr. Clemens Schorer, vorher intensiv mit Kindern und Eltern. „Oft geistern noch ziemlich falsche Vorstellungen herum. Doch wir können sie aufklären und somit auch beruhigen“, berichtet Schorer. Nicht zuletzt aufgrund der Computertechnik können Narkosen heute individuell berechnet werden.

„Das ist auch der Grund, weshalb wir die Patienten bzw. die Eltern vorher genau befragen. Wir müssen das gewicht und die Größe wissen, welche Medikamente sie einnehmen, ob es Unverträglichkeiten gibt und weitere Erkrankungen vorliegen“, sagt Schorer. „All diese Kriterien fließen in die Berechnungen ein. Handelt es sich um sehr komplizierte Operationen, setzen wir uns mit einem Ärzteteam zusammen und besprechen nicht nur die Narkose sondern den gesamten Ablauf, damit alle Beteiligten auf speziell abgestimmte Operationsabläufe vorbereitet sind.“

Ob Erwachsener oder Kleinkind, die Operationen dauern etwa gleich lang. Bei Frühchen, Babys, Kleinkindern und Kindern sind Spezialisten am Werk. „Als Anästhesisten haben wir eine Zusatzausbildung absolviert. Das gilt auch für die Operateure“, berichtet Weyland. Für Frühgeborene gibt es eigens einen Operationssaal, der konstant 28 Grad warm ist. Außerdem arbeiten sie mit äußerst kleinen Instrumenten.

„Als Anästhesisten sind wir während einer Operation dafür verantwortlich, die Körperfunktionen, also den Gesamtorganismus in Balance zu halten“, klärt Weyland auf. „So kann sich der Operateur vollkommen aufs Operieren konzentrieren.“ Auf einem Monitor werden dem Anästhesisten viele Körperdaten geliefert. Außerdem steht er in direktem Kontakt mit den Operateuren, um die richtige Menge an Narkosemitteln in den Körper zu geben. „Die Dosis hängt immer davon ab, was gerade gemacht wird. Da gibt es zwischendurch besonders schmerzhafte Eingriffe, so dass wir genau in dem Moment die Dosis erhöhen, um sie danach wieder herunterzufahren“, klärt er auf.

Weil Kinder vor allem vor dem Pieks die größte Angst haben, bekommen sie am Tag zuvor von ihren Eltern ein spezielles Pflaster auf die Hand geklebt. Das betäubt die Haut, so dass der Pieks anderntags nicht wahrgenommen wird. Außerdem bleiben die Eltern bis zur Operation bei den Kindern. Wenn sie anschließend aufwachen, sind die Eltern wieder anwesend. „Es ist schon wichtig, dass sie gleich in vertraute Gesichter blicken“, sagt Huber. „Beide Seiten sind dann beruhigt. Schließlich sind auch die Eltern angespannt und erleichtert, wenn ihre Kinder alles gut überstanden haben und gleich anfangen zu erzählen.“

Für ihn und seine Kollegen ist Kinderanästhesie Herzenssache. „Wir haben schon einen Faible für Kinder“, sagt er. „Der Umgang mit ihnen macht uns Spaß, wir versuchen ihnen die Ängste zu nehmen und wenn alles überstanden ist, bekommen sie eine Tapferkeitsurkunde, die sie sehr stolz macht.“ Außerdem darf jedes Kind seinen Teddy oder andere kleine Helfer mitbringen, von denen sie sich erst im OP trennen müssen. Das nehmen die meisten gar nicht mehr wahr, weil sie zuvor schon einen sehr schmackhaften Trunk bekommen haben, der sie in Wachschlaf versetzt.

Einige Kinder müssen über einen längeren Zeitraum täglich narkotisiert werden, weil sie z.B. bestrahlt werden. „Das geht nur, wenn sie absolut still liegen“, klärt Weyland auf. „Sie stehen das erstaunlich gut durch. Mitunter machen sie aber auch einen Deal mit uns“, verrät er. So gibt es einen kleinen Jungen, der möchte das Narkosemittel ganz schnell gespritzt bekommen, damit er sofort weg ist. Er kann das langsame Abtreten einfach nicht leiden.“

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