Oldenburg

Internetkriminalität auf dem Vormarsch

1500 Euro für eine Kiste, in der sich angeblich Nahrungsergänzungsmittel befinden, präsentierten der Leitende Oberstaatsanwalt Roland Herrmann und sein Kollege Dirk Bredemeier und warnen vor großen Versprechen bei Kaffeeauffahrten.

1500 Euro für eine Kiste, in der sich angeblich Nahrungsergänzungsmittel befinden, präsentierten der Leitende Oberstaatsanwalt Roland Herrmann (links) und sein Kollege Dirk Bredemeier und warnen vor großen Versprechen bei Kaffeeauffahrten.
Foto: Katrin Zempel-Bley

Oldenburg (zb) 55.116 Verfahren gegen bekannte Straftäter hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg im vergangenen Jahr verfolgt. Die Zahlen sind rückläufig. Bis 2011 waren es rund 60.000.

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„Auch wenn in der Bevölkerung ein anderer Eindruck herrscht, die Zahlen sind rückläufig“, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Roland Herrmann bei der Vorstellung des Jahresberichts 2013 und führt das subjektive Gefühl auf die Berichterstattung in den Medien zurück. Auch die Zahl jugendlicher Straftäter ist gesunken, was laut Herrmann auf den demografischen Wandel zurückzuführen ist.

Während die vorsätzliche Körperverletzung rückläufig ist, nehmen Betrug und Untreue rapide zu. Das hängt primär mit der Internetkriminalität zusammen, die auf dem Vormarsch ist. Eigens dafür ist ein neues Dezernat eingerichtet worden, um den Tätern auf die Spur zu kommen, was laut Dezernent Martin Rüppel ausgesprochen schwierig ist. „Einerseits hinterlassen die Täter kaum Spuren, andererseits geraten ihre Verfolger mangels Datenspeicherung in Zeitnot“, gibt er zu bedenken.

Inhaltlich geht es um Computersabotage oder Erpressungstrojaner wie jüngst der vermeintliche BKA-Trojaner. Allein in diesem Fall gab es über 30.000 Anzeigen. Massenhaft wurden private PC lahmgelegt, weil ihre Besitzer einer unberechtigten Zahlungsaufforderung nicht nachgekommen sind. Mittlerweile werden auch Betäubungsmittel nicht nur auf der Straße sondern auch im Netz verkauft. Es existieren verschiedene Foren auf anonymen Servern, was die Lage für die Staatsanwaltschaft nicht einfach macht. Und weiterhin wird gern mit fremden Kreditkarten im Internet eingekauft.

Oberstaatsanwalt Dirk Bredemeier befasst sich schwerpunktmäßig mit Kaffeefahrten. „Die sind an sich nicht verboten“, sagt er, dennoch warnt er vor unseriösen Anbietern. „Sobald Geschenke und Geld versprochen werden, sollten die Menschen sehr skeptisch werden“, rät er. Ob Heizdecken oder Nahrungsergänzungsmittel – immer noch fallen vor allem ältere Menschen auf solche Angebote herein. Allerdings räumt Bredemeier ein, dass die Anbieter zum Teil äußerst gewieft vorgehen. „Sie verschicken sehr professionelle und seriös wirkende Einladungsschreiben unter Fantasienamen und locken somit Gutgläubige.“

„Das ist schon alles sehr raffiniert gemacht“, räumt der Staatsanwalt ein. „Auf den Veranstaltungen informieren sie die Leute stundenlang über Gesundheit, was sie dafür tun sollten und warum ihre Angebote so wirkungsvoll sind. Irgendwann wissen sie, wer in der Runde empfänglich ist. Diese Personen bearbeiten sie dann individuell in Einzelgesprächen und verkaufen ihnen Zuckerwasser mit esoterischen Zusätzen für 1500 Euro als Nahrungsergänzungsmittel.“

Inzwischen gibt es erste Urteile wegen gewerbsmäßigem Bandenverkauf. Es handelt sich in der Regel um mehrere Personen, die die Rollen tauschen aber „bewusst die Leute übers Ohr hauen wollen“, sagt Bredemeier, der von einem bereits laufenden Verfahren berichtet mit sechs Angeklagten aus der Wesermarsch, Cloppenburg und Bremen. Viele Menschen würden solche Verbrechen nicht anzeigen, ist sich der Staatsanwalt sicher und bezeichnet große Versprechen als das Warnsignal. „Davon sollten die Leute die Finger lassen.“

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