Kommentar: Zuerst mal nur Papier
Oldenburg (Michael Exner) Was der Oberbürgermeister da am Mittwoch vorgestellt hat, ist zunächst mal nur ein Stapel Papier, garniert mit bunten Charts. Das muss sehr konkret mit Leben (d.h. Projekten) gefüllt werden – und es müssen schon im Laufe des Prozesses begleitend Konsequenzen umgesetzt werden. Sonst bleibt es beim Papier. Oder erinnert sich noch jemand an das Stadtleitbild, das in der Amtszeit von Oberbürgermeister Jürgen Poeschel mit Posaunen und Trompeten aufgestellt wurde – und dann in der Schublade verschwand?
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Bei aller Skepsis: Die Idee ist vernünftig. Wer keine Vorstellung von der Zukunft hat, wird in der Gegenwart kaum die richtigen Entscheidungen treffen. Und der Versuch, die serienweise und voller Eifer aufgestellten Konzepte aufeinander abzustimmen, ist so verkehrt ja nicht. Möglicherweise kommt dann manchem das große Erstaunen, wenn man Mobilitätsplan, Innenstadtstrategie und Einzelhandelsentwicklungskonzept übereinander legt. Viel Vergnügen damit.
Über eines darf man sich indes nicht täuschen: Ein solches integriertes Konzept löst keine Konflikte, sondern vertagt sie nur. Wer einen Flächennutzungsplan aufstellt, bekommt den Ärger gleich und vor Ort. Wer Konzepte entwickelt, aus denen sich das ableiten lässt, was der Flächennutzungsplan geregelt hätte, verschafft sich lediglich eine Atempause.
Auch andere Konflikte werden wieder auftauchen. Wenn in den ersten Ankündigungen von der „Stadt Oldenburg als Oberzentrum in ihrem regionalen Verflechtungsraum“ die Rede ist und das Stichwort „interkommunal“ fällt, dann spürt man geradezu die Begeisterung, die das in den Entscheidungsgremien der Umlandgemeinden auslöst.
Trotz alledem und alledem: Es ist ein erster Schritt – und der ist richtig.
Zum Artikel: www.oldenburger-onlinezeitung.de/oldenburgs-zukunft
1 Kommentar
„Verflechtungsraum“ und das Stichwort „interkommunal“? Nun denn, dazu sei verwiesen auf das Interview der NWZ vom 22.07.2022 mit dem damaligen Stadtbaurat Dr. Uhrhan (Raumplaner), der nach nicht einmal der Hälfte der Amtszeit Oldenburg verlassen hat. Wer das Interview liest, weiss warum. „Das kleinräumige Kannibalisieren sollte aufhören“ meinte Uhrhan mit Blick auf eben die „interkommunalen Tätigkeiten im Oldenburger Verflechtungsraum“. In Anbetracht dessen hatte ich mir erlaubt, Dr. Uhrhan mitzuteilen, dass ich schon länger die Auffassung vertrete, dass das in Niedersachsen angewendete System der „zentralen Orte“ (Christaller um 1930) nicht mehr zeitgemäss die Verflechtungen mit dem Umland widerspiegelt. Insofern ist der Begriff „Kannibalismus“ durchaus zutreffend, und deshalb hat Dr.Uhrhan recht und konnte meine Meinung durchaus teilen. Im Übrigen: wer versucht, einen Überblick über die Regionalen Raumordnungsprogramme und – Pläne der umliegenden Landkreise zu bekommen, der wird feststellen, alles offenbar nicht abgestimmt und mit deutlichen Zeit-Erstellungsunterschieden gerne auch mal veraltet ist. Der Raumordnungsplan Oldenburg ist der Flächennutzungsplan, und der ist von 1996. Was ist zu tun? Pfeifen im Wald und bloss nicht ignorieren. Passt zur Oldenburger Verwaltung und Politik.