Oldenburg bekommt ein neues Fußballstadion
Oldenburg (am) Gestern war es endlich so weit: Der Stadtrat hat über den Neubau eines Fußballstadions an der Maastrichter Straße abgestimmt. Noch einmal wurde 100 Minuten lang debattiert, bis feststand: Mit 31 zu 18 Stimmen (bei einer Enthaltung) votierte die Ratsmehrheit für die Investition. Rund 700 Befürworter und Kritiker nahmen an der Ratssitzung in den Weser-Ems-Hallen teil. Als die Entscheidung fiel, brach großer Jubel aus – Stadionstimmung mit Fangesängen.
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„Seit 30 Jahren plagen wir uns mit der Frage eines fußballtauglichen Stadions für Oldenburg“, rief Krogmann die Geschichte in Erinnerung. Der Stadionneubau sei keine spontane Idee von ihm oder einzelnen Ratsmitglieder, denn die Diskussion würde nun seit zehn Jahren geführt. „Es ist mit der Zeit nicht leichter und es ist auch nicht billiger geworden“, so Krogmann. Aber jetzt sei der richtige Zeitpunkt. So breit, so tief und so fundiert sei noch nie eine städtische Entscheidung vorbereitet worden, betonte Krogmann. „Heute schreiben wir Stadtgeschichte“.
Der gestrigen Abstimmung waren zahlreiche Ausschusssitzungen mit Diskussionen und Bewertungen von Gutachten und Studien. Die Entscheidungen waren zuvor bekannt gegeben worden, das Ergebnis deshalb keine Überraschung. Oberbürgermeister Jürgen Krogmann, die Fraktionen von SPD, CDU und BSW, die Gruppe FDP/Volt und die AfD stimmten für den Neubau. Dagegen sprach sich die Fraktion der Grünen sowie die Einzel-Ratsmitglieder Vally Finke (parteilos) und Andreas Sander (Piratenpartei) aus.
Stadionkapazität: 10.000 Plätze mit Ausbaureserve auf 15.000
Grundlage des Beschlusses war ein gemeinsamer Änderungsantrag von SPD, CDU, BSW und FDP/Volt. Anstelle der von der Verwaltung vorgeschlagenen Basisvariante mit einer Größe von mindestens 7.500 Plätzen und einer Ausbaureserve auf bis zu 15.000 Plätze soll nun gleich mit einem Fassungsvermögen von 10.000 Zuschauenden plus Ausbaureserve geplant werden. Die Basisvariante wurde zunächst favorisiert, weil bei einer höheren Kapazität zunächst mit einem zusätzlichen Parkhaus gerechnet wurde. Das ist nun aber nicht notwendig.
Der Rat will laut Beschluss unverzüglich informiert werden, wenn die Investitionskosten um mehr als zehn Prozent gegenüber den im Gutachten veranschlagten Summen steigen. Zudem hat der Rat in dem Beschluss festgelegt, dass sich die Stadt verpflichtet, umgehend ein Notizifierungsverfahren zur Beihilfe bei der Wettbewerbsaufsicht der Europäischen Union zu starten. Das werde bereits heute geschehen, kündigte Krogmann an.
Wie geht es nun weiter?
Für die Realisierung des Projekts wird eine neue GmbH & Co. KG gegründet, die mit dem Bau und dem anschließenden Betrieb des Stadions beauftragt werden soll. Die bestehende Stadionplanungsgesellschaft wird in eine Beteiligungs-GmbH umgewandelt, die Stadt Oldenburg wird Kommanditistin. Eine spätere Verschmelzung mit der Weser-Ems-Hallen GmbH & Co. KG wird angestrebt. Die Kosten werden bei einer Kapazität von 10.000 Plätzen mit rund 50 Millionen Euro kalkuliert.
Für das neue Stadion ist ein sogenanntes Totalunternehmerverfahren geplant, bei dem die Planungsleistungen und die Bauausführung in einer Hand liegen. Dafür sind zunächst eine sehr umfangreiche funktionale Leistungsbeschreibung und die Vergabeunterlagen zu erstellen. Die EU-weite Ausschreibung des Projekts soll Ende 2024 erfolgen. Nach Abschluss der Bieter-, Angebots- und Verhandlungsphase wird eine Vergabe des Projekts im zweiten oder dritten Quartal 2025 angestrebt. Der Stadtrat hat am Montagabend beschlossen, sich die Entscheidung zur Beauftragung des Totalunternehmers vorzubehalten.
2027 soll das neue Stadion stehen
Nach dem für etwa Mitte 2025 angepeilten Abschluss eines Bauvertrages und einer Planungs- und Genehmigungsphase von zirka sechs Monaten ist ein Baustart Anfang/Mitte 2026 denkbar. Bei einer Bauzeit von etwa 18 Monaten könnte das Stadion Ende 2027 in Betrieb gehen.
15 Kommentare
O.K. – wenn dann die Straßen im gleichen Tempo saniert sind und die Kürzungen im kulturellen Bereich, immerhin mehr Publikum als beim Fußball, zurück genommen werden, dann soll das wohl so sein. 😉
Hallo? Die Ammerländer zahlen das Stadion ja wohl nicht, aber die Oldenburger werden mit einer Grundsteuererhöhung rechnen müssen. „Über den Tisch gezogen“, einzig und allein für einen Privatverein, der in der 4. Fussballliga herumgeistert.
Hallo? Die Ammerländer befahren aber zwangsläufig Oldenburgs Straßen und besuchen die Konzerte, die Theater und Kinos dort, sind also zwangsläufig beteiligt. Oder wollen sie uns „Ausländer“ dort nicht haben? 🙂
Genau, und weil es ein neues Stadion für über 50 Mio. geben soll, wird es an anderer Stelle noch mehr fehlen. Ich bin deshalb gegen das Stadion aus Steuermitteln.
Und trotzdem trage ich einiges meiner Rente dorthin und sorge so für Steuereinnahmen – oder gibts etwa in Zwischenahn noch ein Kino, ein gutes Theater oder nennenswerte Konzerte?
Hey, ihr lebt zum Teil von meinem Geld… 🙂
Die Adressen vom OB und der dafür zuständigen PolitikerInnen sind bei mir nicht erhältlich. Und: die Abschaffung der Strassenbaukosten für Anlieger nach Kommunalrecht verschlechtert auch den Zustand bei deshalb fehlendem Steuergeld im „Oberzentrum“ Oldenburg. Und noch was: das Prinzip der geltenden Raumordnung sind die „zentralen Orte“, (z.B. Oberzentrum), entwickelt von Walter Christaller um 1930, von den Nazis um 1935 in der Raumordnung als umgesetztes „Führerprinzip“ angewendet und bis heute Grundlage von Landesplanung und Raumordnung. Für Beschwerden bin ich nicht zuständig.
Na, das mit dem „Oberzentrum“ hat man sich doch längst abgeschminkt, war wohl auf Dauer denn doch zu peinlich.
Ich bin entsetzt mit welch einer Arroganz und Abwertung durch hauptsächlich Spd Ratsmitglieder der Sprecher der „BI kein Stadionbau“ abgekanzelt wurde, der sein Recht auf Einwohnerfragen offenbar des öfteren in Anspruch genommen hatte. Man suhlte sich lieber in dem Applaus der Befürworter. So sieht Bürgerbeteiligung für diese Herrschaften also aus.
Bei der nächsten Wahl werden wir sehen ob sich das gelohnt hat.
Peinlich war auch der frenetische Beifall der vfb Fans für den afd Man. Hauptsache dafür egal welche Grundhaltung dahinter steckt.
„Der Rat will unverzüglich informiert werden, wenn die Investitionskosten um mehr als 10% gegenüber den im Gutachten veranschlagten Summen steigen“. Abgesehen davon, dass es bei einer Baukostenermittlung mehrere Genauigkeits-Stufen gibt, was macht „der Rat“ dann mit einer solchen Information? Und eine solche Investitions-Summe kann ja eigentlich erst nach Eingang von allen Ausschreibungsergebnissen (die jedoch sicherlich im Gang bzw. Verlauf eines Bauzeitenplans erstellt werden) genannt werden. Ich erwarte jedoch, dass bei „Planreife“ des Bebauungsplans eine Teilbaugenehmigung erteilt wird. Da dann aber eben noch nicht alle Ausschreibungen abgeschlossen sind, ist die Ratsforderung genau so unverständlich wie die Tatsache, dass es keine Bürgerabstimmung gegeben hat, eher verhindert wurde. Wenn hier „Geschichte geschrieben“ wurde, dann ist es doch eher eine Provinzposse. Die Zeit wird zeigen: wohl zum Schaden der OldenburgInnen.
2 Tage nach der Entscheidung pro Stadion der erste Armutsbericht der Stadt in der nwz. Welch ein Zufall. Oder etwa zurückgehalten bis nach der Entscheidung? Wahrscheinlich dürfen die 10 000 von Armut betroffenen kostenlos ins neue Stadion – wegen der kulturellen Teilhabe? Sicher dann in die Vip-Lounge?
Schade, das gerade keine Neuwahlen in Oldenburg sind.
Das ist kein Zufall, das ist einfach hilflose Taktik als politische und berufliche Überlebensstrategie. Als ich in den 1970ern zu den Feiertagen von Berlin nach Oldenburg kam und was erzählte (z.B. aus der damaligen agit883), dann sagten meine Eltern: das kann nicht sein, das stand nicht in der NWZ. Und diesen ziemlich unkritischen Stil hat die Zeitung leider beibehalten. Sonst wäre der „Zufall“ erwähnt worden. Aber wer will die Leserschaft schon verunsichern.
Schön wäre jetzt, wenn bei der Ausschreibung nicht nur Referenzen, Projekterfahrungen, Projektmanagmeentqualitäten und Strategien für Kosten- und Planungssicherheit abgefragt werden, sondern auch gestalterische und städtebauliche Kriterien eine Rolle spielen. M.E. sollte ein VgV Verfahren unbedingt mit Lösungsvorschlägen durchgeführt werden, die dann grade eben auch die solche Aspekte der unterschiedlichen Bewerbungen überhaupt abwägbar machen.
Kostensicherheit ist das eine – aber das Vorletzte was Oldenburg an diesem Standort braucht ist ein rein funktional bestimmtesGefüge von Profanbauten bzw. traurigen Fertigtribühnen um das kleine Stückchen Rasen, welches manchen die Welt bedeutet.
Der – dem Umfang der finanziellen Tragweite des Projekts angemessenen – Prozesstransparenz käme es zu Gute, wenn das Auswahlgremium und die Auswahlkriterien mit ihren Wichtungen frühzeitig und begründet öffentlich gemacht würden. Weiterhin sollten dem Auswahlgremium auch einige externe und unabhängige Fachleute für den Bereich Architektur/ Städtebau angehören, die bereits bei der Formulierung und Gewichtung der Bewertungskriterien für die Verhandlungsphase unterstützen.
Es wäre ja schade, wenn die Stadtgeschichte später urteilen würde, dass wir eine der letzten innerstädtischen Reserveflächen auf Jahrzehnte verunstaltet haben.
Grade vor dem Hintergrund der sehr beschränkten Nutzungszeiten des Stadions muss sein Umfeld um sehr mehr dafür geeignet sein, einen positiven Beitrag im innerstädtischen Freiraumgefüge zu spielen. Hier wird sich der Rat auch an deneigenen Ansprüchen in den Themenfeldern Schwammstadt, Klimaanpassungsstrategien, Steigerung der innerstädtischen Erlebniswerte etc. messen lassen müssen. Vor dem Hintegrund, dass man jetzt sehr viel nachhaltig falsch machen kann, muss vor übertrieben optimistischen Erstellungsszenarien gewarnt werden. Eine solide und umsichtige Planung mit realistischen Zeitfenstern für die nun anstehenden hochkomplexen Teilentscheidungen ist das rentierlichste Invest. Entscheidungen die man über das Knie gebrochen hat, fallen i.d.R. zuerst auf die eigenen Füße.
Danke. Eine so sachlich kompetente Auseinandersetzung mit dem Thema ist wohl weder vom Rat der Stadt noch von der ortsansässigen Tageszeitung zu erwarten. Da werden eben ganze Träger der Verantwortung ihrer Rolle nicht gerecht – was aber, fast möchte man sagen natürlich – nicht zu erwarten war.
Noch was zum „Oberzentrum“: da ist nichts abgeschminkt, Oldenburg ist als Oberzentrum in dem System der zentralen Orte von Walter Christaller im derzeit gültigen Landesraumordnungsprogramm festgelegt, mit dem entsprechendem Bedeutungsüberschuss und den Auswirkungen auf die umliegenden Landkreise und Gemeinden. Allerdings wird der Begriff „Führerprinzip“ nicht mehr verwendet, der Sinn ist geblieben. Aber am Rande: das Energiewirtschaftsgesetz ist auch von 1935.
Zur „Verantwortung“: schon 2016 hat das ArL (Amt für regionale Landesentwicklung), die Kleinschreibung der ehemaligen Bezirksregierung, der Stadt Oldenburg bei der Stadionplanung eine (adäquate) Raumverträglichkeitsprüfung, also eine Wertung des Bedeutungsüberschusses des Oberzentrums zum Umland, auferlegt. In keinem Text zur Stadionrechtfertigung ist das Wort „Raumverträglich“ beinhaltet. Warum auch immer, im Rahmen der Bauleitplanung soll es jetzt geschehen. Ich bin gespannt, was in den Texten der Bauleitplanung dazu auftaucht, vor allem in der Änderung des Flächennutzungsplanes. Diese Änderung muss vom ArL genehmigt werden, und da bin ich, ohne Kommentar, besonders gespannt, mit welchem Niveau sich das Amt einvernehmlich sieht.